laut.de-Kritik

Texte mit dem Tiefgang einer Glückskeksbotschaft.

Review von

Mein Gott, jetzt singt der Herr Beckmann auch noch! Das muss allerdings zunächst nichts Schlechtes bedeuten. Manch ein Star aus anderen Gefilden hat in der Musikwelt durchaus bereits Fuß gefasst und sogar mehr als nur überzeugt. Hugh Laurie, Ryan Gosling, Juliette Lewis oder meinetwegen auch Die Doofen mit Wigald Boning und Olli Dietrich bieten gute Beispiele. Auch Klaas Heufer-Umlauf wirkt mit Gloria alles andere als peinlich.

Natürlich gibt es mit den Don Johnsons dieser Welt auch noch die andere Seite. Gerade in letzter Zeit scheint es, als greife die vor sich hin siechende Musikbranche in Deutschland nach dem letzten Strohhalm. Nach diesen Alleskönnern, die nur darauf warten, endlich Grenzen zu überschreiten. Jeder, der schon einmal ein Mikro richtig herum gehalten hat, bekommt einen Vertrag untergeschoben. Egal, ob sie nun Jan Josef Liefers, Axel Prahl, Nora Tschirner oder Ulrich Tukur heißen: Die Fans werden zumindest mal reinhören. Gebannt warten wir auf das erste Album von Markus Lanz. Bis dahin vertreiben wir uns die Zeit mit Herrn Beckmann.

Der verbindet mit seiner Band Chanson, Swing, Country und lateinamerikanische Klänge mit einer Art Element Of Crime für Minderbemittelte. Gerne schriebe Herr Beckmann auch so tiefe Texte wie Herr Regener, er scheitert aber kolossal. Wo Regener in zwei Sätzen Lebensgeschichten erzählt und Stimmungen kippen lässt, kommt Beckmann nicht über das Niveau einer Glückskeksbotschaft hinaus.

Manchmal kann man nicht einmal mehr sicher sein, ob man nicht doch dem neusten Helge Schneider-Album lauscht. Ein Auszug aus der Geschichte mit Wurstfachverkäuferin "Charlotte" gefällig? "Für die ersten Abenteuer meiner kleinen Welt / Hab' ich mich ganz geduldig angestellt / Selbst noch ein Würstchen, war ich schon dabei / damals bei Charlotte in der Metzgerei / Was ist ein Schinken neben deinem Dekolleté / Wenn ich dich tief gebeugt im Aufschnitt wühlen seh'."

"Bremen" legt nahe, dass es den Schürzenjäger Herrn Beckmann mit seinen Altherrenfantasien besonders gerne in die Natur und in die Berge zieht. "Weißt du noch die eine Nacht / Da war'n wir so betrunken / Du hast meinen Käfer vollgekotzt / Und deine Hand auf meinem Knie / Ich konnte kaum noch lenken / Die Polizei hat reingeglotzt / In deinen Ausschnitt reingeglotzt." Man möchte auf drei Scooter-Konzerte am Stück gehen, um diesen geballten Stumpfsinn aus dem Hirn zu ätzen.

Seine Band bestehend aus Andreas Dopp (Gitarre), Thomas Biller (Bass), Jan-Peter Klöpfel (Klavier, Trompete & Akkordeon) und Ina Müller-Schlagzeuger Helge Zumdieck verrichtet ihre Arbeit fingerfertig und routiniert. So bleibt es fast nicht zu verhindern, dass sich auf "Bei Allem Sowieso Vielleicht" auch manch gefällige Melodie ("Sei Mein Lächeln") findet. Während bei "Celentano In Stereo" im Hintergrund eine verträumte Quetschkommode dudelt und die Marimba klopft, bietet "Gangster" zögerliche James Bond-Anleihen.

Leider steht und fällt der Erstling des Moderators mit seiner eigenen Darbietung. So richtig mag der Funke nie überspringen. Mehr als einmal stört Beckmanns seltsam verstellte Stimme. Was er sich genau dabei dachte, so dermaßen gekünstelt, gepresst und gebrochen zu singen, stellt ein Rätsel dar.

"Ich will, dass hier getanzt wird / Zu richtig krasser Musik", gibt Herr Beckmann im Opener "Das Beste" von sich. Seine eigene kann er damit wahrlich nicht meinen. Auch wenn er für seinen Ausflug ins Musikgeschäft, ganz Rock'n'Roll, die Brille zu Hause lässt, sein Sound bleibt glattgebügelt wie seine Hemden. Die beiden putzigen Hunde auf dem "Bei Allem Sowieso Vielleicht"-Cover stellen bereits den Höhepunkt seines Debüts dar.

Trackliste

  1. 1. Das Beste
  2. 2. Bremen
  3. 3. Charlotte
  4. 4. Sei Mein Lächeln
  5. 5. Gangster
  6. 6. Plauderton
  7. 7. Hypochonder
  8. 8. Da Sein
  9. 9. Weiter Weiter Unterwegs
  10. 10. Dosenbier
  11. 11. Celentano In Stereo
  12. 12. Bei Allem Sowieso Vielleicht

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