laut.de-Kritik

Der Boss huldigt seinen Wurzeln.

Review von

Immer wieder hat Bruce Springsteen auf die Folk-Tradition der USA zurückgegriffen. Etwa mit seinen Alben "Nebraska" (1982) und "The Ghost Of Tom Joad" (1995), aber auch mit Interpretationen von Woody Guthries "This Land Is Your Land" (auf "Live 1975-1985") und Pete Seegers "We Shall Overcome", das er 1997 für eine Tribute-Platte aufgenommen hat.

Ebendieses Stück bildet die Grundlage für das vorliegende Album. 2005 und 2006 trommelte Springsteen für jeweils einen Tag Musiker der damaligen Session zusammen, um weitere Lieder aus dem Repertoire des zurückgezogenen Sängers einzuspielen. Mit dabei waren neben Ehefrau Patti Scialfa auch Soozie Tyrell, Geiger der E-Street Band, und eine Riege eher unbekannter Musiker aus New Jersey. Treffpunkt: Das Wohnzimmer von Springsteens Farm.

Der lockere Umgang der Beteiligten führt zu einer netten Spontaneität. Sie hätten die Stücke nicht eingeübt, schreibt Springsteen im Booklet. Er habe einfach den Titel vorgegeben, und alle hätten losgelegt. Die Arrangements fallen dennoch nicht simpel aus: Geigen, Gitarren, Banjos, Perkussionen, Blasinstrumente und allerlei mehr führen zu einem lebendigen, fröhlichen Album.

Nicht dem Zufall überlassen ist dagegen die Auswahl der Lieder. Zwar hat Pete Seeger sie alle irgendwann aufgenommen, aber "We Shall Overcome" ist das einzige bekannte Stück von ihm. Bei den anderen handelt es sich um Traditionals, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen (das abschließende "Froggie Went A Courtin'"). Zu Gassenhauern aus vergangenen Jahrhunderten wie "Jesse James", "Old Dan Tucker" oder "John Henry" gesellen sich Spirituals wie "O Mary Don't You Weep", "Jacob's Ladder" und "Eyes On The Prize" sowie Protestlieder wie "My Oklahome Home" und "Pay Me My Money Down".

Mehr als um ein Pete Seeger-Songbook handelt es sich also um eine Hommage an die Wurzeln US-amerikanischer Musik. Wie wichtig Springsteen die Geschichten hinter den Liedern sind, zeigt sich an den kurzen Erklärungen im Booklet und an den Aufsätzen auf seiner Homepage, die von akribischer Recherche zeugen. Seine Begeisterung ist auch auf der beigefügten DVD zu sehen, die neben einer PCM-Version des Albums eine 30-minütige Video-Dokumentation erhält.

Ganz neu ist Springsteens Idee nicht, auch kommt sie nicht an die Güte verschiedener Vorgänger heran, darunter Natalie Merchants "The House Carpenter's Daughter" (2004) und der Klassiker des Genres, "Will The Circle Be Unbroken" der Nitty Gritty Dirt Band (1972). Dennoch handelt es sich um ein Projekt, das Freude bereitet - auch, weil es Springsteen von seiner entspannten Seite zeigt.

Trackliste

  1. 1. Old Dan Tucker
  2. 2. Jessie James
  3. 3. Mrs. McGrath
  4. 4. Oh, Mary, Don't You Weep
  5. 5. John Henry
  6. 6. Erie Canal
  7. 7. Jacob's Ladder
  8. 8. My Oklahoma Home
  9. 9. Eyes On The Prize
  10. 10. Shenandoah
  11. 11. Pay Me My Money Down
  12. 12. We Shall Overcome
  13. 13. Froggie Went A-Courtin'

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