laut.de-Kritik

Eine Wiederentdeckung wie ein Auffahrunfall.

Review von

Vor Kurzem wurde endlich das Werk der deutschen Achtziger-Punk-Trash-Sensation Bärchen und die Milchbubis mit der Werkschau "Endlich komplett betrunken" gewürdigt. Nun holt Tapete Records die ebenso grandios rotzig freche Eighties-Frauenband Carambolage aus der Versenkung mit dem Re-Release der ersten beiden Alben "Carambolage" (1980) – hier stellvertretend rezensiert – und "Eilzustellung- Exprès" (1982). Ihr 34 Jahre lang unveröffentlichtes Album "Bon Voyage" (1985) wurde erstmals 2019 als digitale Version durch das Label FUEGO zugänglich gemacht und ist nun ebenfalls als CD und Vinyl verfügbar.

Carambolage gründete sich 1970 als eine der ersten reinen deutschen weiblichen Acts in Fresenhagen im Umfeld von Ton Steine Scherben, in deren Fahrwasser sie aber keineswegs sprangen. Vielmehr entstand bei der Punk-Allianz um Schlagzeugerin Britta Neander (die leider 2004 verstarb), Sängerin, Gitarristin und Keyboarderin Elfie-Esther Steitz und Sängerin, Bassistin, Gitarristin und Keyboarderin Angie Olbrich sowie später Bassistin und Saxophonistin Janett 'Rembrandt' Lemmen eine eigensinnige wie experimentelle Nordfriesische Welle, wie sie es selbst nannten.

Herausstechendstes und herrlich schräges Merkmal ist der spezielle Mädelsgesang, den Carambolage kreierten. Und mit diesem spleenigen, flippigen und zuweilen auch absichtlich nervtötendem Gesang wird dann beispielsweise im Track "City-Großmarkt" mit der Begrüßung "Meine Damen und Spermien" Kapitalismuskritik betrieben. "Das Männlein" ist dann wiederum in seiner kompromisslos kindlicher Albernheit Punk pur, während "Je T'aime" mit leierndem Gesang den gleichnamigen erotischen Männerfantasie-Klassiker persifliert.

Mit radikaler Albernheit, kritischen Ansätzen und komischen Schweinereien entstanden so Tracks zwischen den exaltierten Sounds einer Nina Hagen und den eher humorlosen Einstürzenden Neubauten, dem Humor der späteren Neuen Deutschen Welle und auch den hitfähigen Tracks der Szene. Comiczeichner Elias Hauck kommentierte auf Facebook pointiert: "Das ist mein Fraktus". Und ja, was man hier hört ist eine (reale) Wiederentdeckung, die einen wie ein Auffahrunfall trifft und anarchische Albernheit mit experimentellem Elektro-Punk verbindet.

Trackliste

  1. 1. Rampenlicht
  2. 2. Tu Doch Nicht So
  3. 3. City-Großmarkt
  4. 4. Das Männlein
  5. 5. Je T'aime
  6. 6. Die Farbe War Mord
  7. 7. Johnny
  8. 8. Was Hat Das Für Einen Sinn
  9. 9. Fußgängerzone
  10. 10. Roxan
  11. 11. Der Reigen
  12. 12. 22 Rue Chenoise
  13. 13. Bretter, Bretter, Bretter

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