laut.de-Kritik
Eine innige Umarmung zur richtigen Zeit.
Review von Kai ButterweckAusgangssperre, Kontaktverbot, Social Distancing: In Zeiten von Corona soll und muss auf vieles verzichtet werden. Um nicht komplett durchzudrehen, tauchen viele Menschen tiefer in die Welt der Musik ein als je zuvor. Und auf der Suche nach dem perfekten Soundtrack für den Moment werden Fans von melancholischen Singer/Songwriter-Klängen dieser Tage fündig.
Dank Brian Fallon darf man sich endlich wieder umarmt fühlen - und zwar von tiefgreifenden Harmonien, samtweichen Arrangements und einer Stimme, die einen mitnimmt auf eine Reise voller Hoffnung, Liebe und Wärme ("When You're Ready").
Gleich zu Beginn vertreibt der einstige Frontmann von The Gaslight Anthem alle Apokalypse-Sorgen mit gezupften Gitarrenakkorden, unaufgeregtem Schlagzeugbesenspiel und Mut machenden Durchhalteparolen ("In this life there will be trouble, but you shall overcome").
Abermals auf den Spuren seines großen Vorbilds Bruce Springsteen wandelnd, hält Brian an Dingen fest, die essentiell sind, will man in einer Welt, die zunehmend aus den Fugen gerät, nicht untergehen. Der Sänger aus Red Bank, New Jersey lässt Vergangenes genauso außen vor wie den Blick in die Kristallkugel.
Fallon beschäftigt sich mit dem Hier und Jetzt. Wie fühlt es sich an, mit dem Rauchen aufzuhören ("21 Days")? Wie kann man das Gefühl unbändiger Liebe in knapp vier Minuten möglichst nachhaltig festhalten ("You Have Stolen My Heart")? Und was ist mit der Freiheit, der grenzenlosen, alles aufsaugenden, Kraft spendenden Freiheit ("Horses")? Der Musiker wirft viele Fragen in den Raum, für die er auch passende Lösungsvorschläge parat hält.
Neben dem Boss könnte man noch die Herren Tom Petty ("Lonely For You Only") und Steven Patrick Morrissey ("You Have Stolen My Heart") als Referenzen aufzählen. Ja, Brian Fallon weiß, wo er herkommt und wem er bis zum Ende seiner musikalischen Tage zu Dank verpflichtet ist. Trotz aller Querverweise hat sich der Sänger über die Jahre aber eine eigene musikalische Identität aufgebaut. Und genau diese erstrahlt im Frühjahr 2020 in hellem Glanz. Nur mit seiner ausdrucksstarken Stimme und pointierter Band-Unterstützung an der Seite gelingt Brian Fallon sein bis dato größter Solo-Wurf.
2 Kommentare
Ich lese die Rezension gerade in Port Charlotte, Florida. Ich bin „Stuck in Florida“. Flug storniert und verschoben. Da kommt das neue Album von Brian Fallon gerade recht. Eigentlich wollte ich ihn mir am 17.März live im Ritz Ybor in Tampa anschauen. Die Show wurde abgesagt... Ich kann mich der Meinung des Autors nur anschließen! Ein großartiges Album. Leider nur knapp 30 Minuten „lang“. 2-3 Songs mehr hätte ich mir gewünscht. Sonnige Grüße aus dem Sunshine-State. Take Care!
Fallon ist leider mittlerweile komplett irrelevant. Erst TGL weichgespült, jetzt solo die Charts als Schmusesänger im Visier.