laut.de-Kritik

Das also meint Bohlen, wenn er von "Soul" schwadroniert.

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Das ist also diese Musik, die Dieter Bohlen meint, wenn er bei DSDS von Soul schwadroniert. Cassandra Steen präsentiert sich mit ihrem vierten Solo-Album "Spiegelbild" näher an Helene Fischer als an Mary J. Blige. So klingt Xavier Naidoo zu Fuß und nach dem Herausfiltern seiner zweifelhaften christlichen und politischen Ansichten. Schmieriger Schlager-Soul-Plunder mit von gefühlsduseligen Diddl-Postkarten kopierten Texten und Emotionen aus der Discounter Auslage. Das Erasco-Kulturerbe aus der Dose.

Nachdem Steen und Tim Bendzko bereits mit der kitschigen Single "Unter Die Haut" Hand in Hand in Richtung Sonnenuntergang tanzten, übernimmt der Berliner auf "Spiegelbild" die Position des Co-Songwriters und Co-Produzenten. Außerdem schifft sich Christian "Crada" Kalla ein. Er arbeitete unter anderem mit Culcha Candela, Talib Kweli, Drake und Emeli Sandé zusammen.

Obwohl sich die Sängerin mit der glasklaren Stimme mittlerweile größtenteils von Moses Pelham emanzipiert hat, "Bleibt Alles Gleich". Nach langsamen Beginn unterlegen den schwülstigen Opener arg abgegriffene elektronische Beats. So fad und hüftsteif klang die musikalische Untermalung der Steen selten.

Im darauf folgenden "Bessere Tage", in dem Bendzko ihr noch einmal am Mikro zur Seite steht, kann man das erste Duchhalteparolen-Bullshit-Bingo fast schon komplettieren. "So lange du lebst / So lange jede Stunde schlägt / Und dein Herz noch schlägt / Hab' keine Angst nach vorn zu sehen / Gib jetzt alles oder nichts / Es gibt keinen Weg zurück / Es kommen bessere Tage."

Auch im flotten "Gewinnen" feuert die Phrasendreschmaschine munter Klischee-Konfetti in die Luft. Sollen sich die Zuhörer doch ihr für sich passenden Fetzen aufsammeln. "Das ist dein großer Moment / Du machst dir das größte Geschenk / Und du hast nichts zu verlieren / Du kannst nur gewinnen."

Die getragene Piano-Ballade "Neubeginn" zeigt sich in Thematik und Aufbau so ausgelutscht wie eine leere Capri-Sonne. "Nach der Ebbe kommt die Flut", die Deiche sie halten, mal schlecht und mal gut.

Startet "Zu kalt" noch in unterkühlten, dunklen Gefilden, geht es im Refrain mit blechernen Paukenschlägen in Richtung Münchener Freiheit. Der zuerst zurückhaltende, mit tiefen Bässen ausgestattete Song verkümmert innerhalb von Sekunden zu einer weiteren mit Rennstreifen und Heckspoiler aufgemotzten Schlager-Gurke.

Wer guten Soul aus Deutschland hören möchte, greife bitte zu Fleur Earth oder Y'akoto. Das "Spiegelbild" hingegen behandelt Musik nicht als Kunstform, sonder als ein wohlkalkuliertes Produkt.

Echte Emotionen oder gar Geschichten sucht man vergebens. Alles dreht sich um den ewig gleichen Befindlichkeitsmumpitz, einem undefinierbaren Wortbrei. "Dann sehe ich dich in meinem Spiegelbild / Und wie aus zwei Seelen eine wird / Lass' mich darauf ein / Denn wer will schon alleine sein." Oooh, that's a bingo!

Trackliste

  1. 1. Bleibt Alles Gleich
  2. 2. Bessere Tage
  3. 3. Blind
  4. 4. Gewinnen
  5. 5. Zu Kalt
  6. 6. Weil Ich Auf Der Suche Bin
  7. 7. Neubeginn
  8. 8. Du Weisst Das
  9. 9. Spiegelbild
  10. 10. Glück
  11. 11. Nein
  12. 12. Vergessen

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8 Kommentare mit 79 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    "wohlkalkuliertes Produkt"

    Na ja der Text war wohl stimmig, in dem Punkt allerdings nicht. Wenn ich nur den Amazon Preis sehe für das Album, verkauft die Gute keine 5 Alben. Und die an sich selbst. Sehe im Video kein Verkaufsargument zusätzlich. Müsste für die Kohle mindestens den beiden Herrn B. einen runter holen. Ok das tut sie wohl umsonst, hinter den Kulissen. Viel Spaß dabei.

    • Vor 10 Jahren

      Auf Amazon Verkaufscharts - Musik ist sie auf Platz 179 ! Deine Theorie mit 5 Alben scheint zu stimmen! Aber wer würde denn sowas auch kaufen??

    • Vor 10 Jahren

      Durch den Artikel erscheint es fast dass der Buchstabe B. bei Produzenten, eher negativ sich auf den Verkaufserfolg auswirkt. Kenne die Zahlen nicht genau, einer der beiden B. hat mal irgendwo gesagt und das möchte ich ihm nicht nehmen: "Das 2000 verkaufte CD´s heute reichen um in Charts Platz 1 zu haben." Was das bei Platz 179 bedeutet? Könnte also tatsächlich nicht mehr als 5 CD´s sein. Davon scheint der eine B. Ahnung zu haben. Bohlen hat aber definitiv keine Ahnung von Musik, bei Bendzko bin ich noch nicht sicher. Eine Tendenz ist erkennbar. Das ausgerechnet Frau Steen das nun etwas bestätigt, tut mir nicht wirklich leid. Hoffe der Trend setzt sich fort und alle B. - produzierten Sachen gehen ähnlich den Bach runter. Damit doch solche B.s endlich verschwinden aus der Musiklandschaft und uns nicht weiter quälen.