laut.de-Kritik
R'n'B-'Menschen Leben Tanzen Welt' mit toxischem Männlichkeitsideal.
Review von Yannik GölzEs gibt Dinge, nach denen hat einfach niemand gefragt. Ein ironisches Croc-Revival zum Beispiel. Oder 140 Minuten Chris Brown am Stück. Aber weil Gott tot ist, ist 2017 das Jahr, in dem beides Wirklichkeit wurde. Ganze 45 Anspielstationen kostet es Breezy, um seinen "Heartbreak On A Full Moon" musikalisch zu untermalen. Laszive drei Alben an Material über Nacht von einem Artist, der ohnehin nicht unbedingt durch Experimentierfreude oder eine breite musikalische Palette aufgefallen wäre.
Das Vorurteil bestärkt die Platte eindrucksvoll: Es werden zwar die Füße hier und da ein wenig in die obligatorischen Dancehall-Anleihen und den zumindest 2015 reüssierenden Major Lazer-Sound gedippt, meist aber macht sich Brown ein Dosenbier in seiner Konfortzone auf. Zwischen dem Stil von DJ Mustard, Southside und R. Kelly lebt es sich eben gemütlich, wenn man gut auf Fingerschnipser singen kann und nichts Substanzielles zu sagen hat.
Das unter dem Vollmond gebrochene Herz bezieht sich dabei auf eine ewig zwischen "Wir vögeln" und "Wir trennen uns" oszillierende, niemals genauer ausgemalte Beziehung zwischen dem Protagonisten und einer unbestimmten Anzahl skizzenhaft angezeichneter Partnerinnen. Die Frauen finden den Mann ganz gut – das habe ich so als primäres Fazit der zweieinhalb Stunden mitgenommen – aber er ist zu sehr Macho und Arschloch, um lange mit ihnen zusammen zu sein.
Solides R'n'B-Menschenlebentanzenwelt also, kann man machen. Wer die Musik von Chris Brown genießen will, ist eh meistens besser beraten damit, nicht so genau zuzuhören.
Trotzdem triefen Songs wie "Juicy Booty" vor Unausstehlichkeit. Gemeinsam mit Sympathiegenosse R. Kelly suhlt man sich hier genüsslich in all den toxischen Männlichkeitsidealen, die die beiden vermutlich an verschiedenen Punkten vor Gericht gebracht haben. Und auch wenn es sich fast schon wie ein Klischee anfühlt, in einem Text zu dem Mann den Rihanna-Vorfall anzubringen - irgendjemand im Studio hätte doch zumindest sagen können, dass "I am dangerous and you know it" nicht die optimale Zeile ist, um eine romantische Beziehung zu illustrieren. Vor allem wenn man Chris Brown heißt.
Naja. Moralische Aufrichtigkeit sucht vermutlich sowieso niemand, der "Heartbreak On A Full Moon" hört. Der kommt dann eher für den Wohlklang. Und zugegeben: Songs wie "You Like" machen griffigen, kontemporären Pop, "Lost And Found" spielt Synth-Sounds aus, die an Produktionen von Lil Uzi Vert oder Trippie Redd erinnern, Songs wie "Sensei" nehmen den ein oder anderen Trick aus dem Spielbuch von Drake oder Future. Gastauftritte von letzterem, aber auch Gucci Mane, Young Thug, Lil Yachty, Dej Loaf oder Jhene Aiko bieten dringend nötige Abwechslung von den Lead-Vocals. Die Produktion glänzt durch die Bank mit Kompetenz, macht aber auch wenig mit großartigem Eigenwert.
"Heartbreak On A Full Moon" geht Wege wie "More Life" von Drake oder das 90-Minunten-Werk von Jhene Aiko. Musik, die durch die Bank solide ist. Chris Brown entlockt seinen Stimmbändern verlässlich angenehm klingende Töne, die Produktion vermischt sich problemlos mit dem zeitgenössischen Mainstream. Das Album an sich ist Musik, zu der man auch mal weghören kann. Mal raus, eine rauchen. Kurz duschen. Zum Bäcker, Brötchen holen. Oder gleich zum Supermarkt oder in den Urlaub. Wenn man zurück ist, dudelt die Platte immer noch den gleichen Kram. Das Album fängt im schleppend unangreifbaren "ganz okay"-Terrain an und bleibt da. Wer sich nach verlässlich unaufdringlicher Hintergrundmusik sehnt, wäre hiermit genauso gut beraten wie mit vielen anderen R'n'B-Releases.
Wen es Richtung Mainstream zieht, der möge sich doch lieber das neue Projekt von Ty Dolla $ign anhören, wer es etwas fordernder mag, dem könnte man "Take Me Apart" von Kelela ans Herz legen. Das sind nämlich nicht nur fast zeitgleich erschienene, bessere R'n'B-Projekte, sondern auch wesentlich weniger unausstehliche Musiker. Im Grunde brauchte nämlich keiner "Heartbreak On A Full Moon". Ein Chris Brown sollte eigentlich da bleiben, wo die Gesellschaft auch Crocs hin verbannt hat. Aber so fair ist die Welt nicht.
6 Kommentare mit 2 Antworten
Chris Brown und R. Kelly- das R'n'B-Team des Grauens.
Lyrisch top!
Endlich Mal eine verdiente Wertung für diesen talentlosen Lümmel hier auf laut.de.
Den 2ten Punkt gibt es auch nur für seine stabile Einstellung Frauen gegenüber und weil er stellenweise ganz passabel klingt.
wenn wir ehrlich sind, sind chris brown und r.kelly wahrscheinlich die miesesten und kriminellsten(kriminell verwerflichsten) Sauhunde, die das "Biz" aktuell zu bieten hat, oder? und das sind nicht mal "gangsta-rapper"
Beifall !! großes Lob !!!
Einfach nur Schwachsinn
Dann hör dir das Album nicht an, wenn du ein Problem damit hast und hör auf Leute im Internet vollzuweinen
wunderbare Aufzugmusik, tolle lyrics!