laut.de-Kritik

Kreativ-Überschuss? Was raus muss, muss eben raus. Auch ohne Label. Gezeichnet: Blink 182.

Review von

Im Frühjahr 2005 sickerten die ersten Gerüchte über eine Trennung-Schrägstrich-Dauerpause der US-Punkrocker durch. Ein Greatest Hits-Album noch im Herbst und dann sollte es das erstmal gewesen sein. Es folgten Soloprojekte, bis am 8. Februar 2009 im Rahmen der Grammy Awards in L.A. verkündet wurde: Wir sind wieder wer. Bis zum erneuten 'Debütalbum' dauerte es dann aber doch noch mal ganze zwei Jahre.

Umso schneller holen die drei Junggebliebenen nun zum zweiten Mal aus. Zwar reicht das Material noch nicht für ein ganzes Album, eine 19-Minuten-EP ist aber allemal drin. "Wir sind sehr aufgeregt. Diese Songs existierten vor ein paar Wochen noch gar nicht, es waren nur Ideen. Und jetzt werden sie schon veröffentlicht. Ohne Label haben wir die Freiheit und die Möglichkeit, aufzunehmen wann immer wir wollen und neue Musik gleich zu veröffentlichen", so Mark Hoppus zum eigenen Geniestreich.

Seit Oktober geben sich Blink 182 wieder rebellisch wie in alten Tagen. Denn nach der Trennung von Interscope sind sie "independent" unterwegs. "Dogs Eating Dogs" entstand komplett in Eigenregie und ist nur auf der Band-Website blink-182.com erhältlich. Dass Masse aber nicht gleich Klasse ist, erfuhren jüngst schon die Kollegen von Green Day schmerzlich. Ein genauerer Blick auf die EP lohnt also allemal.

Mit Pfeifenorgel à la Arcade Fire und ungewohnt ruhig dudeln die ersten Takte des Jugend-Rückblicks "When I Was Young" los, ehe die Scheibe nach 40 Sekunden unter Barkers Snarefeuerwerk Fahrt aufnimmt. Und sofort sind sie wieder da, die guten alten Zeiten. Dass die Herren seit dem internationalen Durchbruch um 15 Jahre gealtert sind, fällt kaum auf: weder musikalisch noch thematisch. Auch der in Half-Time gehaltene Refrain in der Links-Rechts-Kombination DeLonge/Hoppus geht sofort ins Ohr. Die (nicht immer) goldene Jugend aus der Erwachsenenperspektive: ein gutes Mittel, drohender Themenlosigkeit entgegenzuwirken.

Druckvoll startet auch der Titelsong "Dogs Eating Dogs", der den aggressivsten und musikalisch vielfältigsten Song der fünf neuen darstellt, was besonders an den Tempowechseln festzumachen ist. Zudem sind deutlich musikalische Anleihen aus Hoppus' and Barkers Nebenprojekt +44 auszumachen.

Noch experimentierfreudiger klingt "Disaster", was jedoch in dem speziellen Fall gewöhnungsbedürftig ausfällt. Hallgeschwängert, mit seltsamen Delay-Effekten gespickt, dazu ein unnatürlich verzerrter Gesang. Zum Glück dauert der kreative Ausbruch nur eine Minute, ehe man sich auf das rückbesinnt, was Blink 182 ausmacht: Die Gitarren haben verzerrt zu sein, der Gesang meldisch-hymnisch. Das Drumming sorgt außerdem für ständigen Druck auf dem Trommelfell.

Oder eben eine Ballade, auch okay, gabs ja schon lange nicht mehr. Man ersetze die Distortion-Gitarre durch eine cleane Version, drossele das Tempo merklich und füge ein Elektro-Drumkit an. "Boxing Day" sollte ursprünglich wohl "The Day After Christmas" heißen, erzählte Hoppus in einem Interview mit Alternative Press. Ein "folky, acoustic-guitar thing [...] real kind of indie, strange, cool vibe" eben. Weißte Bescheid.

Mit dem Liebeslied "Pretty Little Girl", geschrieben von DeLonge für seine Frau inklusive interessanter Rap-Einlage im letzten Drittel, schließt die EP recht belanglos. Trotz eines kleinen Spannungsabfalls haben Blink 182 auf der 19 Minuten-EP endgültig wieder die Kurve gekriegt. Sie sind gemeinsam kreativ und haben hörbar Spaß daran. Auch eine musikalische Weiterentwicklung ist unverkennbar. Die verschiedenen Ansätze in einen schlüssigen Gesamtkontext zusammenzufügen steht nun auf der To Do-Liste ganz oben.

Trackliste

  1. 1. When I Was Young
  2. 2. Dogs Eating Dogs
  3. 3. Disaster
  4. 4. Boxing Day
  5. 5. Pretty Little Girl

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LAUT.DE-PORTRÄT Blink 182

Dass Punkrock made in USA Mitte der 1990er wieder hoch im Kurs steht, weiß man nicht zuletzt dank Acts wie Offspring und sonstigem Neo-Punk-Gedöns.

15 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Dummes Geschwätz! Die EP kann man ganz normal für ein paar Euro auf Itunes runterladen...

    Ich finde sie gut :)

    Das letzte Album war aber auch toll :) Fand keinen einzigen Song darauf schwach!
    Angels and Airwaves ist jawohl gut!
    Und Boxcarracer war auch geil :)
    Und die ganzen HipHop Sachen von Travis auch :)

    Nur +44 war bis auf When your heart stops beating meiner Meinung nach einfach nur Schrott!

  • Vor 11 Jahren

    Finde die EP ebenfalls sehr gut. Ich war letztes Jahr auf meinem ersten Blink-Konzert. Travis Barker ist mal der mit Abstand beste Drummer auf diesem Planeten.

    Finde auch, das Blink sich treu geblieben sind. Die Reunion hat denen nicht geschadet - freue mich schon auf das neue Album dieses Jahr!!!

    PS: Ich finde es nicht fair, Blink 182 mit dieser Pop-Combo Green Day zu vergleichen. Schließlich vergleiche ich auch nicht David Guetta mit Justice :)

  • Vor 11 Jahren

    Insgesamt eine sehr solide EP das auf neues Materialhoffen lässt, 4/5!!!
    Allerdings komt in der Kritik Boxing Day zu kurz, das Zusammenspiel Delonge/Hoppus ist doch klasse und auch Pretty Little Girl hat nen tollen 80's Vibe, also belanglos ist stark übertrieben. Solide Kritik, Herr Tauscher! ps. das ding gibts auf youtube oder itunes!