laut.de-Kritik
Vogelgezwitscher, Bläsersätze und Synthie-Beats.
Review von Martin LeuteWährend Zach Condon mit den Erfolgsalben "Gulag Orkestar" und "The Flying Club Cup" musikalisch in den Balkan blickte und letzteres zudem seine Leidenschaft für das französische Chanson aufzeigte, geht er mit dem vorliegenden Werk verschiedene Wege.
"March Of The Zapotec / Realpeople: Holland" ist eine Doppel-EP, die dem Hörer einerseits sechs mit einer mexikanischen Funeral-Band eingespielte Songs überbringt, und anderseits mit fünf weiteren, elektronisch angelegten Stücken überrascht. Jene spielte Condon vor seinem musikalischen Schaffen als Beirut unter dem Pseudonym Realpeople eingespielt hat.
Für die "March Of The Zapotec"-Collection machte er die 19-köpfige The Jiminez Band aus, die mit satten, melancholischen Bläsersätzen den Sound prägt. Die Melancholie osteuropäischer Musiktraditionen ist dabei stets präsent. Dem karnevalesken Intro "El Zocalo" folgt "La Llorona", in dem sich die Hörner-Sektion wunderbar an Zachs Gesang anschmiegt und famos mit dem Brass-Ensemble harmoniert.
Das Instrumental "My Wife" eröffnet mit den Bläsern lebendig, um schließlich beim von Zachs Ukulele rhythmisierten Walzer zu enden. Das trübe "The Akara" besticht mit zauberhaften Horn- und Trompeten-Einlagen zur Ukulele. Authentischer klangen Beirut wohl nie, bei aller Schwermut vielleicht auch nie besser.
Klageliedern wie dem schweren "On A Bajonet" schließen sich nahtlos Songs an wie das famose "The Shrew", in dem die Bläser und das Schlagzeug sich erst dem Gesang unterordnen, um anschließend den Trübsinn mit rasantem Tempo zu vertreiben.
Vogelgezwitscher und eine längere Pause kündigen den zweiten Teil an, der uns in Condons frühe Schaffensphase geleitet, die von rein digitalen Synthie-Arrangements und der Drum-Machinenbeats geprägt ist.
"My Night With The Prostitute From Marseille" versprüht mit gut gelaunter Keyboardlinie und kernigem Beat 80s-Pop-Appeal. Zachs prägnanter Gesang und seine einnehmenden Melodielinien funktionieren also auch in diesem Kontext. "My Wife, Lost In The Wild" gefällt mit übereinander gelegtem, warmem Gesang, der den trefflichen Kontrast zur kühlen elektronischen Grundierung bildet.
"Venice" vereint dagegen die zarte Ambient-Klangfläche mit weichen Bläsern, das schöne "The Concubine" überrascht schließlich mit eingängigem Akkordeon, einfachen Schlägen auf einem Spielzeug-Klavier und Trompetenspiel. Vergnügt lässt Condon das Werk mit "No Dice" ausklingen, das wie eine Synthese aus Jean Michel Jarre und dem Elektronik-Pionier Jean Jacques Perry tönt.
"March Of The Zapotec / Realpeople: Holland" ist kein kohärentes Beirut-Album, es ist vielmehr ein Zwischenbericht des Musikers Zach Condon, der mit "March Of The Zapotec" erneut eindrucksvoll die qualitative und emotionale Größe seiner Musik offenbart und mit den unspektakulären digitalen Versuchen in "Holland" zumindest andeutet, dass seine musikalische Reise und Experimentierfreudigkeit noch lange nicht am Ende ist.
24 Kommentare
werd ich mir definitiv besorgen müssen. großartiger künstler, großartige musik.
Unbedingt. Er kann doch gar nicht schlecht.
nee, das kann er wirklich nicht.
alles alles alles wirklich immer genial.
unfassbar gut, der bursche.
in einem interview hab ich gelesen, dass er die verschiedenen enden seines musikalischen spektrums auf einem album zu vereinen versuchte, darum diese doppel-ep.
ich find zugang zum gulag orchester
aber warum ist das konzert in hamburg anfang mai schon ausverkauft
oh die brauch ich auch noch!!!