laut.de-Kritik

Nicht mehr so verspielt, nicht mehr so verspult, mehr Pop.

Review von

Können zwei Schritte zurück einer nach vorne sein? Kann in der Rückbesinnung auf musikalisch eigentlich längst Vergangenes die Zukunft einer Band liegen? Einer Band, der man vor gerade einmal zwei Jahren andichten wollte, sie habe die Verbindung von Electronica und Rock erfunden? Und die damals schon sagte "ätsch - stimmt gar nicht. Wir sind ne Rockband" - und dies live immer wieder furios bestätigte. Wer weiß.

Fest steht jedenfalls, dass der allgemeine Tenor, ihr neues Album "Brace, Brace" sei strukturell wesentlich traditioneller geraten als der gefeierte Vorgänger "Lick Your Ticket" nur bedingt nachvollziehbar ist. Denn im Prinzip ist alles beim alten geblieben. Im positiven Sinne.

Klar, stimmt schon, insgesamt sind die Songs von "Brace, Brace" vielleicht ein wenig stringenter, weniger verspielt, bisschen weniger psychedelisch-verspult, doch könnte im Prinzip jedes Stück auch von "Lick Your Ticket" stammen. Zudem ist mit "Something More" ein Track vorhanden, der noch aus viel älteren Tagen stammt und lediglich neu abgemischt ist. Und noch immer vertreten die beiden Herren an den Synthies den fehlenden E-Bass auf das Vortrefflichste. Na denn, let's go Chikinki.

Und "Brace, Brace" startet stark. Catchy Gitarrenlick auf dem Opener "Sunrise", die fette Vorab-Single "You Said" folgt, dann kommt das bereits erwähnte "Something More". Die beiden letztgenannten sind schon mal ein wirklich munterer Einstieg und gehen gut in Ohr, Bauch und Bein.

Und es geht stark weiter. Gut, dass sich die Band ein bisschen Zeit gelassen hat, zumal die Versuchung, den damaligen Hype auszunutzen und gleich eine weitere Platte nachzuschieben, sicher groß war. Doch die Geduld hat sich gelohnt ... das neue Werk ist von vorne bis hinten bestens gelungen und eignet ganz hervorragend zum lückenlosen Durchlauf.

Überall verstecken sich kleine Pop-Perlen und lustige Space-Sounds und Lummer-Orgeln blitzen aus dem angenehm klaren Soundgewebe. Ruppert hat sich in Sachen Gesangsmelodien auch nicht lumpen lassen. Im Gegenteil, gerade in diesem Punkt hat sich die Band weiterentwickelt. Auch der noch stärkere Rückbezug auf herkömmliche Songstrukturen tut dem Album ganz gut. Als Highlights seien dabei u.a. "Hello Hello", "Thrill" und "Let It Go" genannt. Für diejenigen, die die etwas verspulteren Chikinki bevorzugen, sind auch ein paar Brettchen wie beispielsweise "Lies All Over My Eyes" dabei.

Unterm Strich steht dann, entgegen dem ewigen "Electronic trifft Rock"-Gefasel, eine astreine Pop-Platte, die sowohl die 60er, 70er, als auch 80er, 90er und die aktuelle Dekade zitiert, inhaliert, zerkaut und in hübschen Drei-Minuten-Päckchen mit einem Lächeln wieder ausspuckt. Rock? Ja. Elektronika? Ja. Pop? Jaaahaha. Doch wie sagten bereits kurz nach der VÖ von "Psycho Candy" die Göttlichen: "Pop is not a dirty word". Oder war es doch Rock ?

Trackliste

  1. 1. Sunrise
  2. 2. You Said
  3. 3. Something More(Envelopes And Spades)
  4. 4. A Little Time
  5. 5. Thrill
  6. 6. Like A See-Saw
  7. 7. Hello Hello
  8. 8. You Make It Look Easy
  9. 9. Lies All Over My Eyes
  10. 10. Let It Go
  11. 11. 2 Possible Worlds
  12. 12. Nasty Side
  13. 13. Oh My God
  14. 14. The Rain
  15. 15. Talk To The Moon

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