laut.de-Kritik
Der Stilwechsel geht ziemlich in die Hose.
Review von Franz MauererJames Alex, der ehemaligen Bandkollegen nach nicht immer einfache Autokrat von Beach Slang, bezeichnete seine Band als seine Art, die Musik von The Replacements zu rekapitulieren. Und schwupps: Tommy Stinson, Bassist eben jener Legenden, spielt auf "The Deadbeat Bang Of Heartbreak City" Bass. Das muss einem erst mal gelingen und ist ungefähr mit der Leistung von Chris Goss zu vergleichen, der Ginger Baker für "Sunrise On The Sufferbus" rekrutierte.
Nun war die Musik von Beach Slang bislang schon nach Meinung Vieler haarscharf an der Kante zur Coverband von The Replacements. Ein Abkupfern einzelner Songs kann man auf "The Deadbeat Bang Of Heartbreak City" jedoch nicht erkennen, zumal Alex auf der neuen Platte eine deutliche Abkehr vom Punk zum Rock vollzieht und sogar Glam Rock- und Metal-Einflüsse zulässt. Vermutlich tut Bandleader Alex sich selbst keinen Gefallen damit, das Replacements-Narrativ öffentlich so offensiv zu pushen.
Mit den neuen Sound-Bestandteilen erweitert er den Horizont von Beach Slang, damit verliert die Band aber auch ihre bisherigen Punk-Trademarks und den jugendlich wirkenden Drang, den der Sänger trotz langer Karriere bei Weston immer noch ausüben kann. Ehrlicher Midtempo-Alt-Rock über Fuzzrock bis Punk-Pop ist eine brutal große Spielwiese. Alex' Stimme zeigt zwar keine Schwächen, aber ein Richard Patrick ist er auch nicht gerade. Beach Slangs Texte sind mehr Alice in Chains als R.E.M., einen auffälligen USP besitzen Beach Slang durch den Stilwechsel aber auch nicht.
Das Songwriting muss es somit richten, will die Musik nicht zum Mucker-Selbstzweck verkommen. Die gelungene Umformung der bisherigen Dynamik, um die neue Seele herauszukitzeln ist auch der Job von Produzenten-Veteran Brad Wood, der unter anderem Placebos Debütalbum verantwortete. Diesen Job erledigt er allerdings viel zu glatt. Schon das Intro "All The Kids in L.A." langweilt trotz einer Spielzeit von nur gut eineinhalb Minuten schon fast. Eine der Stärken von Beach Slang war, dass sie nicht berechnend wirkten, verstärkt durch die oft hanebüchene Gesangs'leistung' von Jones und den stellenweise hingerotzt wirkenden Mix der Vorgängeralben. Dieses Element fehlt, die Produktion ist zu sauber, sie wirkt kantenlos. Die Idee, Streicher auf einer Rockplatte einzusetzen, scheitert auch hier krachend. Nicht nur der Closer "Bar No One", samt Kinderlachen als Atmo-Gag, fährt gegen die Wand.
Zu Beginn des Albums funktioniert das alles mit Ausnahme des Openers noch besser, da die Produktion das solide Songwriting von "Let It Ride" und "Bang Rang Rang" nicht weiter beeinträchtigt. Die Texte gleichen sich den Instrumenten an: "Just another drunk in another bar", singt Alex. So klingen Beach Slang im ersten Albumdrittel wie eine weitere Rockband im Regal bei Media Markt. An dieser Stelle überwiegt noch der geringe Einfluss von Glam Rock, der später auf dem Album von einer stadionrockenden Wolfmother-Pose abgelöst wird.
Darauf folgt das Albumhighlight "Tommy In The 80s". Der Song wirkt aufgrund seiner vielen Brüche missraten. Die Soundidee geht nicht auf, aber er ist interessant und atmet tatsächlich den Geist der Achtziger. Darüberhinaus ist das das einzige Stück, zu dem die neuerdings gehauchte Stimme von Jones gut passt. Ab dann geht es jedoch bergab: "Nobody Say Nothing" bleibt trotz Auseinandersetzung mit dem eigenen Vater vollkommen platt und im langsamen "Nowhere Bus" kriegt Alex keine Tiefe in die Stimme, weshalb dem Song Emotionalität abgeht. "Stiff" klingt genau so, steif. Das Ergebnis kommt dann genau so medioker daher, wie man sich das vorstellt. Songtitel wie "Born To Raise Hell", "Kicking Over Bottles" gehen im Übrigen auch einfach nicht. Beide Lieder leiden an derselben Krankheit, nämlich am schlechten Songwriting. Jones konstruiert um eine halbwegs gelungene Gitarrenfigur herum und macht den Rest nach Schablone.
Das durchgehende Midtempo des Albums tönt unglücklich. "Sticky Thumbs" macht den Eindruck, es wüsste zwischendrin gar nicht, wie es weitergehen soll. Das schlechteste Lied des Albums verdeutlicht, dass Beach Slang das Spiel mit Dynamiken nicht verinnerlicht haben. Anders als bei ihren Punksongs reichen Wille und etwas Schnörkel sowie ein zwei gute Ideen pro Song bei dieser Spielart nicht. Die Verzweiflung in den Texten nimmt man Alex übrigens ab, die zum Rock gehörende Trotzpose hingegen nicht. "I’m a one-way ticket on a nowhere bus", singt Jones da, und man wünscht ihm, dass der Bus zurück zum Emo-Punk fährt, da passt er besser hin.
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