laut.de-Kritik

Herz statt Hedonismus.

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Man kann von diesem Schweizer halten, was man will. Am Ende ist Bonaparte immer auf besondere Art faszinierend. Halbnackte und tierische Bühnenelemente, offen gelebte und propagierte Exzentrik, ein Plädoyer für alles und das andere – in "The Return Of Stravinsky Wellington" schlägt Tobias Jundt ein neues Kapitel auf.

Diesmal geht es aber nicht rein um hedonistischen Exzess oder bloße Provokation. Sondern vielmehr um die Kritik am Menschsein selbst, um den lästigen Alltag, überwindbare Vorurteile und ja, auch um Liebe. "White Noize" beschreibt sehr bildhaft, wie sich alles um soziale Medien, aber immer weniger um tatsächliche Inhalte dreht. Stichwort: "Tweet, tweet (...) in a room without a roof / I am staring at the ceiling.".

"Hey (Is For Horses)" ist Hektik pur. Schnell aufstehen, schnell noch nen Kaffee holen, schnell den Park genießen, schnell die große Liebe finden, nebenbei im Job groß rauskommen, dabei aber bloß das Leben nicht vergessen. Kein Wunder wird in "Halfway House" eine verquere Romanze in einer Entzugsanstalt thematisiert: "Its not a mid life crisis, we're just having fun."

"Fuck Your Accent" feiert die Schönheit der Sprache. Liebe geht bei Bonaparte hier nicht durch die Augen, sondern durch das Ohr: "Don't understand half the words you say, I love just how you say it anyway." Passend zu den verglichen mit früheren Knallern eher ruhigen Tönen auf "The Return Of Stravinsky Wellington" sind die Aussagen zwischen den Zeilen bedeutend nachdenklicher.

Nur angerufen werden, wenn man gebraucht wird? Bonaparte rechnet in "Let It Ring" mit allen ab, die Opportunismus mit Freundschaft verwechseln. "Kinfolk" klingt nicht nur sommerlich leicht, sondern richtet sich an alle, die die Sonne in ihrem Herzen brüderlich und schwesterlich teilen. "Melody X" ist eine mit Streichern geschmückte Ballade, die zum Sich-Aufraffen und Durchhalten anregt, "Wolfenbüttel" hingegen thematisiert Zwiespalt und Schuldzuweisung.

Egal, ob Verlustängste oder Widersprüche – Bonaparte verhandelt auf "The Return Of Stravinsky Wellington" gezielt schwere Themen mit leichtem Textbesteck. Die Songs gehen, vielleicht auch wegen der mangelnden Partyattitüde, locker in den Kopf, weshalb die eigentliche Message dahinter auch leicht vergessen werden könnte. Aber egal wie offensiv Bonaparte seine Inhalte hinter fein strukturierten Indiesongs offenbart, er zeigt bei genauem Hinhören endlich etwas ganz Neues: sein Herz.

Trackliste

  1. 1. White Noize
  2. 2. Halfway House
  3. 3. Fuck Your Accent
  4. 4. Let It Ring
  5. 5. Wolfenbüttel
  6. 6. Hey (Is For The Horses)
  7. 7. Melody X
  8. 8. In The Wash
  9. 9. Polyamory
  10. 10. Kinfolk
  11. 11. High Five In Your Face

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