laut.de-Kritik
Die "Snakes On A Plane" der Rapszene.
Review von Yannik GölzJedes Jahr braucht einen dummen Rap-Meme-Meme-Rapper. Und wer sich um den Verfall der Gesellschaft Sorgen macht, dem kann zumindest dieser Trend ein wenig die Stimmung aufhellen. Nach Lil Pump, Lil Xan und Bhad Bhabie haben wir es mit Blueface dieses Jahr mit einem wahren Intellektuellen zu tun. Der zeigt auf "Dirt Bag" nämlich mehr Bewusstsein für seine eigene Marke und seine Rolle in der Rap-Landschaft als es gut für ihn ist.
Blueface ist Trash. Aber Trash in der liebevollsten Definition des Wortes. Quasi der "Sharknado" des Raps. Angefangen mit den potthässlichen und lieblosen Mixtape-Covern, die selbst in den schlimmsten Juvenile- oder DatPiff-Äras schon keine Augenweiden gewesen wären. Über die komplett lieblosen Trackkonzepte, die mit "Gang", "Bussdown" oder "Bussin" so inspiriert benannt sind wie Urinproben im Labor. Bis hin zu seinem Rap an sich, der nichts weiter kommuniziert als eine komplette Ignoranz gegenüber jeder Kunstform.
"I get paid the most to do the least", veräußerte er es stolz in seiner XXL-Cypher. Halb am Beat vorbeigestolpert, absolut ohne handwerkliche Fähigkeit, aber dafür mit einer ganzen Menge Selbstvertrauen vorgetragen. Die Blueface-Formel ist eigentlich schnell erklärt und wirkt wie ein Witz, der nur darauf wartet, alt zu werden. Aber die Vehemenz, mit der er sich daran klammert, macht "Dirt Bag" respektabel.
Seine Stimme klingt weniger witzelnd und noch beißender als auf seinem Durchbruchs-Mixtape "Famous Crypn". Aber der Mix aus aggressiven Vocals und angeknackstem 808-Bass macht aus "Bleed It", "Bussin" und "Dirt Bag" komplette Westcoast-Banger. Offbeat gerappt wurde da drüben ja immer schon ein wenig, auch wenn die Vergleiche zu YG und Suga Free nicht ganz den Kern davon treffen, wie einzigartig die Delivery von Blueface tatsächlich ist.
Es ist weniger die musikalische Kompetenz als die Symbiose aus charismatischem MCing und fast dokumentarisch natürlicher Sprechweise, die Blueface als Rapper so faszinierend macht. Ob man es nun mag oder nicht, aber der Kerl ist ein komplettes Original und jede Silbe klingt wie etwas, das er auch außerhalb eines Mikrophons genau so veräußern würde. Und die One-Liner, die immer wieder auftauchen, muss man lieben. "Threw my own blood out, they must've forgot I was crippin", "If you ain't a ho, why you at a hotel?", "I'm so fucking sexy, I might suck my own dick".
Ist das guter Rap, was da feilgeboten wird? Wer weiß. Ist eigentlich auch gar nicht so wichtig, denn wenn es verdammt unterhaltsam ist und trotzdem irgendwie musikalisch funktioniert, beizeiten sogar richtig Spaß macht, was will man diesem Projekt denn noch vorwerfen? Dass es Trash ist? Höchstens die Featuregäste, zum Beispiel ein opportunistischer The Game und uninsipirierte Lil Pumps, Mozzys und Rich The Kids hätten mehr Spaß machen können. Aber abgesehen davon ist das hier das "Snakes On A Plane" des Rapgames: Es kann eigentlich nicht funktionieren, tut es aber irgendwie trotzdem.
1 Kommentar
"Ist das guter Rap, was da feilgeboten wird?"
Sicher nicht *Alexandra Maurer Voice*