laut.de-Kritik

The Boss still kicks ass!

Review von

"How you doin' out there tonight?", befragt Bruce Springsteen sein jubelndes Publikum. "That's good, that's good", antwortet er, bevor er beginnt, von seinem Vater, der Musterung und den langen Haaren seiner Jugend zu erzählen.

Die Episode (aus "Live 1975-85") ist nach wie vor bezeichnend für das Verhältnis zwischen Springsteen und den Besuchern seiner Konzerte: Kaum ein Musiker gibt sich so viel Mühe wie er oder schafft es, so mitreißend auf der Bühne zu wirken. Ein erneuter Beweis dafür ist "Live In New York City," an zwei Abenden im Juni/Juli 2000 im Madison Square Garden aufgenommen.

Es war der Abschluss einer einjährigen Reunion-Tour der Superlative mit seiner E-Street Band. Mit dabei waren all die Musiker, mit denen er in den 80er Jahren seine größten Erfolge feierte, unter anderen seine Ex-Frau Patty Scialfa als Background-Sängerin, Clarence Clemons am Saxophon, Little Steven an der Gitarre.

Vom Fernsehsender HBO als Dokumentation aufgenommen, bietet die Doppel-CD einen umfassenden Rückblick auf die Karriere des Musikers aus New Jersey. Schon der Opener, "My Love Will Not Let You Down" (aus "Tracks", 1997) lässt vermuten, dass es auf der Platte abgehen wird: fetzige Gitarren, Springsteens Stimme am Anschlag, ein exstatisches Publikum. Obwohl es sich um ein eher unbekanntes Lied handelt, ist die Stimmung bombastisch.

Am Interessantesten ist jedoch der Umgang mit seinen Hits. Das düstere "Atlantic City" klingt auf einmal voller Hoffnung, "Mansion on the Hill" mutiert zu einem Country-Stück, bei "Youngstown" wird abgerockt. "The River" beginnt mit einem Saxophonsolo, geht in Harmonika und Klavier über, und ist ergreifend wie die Version aus "Live 1975-85" - ein wahres Kunststück.

Die erste CD endet mit einer Überraschung - als nicht aufgelisteten 11. Track gibt es "Born to Run". Auf der zweiten geht es zunächst gospelig weiter, Springsteen gibt sich als Priester des Rock n'Roll. Das neue "Land Of Hope And Dreams" lehnt vom Geist her stark an Woody Guthries "This Land Is Your Land" an - es leben die Freiheit und die Möglichkeiten Amerikas!, - eine Vision, die mit der Erstveröffentlichung (auf Platte) von "American Skin (41 Shots)" gleich wieder relativiert wird. Letztes Jahr sorgte das Lied für hitzige Debatten, da es die brutale Ermordung eines schwarzen Einwanderers durch die New Yorker Polizei zum Thema hat.

So weit die Fernsehdokumentation. Um die zweite CD voll zu kriegen, wurden noch sechs Stücke draufgepackt. Weniger organisch als das, was zuvor kommt - manche Übergänge sind eindeutig schlecht geschnitten, - enthält es doch die eine oder andere Überraschung. So eine hervorragende akustische Slide-Gitarren-Version von "Born In The USA," die dem Lied endlich zu seiner richtigen textuellen Bedeutung verhilft: Keine Lobeshymne auf das Reagan'sche Amerika der 80er Jahre, sondern ein bitterer Kommentar über die Schattenseiten seines gesellschaftlichen Lebens. Das langsame "If I Should Fall Behind" stimmt zum Abschluss noch versöhnlich.

Eine exzellente Aufnahme also. Die vergangenen Jahre haben zwar Spuren hinterlassen - Sprinsteens Stimme hat einen Deut an Elastizität verloren, Clemons ist fett geworden, - aber die Auftritte des Bosses und seiner Band gehören wohl nach wie vor zum Besten, was man sich musikalisch antun kann.

Trackliste

  1. 1. <b>CD 1:</b> My Love Will Not Let You Down
  2. 2. Prove It All Night
  3. 3. Two Hearts
  4. 4. Atlantic City
  5. 5. Mansion On The Hill
  6. 6. The River
  7. 7. Youngstown
  8. 8. Murder Incorporated
  9. 9. Badlands
  10. 10. Out In The Street
  11. 11. Born To Run <b>CD 2: </b>
  12. 12. Tenth Avenue Freeze-out
  13. 13. Land Of Hope And Dreams
  14. 14. American Skin (41 Shots)
  15. 15. Lost In The Flood
  16. 16. Born In The U.S.A.
  17. 17. Don't Look Back
  18. 18. Jungleland
  19. 19. Ramrod
  20. 20. If I Should Fall Behind

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