laut.de-Kritik
Drei CDs voller Klassiker und Raritäten. Der Boss eben.
Review von Stefan JohannesbergGuten Tag Springsteen-Fan! Schon mal etwas von "Big Payback", "None But The Brave" oder "County Fair" gehört? Nein? Kein Wunder. Elf superrare, zum Teil unveröffentlichte Tracks schenkt der Boss euch hier ein, was diese Best Of auch für die Besitzer aller Springsteen-Alben interessant macht. Das zeitliche Spektrum reicht von späten Siebziger-Aufnahmen bis zu einer krätzigen Unplugged-Version des jungen "Countin' On A Miracle". Das musikalische von Reggae-Coverversion bis zu ehrlicher Rock'n'Roll-Arbeit.
So mixt Bruce auf "From Small Things (Big Things One Day Come)" seinen Ur-Sound mit dem ehrwürdigen Rock'n'Roll der 50er. Der Song entstand 1979 und wurde bereits drei Jahre später von Dave Edmunds gecovert. In eine ähnliche Rock'n'Roll-Kerbe schlägt "Big Payback".
Das Überbleibsel der "Nebraska"-Sessions zeigt den Star zwar allein mit Gitarre und Mundharmonika, rennt aber im Chuck Berry-Rhythmus. Ebenfalls aus dieser Session stammt "County Fair", das stilecht mit 'Country-Flair' kommt.
Den politisch engagierten Rebell lässt Bruce bei seiner Version des Reggae-Klassiker "Trapped" von Jimmy Cliff raushängen. Die Live-Aufnahme der "The River"-Tour avanciert Keyboard bestimmt zur bombastischen Hymne. In "Missing", ein Soundtrack-Beitrag zu Sean Penns "The Crossing Guard" groovt er mit indianischer Percussion und düster traurigen Klangebenen. Eine noch einsamere Stimmung verbreiten die Balladen "Lift Me Up" aus dem Film "Limbo" und das aus dem gleichnamigen Kino-Hit bekannte "Dead Man Walking".
Natürlich wird auch schweißband-generiert gerockt. Das 1980 live in Uniondale aufgenommene "Held Up Without A Gun" nervt jedoch mit einem schlechten Sound. Auch das Elvis-Cover "Viva Las Vegas" stinkt im Vergleich zur Interpretation der Rauschbärte von ZZ Top. Zu normal.
Besser ist da der schwere 99er Tune "Code Of Silence". Richtig gut trompetet der "Born In The USA"-'Abfall' "None But The Brave". Der melancholische Midtempo-Rocker vereint Springsteens Stärken. Hier trifft der Bühnen-Derwisch auf den Poeten, um für das Volk Geschichten von der Liebe zu erzählen, ohne jedoch an highway-tauglicher Power zu verlieren.
Alle aufgezählten Stücke wurden vom Boss höchstpersönlich mit persönlichen Liner-Notes versehen. Insgesamt fahren diese Raritäten aber nicht so fest in Herz und Magen wie seine bekannten Songs, gut sind sie aber alle mal. Doch aufgepasst: Die Extra-CD steht nur vom Veröffentlichungstag an bis Ende des Jahres 2003 zum Kauf in den Läden. Danach ist nur noch die normale "Essential"-Version zu erstehen, die alle wichtigen Hits vom Boss bietet.
Für Springsteen-Fans interessant ist dabei höchstens seine etwas in Vergessenheit geratene Solo-Phase zwischen 1987 - 2001, in der er ohne E-Street-Unterstützung die Alben "Tunnel Of Love", "Human Touch", "Lucky Town" und "The Ghost Of Tom Joad" veröffentlichte. Wer Bruce noch nicht als Pop-Künstler und Folk-Songwriter kennt, lege seinen Ohrenmerk auf diese Zeit. Die sozialkritischen "Land Of Hope And Dreams" und "American Skin (41 Shots)" aus dem Madison Square Garden beschließen live die gelungene Best Of. Bruce Springsteen, none but the Brave.
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