laut.de-Kritik
Liebe ist anstrengend.
Review von Manuel BergerEs gab mal eine Zeit, da freute man sich auf neue Blackfield-Alben. Mittlerweile hofft man nur noch, dass Aviv Geffen vielleicht doch noch mal die Kurve kriegt und etwas veröffentlicht, das zumindest halbwegs von Belang ist. Spoiler: "For The Music" ist nicht dieses Album. Stellenweise versuchen Blackfield, an ihre Hochzeiten anzuknüpfen, hinken diesen letztlich aber weit hinterher.
Anfangs besteht noch Hoffnung: Im Opener "For The Music" täuschen Blackfield zunächst mit ansprechendem Breitwandsound und Schlagzeuggroove Spannung an. Doch dann leiern sie den Drive durch schier endlose Wiederholungen der Titelhook aus. Ein fürchterlicher "Uh-uhuhu"-Refrain gibt dem Stück den Rest. "After All" erinnert melodisch stark an "1,000 People" von "Blackfield II", dümpelt aber wie ein schlechter Abklatsch dahin – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Durch den kompletten Song ziehen sich Handclaps. Dass die das in Zeitlupe geschriebene Stück nur noch einschläfernder machen, als es ohnehin schon ist, fiel im Studio wohl niemandem auf.
Dass die Synthies und Glöckchen in "Under My Skin" arg nach Weihnachtspop müffeln und "Summer's Gone" in einen Telenovela-Vorspann passen würde, offenbar auch nicht. Vielleicht war Geffen zu beschäftigt, durch die "desert of love" zu irren, auf der Suche nach den besten Kalendersprüchen für seine Texte. Kostprobe gefällig? "It's so hard being in love with you / One Is one and two are two." Mit solch denkwürdigen Zeilen endet das Album nach nur 30 Minuten, die sich viel länger anfühlen. Das sticht, denn andernorts, in der tatsächlich gelungenen Akustikballade "Garden Of Sin", blitzt noch in Ansätzen lyrische Kraft auf: "Open your dad's secret drawer / And take the gun, take it out / Ask your loved one to come over / And when she comes, shoot her down." Das geht tatsächlich unter die Haut.
Ach ja, Steven Wilson zuckt auch kurz. Die kreative Hoheit bei Blackfield liegt zwar mittlerweile vollständig bei Geffen, doch für drei Tracks in der Mitte des Albums bequemt sich der Duopartner immerhin ans Mikro. Recht leblos singt er zur Zupfgitarre in "Over & Over", eine Art glatt poliertes Nick Drake-Stück. Dann folgen mit "Falling" und "White Nights" allerdings zwei Lichtblicke. Während in ersterem zwar die Strophe und eindimensionales Drumming enttäuschen, blühen Blackfield im dynamisch toll in Szene gesetzten Chorus auf. Plötzlich wähnt man sich wieder in der Atmosphäre der ersten beiden Alben. "White Nights" hebt sich davon etwas ab, klingt aktueller, freundlicher, überzeugt mit aufgeräumtem Arrangement und stringentem Spannungsbogen. Am Ende steht als Leckerli ein Artrock-Gitarrensolo.
Völlig verloschen ist die Glut Blackfields also noch immer nicht. Wie auf den die Vorgängern "Blackfield IV" und "Blackfield V" musiziert das Duo bloß als Schatten seines früheren Selbst, bietet zunehmend weniger Substanz – schafft aber immerhin einzelne versöhnliche Parts. So stecken wir weiter im Dilemma, hoffen, dass es beim nächsten Mal vielleicht mehr davon geben wird, fürchten, dass es wieder nicht klappt. "It's so hard being in love with you" singt Geffen mit brüchiger Stimme. "It's getting harder every time." Das lässt sich eins zu eins auf mein Verhältnis zu Blackfield übertragen.
2 Kommentare
Die sollen sich mal entscheiden, wie nun die Ausrichtung ist. Welcome to my DNA, Geffen sagt, er übernimmt die Federführung. Blackfield V "Zurück zu alter Form, als gleichwertiges Duo" (Album fand ich größtenteils gelungen) und jetzt dagegen wieder Geffen mit Hauptanteil und Steven als Gast.
Abseits davon krankt das Album auch daran, dass 30 Minuten Spielzeit echt mager sind und damit zu wenig Substanz bietet. Ist nicht alles schlecht, was geboten wird, daher gehen die 2 Sterne in Ordnung.
Das ist mittlerweile echt gruselig. Bitte beenden!