laut.de-Kritik

Eine Platte wie ein Irrgarten: Aus Cloud Rap wird Pop.

Review von

Bladee und Produzent Gud sind ein Traumteam: Die schwedischen Cloud Rap-Antihelden haben Rapmusik solange auseinander geschraubt, bis so etwas wie Ambient oder Dream Pop herauskam. Auf Tapes wie "Red Light" oder "Eversince" brachte Bladee mit Produzent Whitearmour Drain Gang-Klassiker à la "Obedient" hervor, die aller Weirdness zum Trotz noch klar dem Hip Hop zuzuordnen waren. "Exeter" ändert dies: Wenn auch nicht ganz so catchy präsentiert das Zusammenfinden des Drain Gang-CEOs mit Yung Lean-Stammproduzent Gud ein Cloud Rap-Destillat als experimentelles Popalbum.

Bezeichnend, dass als Einflüsse weniger Yung Lean oder Lil B, sondern eher Yves Tumor, Clams Casino, Hiroshi Yoshimura oder Brian Eno spürbar werden. Gud schraubt die sonst prominenten Echo-Effekte in der psychedelischen Synthesizer-Produktion immens zurück. Drums fallen oft gänzlich weg, übrig bleiben Soundskelette, die mit Bliepen und Blupen desorientiert durch den Raum wabern, während Bladees Autotune-Vocals ebenso ziellos umherirren, abwegige Melodien finden und sich immer wieder an einzelnen Formulierungen festkrallen.

"Rainbow star / I love my faith / Go into my future open arms /", murmelt er dann im unverwechselbaren Timbre wieder und wieder auf "Rain3ow Star (Love Is All)". Oder fragt wieder und wieder "It comes easy, Can you feel it? / Can you feel something? / Can you feel someting?", als wüsste er weder, ob er eine Antwort erwarten sollte oder ob es überhaupt einen Angesprochenen gibt ("Open Symbols (Play) Be In Your Mind").

Wer noch nie von Bladee gehört hat, sollte hier womöglich nicht einsteigen: "Exeter" ist Drain Gang-Sound für Fortgeschrittene. Seine Vocals klangen schon immer etwas nach 'Ja, der suckt, aber man gewöhnt sich dran'. Ähnlich wie Kollege Ecco2k auf "E" mit heiserem Falsetto performte, bildet Bladee Gedankenwelten von Ketamin-Traumtänzern ab. Comedown-Gedankenspiralen gehen in Spätnacht-Gespräche über, bei denen niemand so recht weiß, wer inzwischen wie nüchtern ist. Seine Stimme bleibt fragil, dem Begriff des Mumble Raps würde er alle Ehre machen, so verwundbar und nackt werden die Lyrics dargeboten. Aber das ist Teil des Plans: Bladee will selbst auf diesem optimistischeren Album fragend, verloren und unstet klingen.

Gerade auf Songs wie "Merry Go Round" brandet das musikalische High in einem elektrisierenden Puls, die repetitive Hook macht einen der haptischsten Momente des Albums aus. Eine Textur, die immer weiter zerfällt, bis "Imaginary" mit dissonanten Keyboardhits wie an der Grenze zum Halbschlaf klingt. "Exeter" wirkt hoffnungsvoller, positiver als die früheren industrieller orientierten Projekte. Doch trotz Optimismus klingt die Platte wie ein Irrgarten. Wo bisherige Bladee-Tapes auf diesen Irrgarten eher reagierten, scheint "Exeter" die Freude am Verlorensein gefunden zu haben. Ist man bei dieser Platte erst mal angekommen, entfaltet sie einen ähnlichen Suchtfaktor wie die anderen Tapes des Drain Gang-CEOs: Ein Irrgarten, den man gar nicht mehr verlassen will.

Trackliste

  1. 1. Mirror (Hmyn) (Intro)
  2. 2. Wonderland (feat. Ecco2k)
  3. 3. Merry-Go-Round
  4. 4. Rain3ow Star (Love Is All)
  5. 5. Every Moment Special
  6. 6. DNA Rain
  7. 7. Open Symbols (Play) Be In Your Mind
  8. 8. Lovestory (feat. Ecco2k)
  9. 9. Imaginary

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