laut.de-Kritik

Wenn ein Grizzly Bear mit dem Latino-Morrissey ...

Review von

Chris Taylor ist ein Mann, der in die kleinen Künstlerwohnungen Brooklyns kommt und den typisch unfertigen, charmanten Sound eines Schlafzimmer-Projekts auf Tonträger bannt. Er agiert, neben seinen bassistischen Verpflichtungen bei Grizzly Bear auch als Produzent musikalischer Kleinodien mit New Yorker Lokalkolorit. So stand Taylor etwa im vergangenen Jahr Pate für das gefeierte Debüt von Latino-Morrissey Geoge Lewis Jr., besser bekannt als Twin Shadow.

Dieser ist hörbar Impulsgeber und Kooperationspartner für Taylors erstes Soloalbum, das er als CANT veröffentlicht. "Dreams Come True" geht aber über unkitschige Synthieflächen und schwärmerischen Retro-Sound hinaus. Taylor deutet hier viel an, verwirft, baut neu auf, mischt und wiegt ab. Weitab von Hörparadigmen des Röhrenjeans-Kosmos windet sich das Album durch ramschige Keyboards, Electronica-Wellen und Zerrfilter.

Teilweise potenzieren ein oder mehrere Twists innerhalb der Stücke die ohnehin mehrschichtige Bandbreite an Einflüssen und Stilen. So beginnt "Bang" wie ein windschiefes Grizzly Bear-Demo, bevor ein vollmundiger Bass das LoFi-Gerüst zerstört, und Taylors zarte Stimme gegen starke Distortion ankämpfet. Derartige Metamorphosen durchschreiten einen Großteil des Albums, als drohe auch nur im kurzen Stillstand der Tod des kreativen Prozesses.

Der Hang zum Pop geht dem New Yorker, wohl auch dank George Lewis Jr., aber nicht verloren. Seien es mal ein kompletter Song ("The Edge", "Bericht") oder nur Versatzstücke, die durch Geradlinigkeit punkten, sie runden den durchweg angenehm verschwurbelten Grundtenor der Platte ab.

Chris Taylor hievt den Brooklyn'schen Schlafzimmerpop auf ein neues Level: "Dreams Come True" ist zutiefst heterogen, nach allen Enden offen und trotzdem von beeindruckender Dichte. Ein halbes Dutzend Tonspuren wechseln mit einfachst aufgenommenen Klaviermelodien, Drumcomputer mit schiefen Basslines: So zimmert sich Taylor sein ganz eigenes Schlafzimmer.

Trackliste

  1. 1. Too Late, Too Far
  2. 2. Believe
  3. 3. The Edge
  4. 4. Bang
  5. 5. (brokencollar)
  6. 6. She Found A Way Out
  7. 7. Answer
  8. 8. Dreams Come True
  9. 9. Rises Silent
  10. 10. Bericht

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