laut.de-Kritik

Mit ergreifendem Bariton und feinen Arrangements im "Fluss der Träume".

Review von

Bill Callahan spielt mittlerweile in einer Liga mit Melancholie neigenden Singer/Songwritern wie Kurt Wagner, Will Oldham oder James Yorkston. Der Wahl-Texaner, der einst unter dem Künstlernamen Smog musikalisch aktiv war und bisweilen lamentierende und verstörende Alben veröffentlichte, hat nun unter seinem bürgerlichen Namen seinen vierten Longplayer eingespielt. Auf "Dream River" klingt er nun tiefenentspannter denn je und glänzt mit unaufgeregten Melodien und wunderbarer Instrumentierung.

Der Titel ist Programm, Callahan lädt ein in seinen "Fluss der Träume", in dem sich die Gegensätze aufzulösen scheinen und der Realismus sich häufig an der äußerst naturalistischen Imaginationskraft des Erzählers bricht. Seine Gefühlszustände, die stets um die Themen Liebe, Sehnsucht und Einsamkeit kreisen, metaphorisiert er meist mit Begrifflichkeiten aus der Natur, da werden der Sturm, die vereiste Straße oder die Eigenschaften von Tieren zum Ausdruck menschlicher Befindlichkeiten. Trotz der Schwere der Themen gibt es in Callahans Träumen kein überbordendes Lamentieren. Vielmehr hat er zu einer dezent entrückten Sachlichkeit gefunden, mit der er den menschlichen Abgründen mit traumwandlerischer Schönheit trotzt.

Im Zentrum der Songs steht sein unnachahmlicher Bariton, der den Hörer meist mit einnehmendem Sprechgesang umgarnt, um dann sachte aufzusteigen und in aufgeregte Wallung zu geraten. Die feinsinnige und komplexe Instrumentierung der Band schmiegt sich organisch an den Gesang und trägt einen wesentlichen Anteil zur einnehmenden ätherischen Stimmung des Albums bei.

Fast alle Lieder werden von Kongas und ähnlichen Percussions-Instrumenten rhythmisiert, während eine E-Gitarre mit lässigen geschlagenen Akkorden aufwartet und die zweite Gitarre oder Pedal Steel die Atmosphäre des vokalen Vortrags mit filigranen Mustern prägt. Hier erhält das Ambiente dann ein aufwühlende bis bedrohliche Prägung ("Summer Painter", "Spring"), dort eine besänftigende "("Small Plane").

In Stücken wie "The Sing" oder "Winter Road" sorgt die Geige für das immer präsente hoffnungsfrohe Moment. Tracks wie "Javeling Unlanding", "Spring" oder Summer Painter" glänzen dagegen mit heiterem Querflötenspiel, während ein Synthesizer die trüberen Strukturen in "Seagull" oder "Ride My Arrow" wirkungsvoll aufbricht.

Nicht zuletzt überzeugt Callahan immer wieder mit Textzeilen, die zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, wenn er singt: "I got limitations like Marvin Gaye", "The only words I've said today are 'beer' and 'Thank You'" ("The Sing"), "We call it spring though things are dying" oder "All I want to do is to make love to you/ in the fertile dirt/ with a careless mind"("Spring").

Man lauscht ihm gerne, diesem musikalischen Leisetreter, der mit berauschendem Gesang verzaubert und dem mit wunderbaren Arrangements im Rücken mit "Dream River" sein bisher stimmigstes und reifstes Werk gelungen ist. In seinen Träumen hat dieser Melancholiker tatsächlich ein Lächeln auf den Lippen.

Trackliste

  1. 1. The Sing
  2. 2. Javeling Unlanding
  3. 3. Small Plane
  4. 4. Spring
  5. 5. Ride My Arrow
  6. 6. Summer Painter
  7. 7. Seagull
  8. 8. Winter Road

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