laut.de-Kritik
Als hätte es Fergie nie gegeben.
Review von Stefan MertlikEs soll Fans geben, für die die Geschichte der Black Eyed Peas im Jahr 2000 mit "Bridging The Gap" endet. "Elephunk", Fergie und die seitdem 30 Millionen verkauften Tonträger existieren in ihrer Welt nicht. Genau diese Anhängerschaft darf sich 18 Jahre später mit "Masters Of The Sun Vol. 1" über ein Album freuen, das fast nahtlos an "Bridging The Gap" anschhließt.
2017 verabschiedete sich Fergie von den Black Eyed Peas, um sich ihrer Solokarriere zu widmen. Will.I.Am" reagierte mit der Überlegung, den offenen Posten an Nicole Scherzinger abzugeben. Was sich erst einmal wie ein Seitenhieb gegen Fergie liest, ist gar nicht so weit hergeholt. Ursprünglich sollte das Pussycat Doll schon auf"Elephunk" singen, lehnte aber aufgrund anderer Verpflichtungen ab. Auf "Masters Of The Sun Vol. 1" holt sie das zumindest für einen Song nach.
Scherzinger imitiert auf "Wings" Suzanne Vegas "Tom's Diner", gibt damit aber nicht die Marschrichtung vor. Stattdessen besinnen sich Will.I.Am, Apl.de.ap und Taboo auf den Sound, den sie mit ihren ersten beiden Alben kultivierten. Und das soll jeder mitbekommen, weshalb der Opener nicht nur ein Nas-Feature beinhaltet, sondern gleich "Back 2 HipHop" getauft wurde. "Masters Of The Sun Vol. 1" verzichtet damit zwar auf Dorfdisko-Dauerbrenner wie "Boom Boom Pow" oder "I Gotta Feeling", fällt aber kein Stück weniger poppig aus.
Die Stärke des Albums liegt in den Details. "Get Ready" lässt sich für ein ausgiebiges Saxophon-Outro Zeit, "Yes Or No" gewinnt in der letzten Strophe mit Streichern an Dringlichkeit, "All Around The World" ist ein Native-Tongue-Klassentreffen unter dem Motto "A Tribe Called De La Peas" und "Constant Pt. 1 & Pt. 2" bricht den entspannten Hip Hop-Beat in der Songmitte für ein Elektro-Instrumental auf.
Inhaltlich positioniert sich das Album ähnlich komplex. In Interviews ließ Will.I.Am verlauten, dass die Musik keine Botschaften verbreite, sondern Wegbeschreibungen gebe.
"Masters Of The Sun Vol. 1" beschäftigt sich dementsprechend mit Themen wie Polizeibrutalität, Waffengewalt, Rassismus, aber auch dem rasanten technischen Fortschritt, der den Menschen über den Kopf wächst: "The internet is the brand new conqueror / So watch out for the motherfuckin' monsters, yikes / The trolls are the taunters / Whoever controls the data got the answers". Neulandansprachen von drei alten Männern müssen die Hörer nicht befürchten. Die von Will.I.Am ebenfalls versprochenen Lösungsvorschläge enthalten die Texte aber auch nicht.
Schon im Vorfeld wollte man den Eindruck einer geschwächten Truppe vermeiden. Fergies Weggang kompensieren Gastbeiträge von Jessica Reynoso, Esthero und eben Nicole Scherzinger. Und das Album selbst wurde kurzerhand zum ambitionierten Großprojekt mit Comicheft, Augmented-Reality-App, karitativen Kampagnen und dem "Where Is The Love?"-Abklatsch "Big Love" aufgeblasen. All das wäre nicht nötig gewesen. "Masters Of The Sun Vol. 1" ist ein starkes siebtes Album, das Fans der ersten Stunde die Hand reicht und neue nicht verprellt.
4 Kommentare
Selbst wenn sie Pupsgeräusche aufgenommen hätten, wäre es besser als die letzten paar Alben oder das gruselige Solozeug von Willy. Ein Händchen für Hooks und Sounds haben sie ja ohne Zweifel.
Hatte Willy eigentlich abgeschrieben oder gedacht, dass der, der als William produziert hat, irgendein gruseliges, limitiertes Double sein muss, während der Echte auf irgendeiner Karibikinsel dem leichten Leben frönt.
Tut gut, das zu hören!
Track mit Nas, All Around The World, New Wave, Vibrations, Constant - sowas will ich von den Peas hören! Es scheint eine namenlose Ersatz-Fergie zu geben, aber weitaus weniger präsent/nervig. Und die zahlreichen Beatwechsel sind super. Will.I.Am ist dadurch zwar nicht komplett rehabilitiert, aber es ist ein sehr guter Neuanfang.
Wenn es nur dabei geblieben wäre...