laut.de-Kritik

Zu "Le Freak" stürmt plötzlich Slash auf die Bühne ...

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Es ist so eine Sache mit Legenden, deren Zeit vorüber ist. Entweder sie erfinden sich immer wieder neu, wie Madonna, Miles Davis und Sting es tun und taten. Oder sie bleiben Sklaven ihres verblassten Ruhms. Michael Jackson ist hier sicherlich das abschreckendste Beispiel. Sein Los teilen viele Heroen der 70er und 80er, die mit ihrer Musik einst Geschichte schrieben.

Da das Rad der Zeit aber nicht still steht, und damit auch die musikalische Entwicklung unaufhörlich voran schreitet, fällt die Musik der Helden von damals einem natürlichen Alterungsprozess zum Opfer. Auch wenn bei dieser Annahme Ausnahmen die Regel bestätigen, fällt die Musik von Chic diesen evolutionären Geschehnissen gnadenlos anheim.

Ihre große Zeit war Ende der 70er, Anfang der 80er mit Megasellern wie "Le Freak" oder "Good Times", dessen Basslinie sich Grandmaster Flash einst für "Rapper's Delight" auslieh, um damit den Hip Hop zu erfinden. Disco-Funk heißt die Genreschublade, die Chic maßgeblich mitgestalteten. Ihr Einfluss auf die Black-Music und Popmusikhistorie ist dabei unbestritten. 1983 löste sich die Band offiziell auf.

Nile Rodgers und Bernard Edwards, die kreativen Köpfe von Chic, sind jedoch alles andere als Stillstandsknechte. Als Knöpfchendreher im Hintergrund sind sie aus dem Musikgeschäft der letzten drei Jahrzehnte nicht wegzudenken. Zuletzt griffen Joss Stone und Maroon 5 auf die Dienste von Nile Rodgers zurück. Sein bassspielender Kollege Edwards starb bereits 1996.

Mit "Live At The Budokan" veröffentlicht Rodgers nun das letzte Chic-Livezeugnis seines langjährigen Weggefährten. Aufgenommen wurde das Tribute-Konzert zwei Tage vor seinem Tod, am 16. April 1996 in Tokio/Japan. Als Gäste gesellen sich die legendären Sister Sledge und Slash von Guns N' Roses auf die Bühne.

Nach der Chic-internen Eröffnung mit "Do That Dance" entern bereits nach knapp vier Minuten die drei Damen von Sister Sledge die Bühne. Ihr "He's The Greatest Dancer" geht noch in Ordnung. Die auf zehn unerträglich lange Minuten gedehnte Version von "We Are Family" nicht mehr. Bei aller Liebe zur Disco-Funk-Romantik, hier wird die Nostalgie-Willigkeit doch sehr in Anspruch genommen.

Immerhin erhebt sich das höfliche japanische Publikum dazu aus seinen Sitzen, um trotzdem wie angewurzelt vor den ihnen zugewiesenen Plätzen zu verharren. Man sollte Popmusikkonzerte einfach nicht bestuhlen. Auch nicht in Japan. Allen Animierungsversuchen von Nile Rodgers zum Trotz mag im Saal einfach keine wirkliche Tanzatmosphäre aufkommen. Schade eigentlich bei einem Disco-Funk-Konzert, das genau darauf hin angelegt ist.

Daran ändern auch "Dance, Dance, Dance", "I Want Your Love" und "Good Times" nichts, die Chic wieder ohne Unterstützung performen. Mit einer Überraschung wartet "Le Freak" auf, als zum Solo unvermittelt Slash auf die Bühne stürmt. Er weiß, wie Mann ein Gitarrensolo inszeniert, deshalb bekommt er gute drei Minuten dafür zugestanden. Sein Aussehen verleiht dem schicken Chic-Line Up etwas Skurriles und passt zum Songtitel wie der Senf zur Wurst.

Mit der anschließenden 15-Minuten-Version von "Chic Cheer" überstrapazieren Chick den 80er-Groove ein weiteres Mal, bevor "Just One World" die Zeitreise beendet. "Live At The Budokan" besitzt zwar enormen nostalgischen Wert. Die Zeiten, in denen die Musik von Chic wirklich etwas bewegen konnte, sind jedoch definitiv vorbei. Dennoch besitzt die DVD den Charme vergangener Tage, den das spärliche Bonusmaterial nur in geringen Maß zu steigern vermag. Es ist halt so eine Sache mit Legenden ...!

Trackliste

  1. 1. Nile Rodger's Intro
  2. 2. Do That Dance
  3. 3. He's The Greatest Dancer
  4. 4. We Are Family
  5. 5. Dance, Dance, Dance
  6. 6. I Want Your Love
  7. 7. Good Times
  8. 8. Le Freak
  9. 9. Chic Cheer
  10. 10. Just One World

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