laut.de-Kritik

Emotionen in Frischhaltefolie.

Review von

Seit Jahrzehnten bedient Bryan Adams verlässlich Kuschelrock-Compilations und Dorf-DJ-Playlisten. Dabei fiel es ihm stets schwer, das Maß zwischen egalem Radio-Pop und unerträglichen Herzschmerz-Balladen zu halten. Er selbst wäre wohl gern der kanadische Bruce Springsteen, landet aber meistens zwischen Nickelback und One Republic. "Shine A Light" unternimmt nun den nächsten Versuch, zahnlose Musik als ehrliches Muckertum zu verkaufen.

Tatsächlich fällt der Etikettenschwindel nicht auf Anhieb auf. Mit einem Ohr hingehört, kommt das Bein schneller ins Wippen als bei einer vollen Blase. "Driving Under The Influence Of Love" orientiert sich am Rock'n'Roll der Marke Status Quo, "All Or Nothing" steckt ein AC/DC-Riff zum Aufwärmen in die Mikrowelle, und Adams' Interpretation des irischen Volkslieds "Whiskey In The Jar" möchte auch die letzten Zweifler mit Klampfe und Mundharmonika überzeugen.

Das könnte trotz mangelnder Eigenleistung alles funktionieren, sogar gefallen. Wären da nicht die offensichtlichen Popsongs, die nur eins im Sinn haben: mit dem Holzhammer Melodien für Millionen ins Hirn prügeln. Um das sicherzustellen, engagierte Adams für den Titelsong ... Ed Sheeran! Der produziert die Nummer mit Akustikgitarre und Stampfbeat im Vierviertel-Takt zu einem Sureshot für die Hitparaden aus.

Studioeinladungen verschickte Adams für sein 14. Studioalbum zuhauf. Zusammen mit Jennifer Lopez gaukelt er auf "That's How Strong Our Love Is" große Gefühle vor. Herausgekommen ist ein erschreckend blutleeres Duett, das nach Krankenhausbett statt Schlafzimmer klingt: "They said we couldn't make it / They said it wouldn't last / But look who's talkin' now / We had the last laugh."

Schon die Songnamen bringen das Adams-Problem auf den Punkt. Allgemeingültige Titel wie "Don't Look Back", "The Last Night On Earth" und "Part Friday Night, Part Sunday Morning" klingen wie aus dem Popmusik-Generator entsprungen. Adams fertigt fleißig Emotionen an, die in der Frischhaltefolie zur Welt kommen. Muss ja alles genießbar bleiben, wenn die größten Hits der 2010er, 2020er und von heute gespielt werden.

Für Komplettisten wichtig: Die Inhalte der Vinyl- und CD-Version unterscheiden sich. Wer per Laser hört, kommt in den Genuss von "The Last Night On Earth". Wer eine Nadel nutzt, muss stattdessen mit "I Hear You Knockin'" Vorlieb nehmen. Ob es die eine oder die andere Ausführung ist, spielt für den Gesamteindruck keine Rolle. Mit "Shine A Light" verzückt Bryan Adams überzeugte Radiohörer_innen. Mutiges Kunstschaffen klingt allerdings anders.

Trackliste

  1. 1. Shine A Light
  2. 2. That's How Strong Our Love Is
  3. 3. Part Friday Night, Part Sunday Morning
  4. 4. Driving Under The Influence Of Love
  5. 5. All Or Nothing
  6. 6. No Time For Love
  7. 7. I Could Get Used To This
  8. 8. Talk To Me
  9. 9. The Last Night On Earth
  10. 10. Nobody's Girl
  11. 11. Don't Look Back
  12. 12. Whiskey In The Jar

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10 Kommentare mit 9 Antworten

  • Vor 5 Jahren

    Seit jeher eine Nervensäge, die schlicht aus den falschen Gründen Musik macht. Die Frisur macht es nicht besser.

  • Vor 5 Jahren

    Unheimlich langweiliger Scheiss. Was schade ist. Ich hab ihn mal live gesehen (hatte Tickets verschenkt und damit der Beschenkte nicht ganz allein gehen musste, habe ich mich erbarmt und bin mitgekommen) und muss sagen, dass es echt nicht so schlecht war wie erwartet. Das konnte mal teilweise sogar als ordentliche Rockmusik durchgehen lassen. Also er könnte, wenn er wollte, braucht im Moment aber wohl eher das Geld. Immerhin ohne Autotune, allein damit ist es schon besser das meiste, was sich sonst zeitgenössische Popmusik schimpft. Aber besser als Kotze zu sein ist halt auch kein Qualitätssiegel.

  • Vor 5 Jahren

    Ich persönlich kann mich leider der Kritik nur anschließen, spätestens seit Ende der 2000er kommt einfach nichts handfestes mehr von Adams. Was Schade ist, denn ich habe ihn schon viele Male live gesehen und mochte immer seinen puristischen Ansatz. Selbst den stilistischen Bruch, der er schon einmal mit Waking Up The Neighbors hingelegt hat, fand ich nicht so tragisch. Das hat zumindest noch gerockt.

    Aber, was soll man sagen? Die Zeiten ändern sich eben, der Rock der 80er und 90er ist vorbei. Der "Late Adams" (immerhin schon knapp 60) erscheint mir daher in der heutigen Zeit wie jemand, der weitermacht obwohl er im Grunde nichts mehr zu sagen hat, sich im Zuge dessen krampfhaft neu erfinden mag und dabei kläglich scheitert. Und das er selbst nicht besonders viel auf seine aktuellsten Werke zu geben scheint merkt man ja an den Live-Auftritten, denn dort spielt er weiterhin hauptsächlich seine altbekannten Hits.

    Vielleicht wäre es an der Zeit für ihn, die Feder aus der Hand zu legen und es darauf beruhen zu lassen, war er geschaffen hat. Das mag nicht jeder mögen, aber Schrott ist das meiste davon - obwohl es viele Klischees erfüllt - nun auch nicht.