laut.de-Kritik

Die dunkle Seite des Deutschpop-Kliemannslands.

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Ein Blick in die Kamera, so euphorisch wie der Blick eines Sport-Hassers beim alljährlichen Turnfest der Schule. Den Leistungsdruck aus dem Klassenzimmer auf die Tartanbahn transportiert und ab geht das Rennen ums Siegertreppchen. Menschen außerhalb der optimalen BMI-Werte sahen weiterem Spott der Klassenkameraden entgegen. Der Survival Of The Fittest endet auch im Erwachsenenleben nie, von daher ist "Olympia" als Symbol für das spätere Rattenrennen nicht schlecht gewählt. Es gab allerdings schon schlechtere Startbedingungen für ein Debüt-Album. Podcaster Olli Schulz lobte Betterov bereits vor Monaten und sorgte für einen größeren Aufmerksamkeitsschub für seinen Dark-Wave-Pop.

Einen neuen Fynn Kliemann muss auch keiner befürchten, selbst wenn es Betterov durchaus gefühlig mag. Bei Betterov geht es eher in Richtung Smiths oder The Cure. Eine musikalische Heimat für jeden, der außerhalb der Gesellschaft oder schräg nebenher läuft. In "Böller Aus Polen" wähnt man sich genau dort. Irgendwo neben Morrissey und seinem depressiven und doch trostspendenden Gesang. "Heaven Knows I'm Miserable Now" sang er in den Achtzigern, bei Betterov heißt es: "Von allen Orten, die es gibt auf der Welt / bin ich ausgerechnet hier geboren". So korrekt nachgebaut holte zuletzt nur Drangsal den Achtziger-Indie-Pop in die Gegenwart. Ältere Semester lieben diesen Kniff, jüngere Hörer sind zu weit von den bereits genannten Bands entfernt, um die teilweise doch großen Ähnlichkeiten zu bemerken.

Und wer soll den Stein werfen? Die Indie-Kids der Nullerjahre, die Post-Punk massiv zurückholten, wohl kaum. "In Meiner Straße" holt überdeutlich, aber eben auch auf den Punkt genau Interpol und ihre zackigen Stakkato-Riffs zurück. Das war vor fast zwanzig Jahren extrem mitreißend und so direkt klang der Post-Punk der New Yorker seit diesen seligen Zeiten ("Narc" oder "Slow Hands") nicht mehr. Betterov studierte sie sehr genau.

Betterov trägt das olympische Wave-Feuer einfach weiter und letztlich ist "Die Leute Und Ich" einfach guter Pop, der angenehm und nicht affektiert ins Ohr geht. Egal in welchem Retro-Design, es wird immer traurige Menschen geben, die einsam und überfordert in einer überteuerten Mietwohnung bibbern und melancholische Musik hören wollen. Und wenn das Original Morrissey mittlerweile nur noch rechtsdrehenden Boomer-Irrsinn redet, hört man lieber dem jungen und sympathischen Thüringer zu.

"Berlin Ist Keine Stadt" beschreibt schon lyrisch eine gewisse Austauschbarkeit von Orten und Gedanken. So wie man auf "Olympia" auf Albumlänge dem immer gleichen musikalischen Muster aus etabliertem Gesang und Post-Punk-Disko begegnet, so verschwimmen die Songs auf Dauer und sorgen für Monotonie, auch wenn in diesem Genre die Grenzen von vornherein sehr eng gesteckt sind.

Gerade zum Ende bleiben viele Themen und Muster austauschbar. Homogenität mag zwar gerade auf einem Debütalbum gut sein, aber grundsätzlich überkommt einen öfter das Gefühl, den jeweiligen Song schon mal gehört zu haben. Somit ist Betterov angekommen, denn gerade Berlin genießt den Ruf, sich nur um sich selbst und seine lokalen Hypes zu drehen. Das warme, nostalgische und gut produzierte "Olympia" ist dennoch die wesentlich bessere Alternative zum gefälligen Konsens-Pop von etwa AnnenMayKantereit. So etwas wie die dunkle Seite des Deutschpop-Kliemannslands.

Trackliste

  1. 1. Eröffnungsfeier
  2. 2. Böller Aus Polen
  3. 3. Schlaf Gut
  4. 4. Urlaub Im Abgrund
  5. 5. In Meiner Straße
  6. 6. Olympia
  7. 7. Dussmann
  8. 8. Die Leute Und Ich
  9. 9. Berlin Ist Keine Stadt
  10. 10. Ich Kann Mich Nicht Erinnern
  11. 11. Bring Mich Nach Hause
  12. 12. Bis Zum Ende
  13. 13. Outro (Siegerehrung)

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3 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 2 Jahren

    „Eine musikalische Heimat für jeden, der außerhalb der Gesellschaft oder schräg nebenher läuft.“

    Junge, Junge mach mal Fenster auf kipp

  • Vor 2 Jahren

    „Ältere Semester lieben diesen Kniff, jüngere Hörer sind zu weit von den bereits genannten Bands entfernt, um die teilweise doch großen Ähnlichkeiten zu bemerken.„

    Hast du Lack gesoffen ? Was hat das alles mit Alter zu tun? Hattest du beim Schreiben dieses Schundes schon nen weißen Kittel an ?

  • Vor 2 Jahren

    Noch irrer als dieser Typ mit dissoziativer Identitätsstörung und seinen x fake Accounts hier, kann man ja nur noch sein, wenn man jungen Leuten unterstellt keine Ahnung von Musik zu haben, die älter ist als sie selbst. Warum darf so jemand ungehindert Texte veröffentlichen?

    • Vor 2 Jahren

      "Noch irrer als dieser Typ mit dissoziativer Identitätsstörung und seinen x fake Accounts hier"

      Ich wüsste nicht, was das Wiesel mit alldem zu tun hätte.

      "wenn man jungen Leuten unterstellt keine Ahnung von Musik zu haben, die älter ist als sie selbst."

      Kann man doch realistischerweise von ausgehen. Hell, ich kenne genug Fusioncracks die jetzt erst raffen, dass es in den 70ern im Wesentlichen all das schon gab, was heute junge Bands mit gusto wiederkäuen.