laut.de-Kritik
Strip Down zwischen Country und Queen.
Review von Yan VogelEin guter Song funktioniert auch mit einfacher Akustik-Begleitung. Frei von Zierwerk musiziert Charlie Barnes in analog-akustischer Umgebung und weist jegliche Opulenz der beiden Soloalben More Stately Mansions" und "Oceanography" weit von sich.
Barnes steht in der Tradition von Muse. Ähnlich wie Posterboy Mat Bellamy hält er alle Fäden in der Hand. Die opulent orchestrierten Songs erfahren auf "Last Night's Glitter" einen Sound-Striptease. Auch die akustische Version in Verbindung mit der exaltierten Stimme schafft Atmosphäre.
Der Kammerpop erinnert an Sufjan Stevens, Rufus Wainwright, Father John Misty, Jonathan Wilson, Ben Howard oder Foxygen auf ihre Essenz reduziert. Akustik-Gitarre, Piano, dezente Streicher, Bläser-Einwürfe und schön gesetzte Chorpassagen bieten einen Kontrapunkt zur Wall Of Sound. Von einzigen Arrangements und Medley-Einwürfen einmal abgesehen, greift Barnes auf bewährtes Songmaterial zurück.
"The Weather" perlt mit dezenter Instrumentierung in einer Mischung aus Country und Queen in Sachen Chören aus den Boxen. "MacbethMacbethMacbeth" mit seiner jazzigen Harmonieführung in fin de siècle-Romantik passt wunderbar zur artifiziellen Stimme des jungen Briten.
Dabei wandelt der Multiinstrumentalist zwischen den Welten. In einem Moment steht er als Backround-Mucker für seinen Brötchengeber Bastille auf der Bühne. Im nächsten geht er seiner Herzensangelegenheit nach und verbindet auf seinen Solostücken Herz und Hirn auf eindringliche Weise. Der Titeltrack ist der einzig wirklich neue Song. Als narrative Folk-Ballade gestaltet, kündet er von diesem Wechselspiel aus Kitsch und Kunst.
Dabei steht dieser digitale Release frei von jeglichem Kalkül. Die Liebe zum Detail trägt auch die zehn sorgsam ausgewählten Songs. Nur, dass die Liebe diesmal nicht überwältigt und erdrückt, sondern Freiraum spendet.
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