laut.de-Kritik
Der schottische Synthpop überlebt den Bloghype meisterlich.
Review von Anne NußbaumWer es auf BBCs "Sound of 2013"-Liste schafft, hat schon mal eine gute Startposition inne. Der Aufstieg in der Blogosphäre mit entsprechend respektablem Rummel ist dafür Grundvoraussetzung. So auch bei Chvrches, die den mittlerweile fast schon klassischen Weg des Bloghypes hinter sich haben und sich nun mit ihrer Debüt-LP an den hochgelegten Maßstäben messen lassen müssen.
Das ist die bittere Ironie des Bloghype-Phänomens: Die Kunde einer kleinen Band, die das Versprechen von größtmöglicher Originalität und Independent-Charme einzulösen scheint, gelangt durch stetes Kolportieren im WWW irgendwann auf besagte BBC-Liste, dann aufs SXSW in Austin und anschließend in die Maschinerie der Musikindustrie, wird vom Major geschluckt und einmal durch den Mainstream-Fleischwolf gedreht. Was bleibt da von anfänglicher Indie-Credibility noch übrig?
Oft genug verschwindet mit dem ersten Output auf Albumlänge die Band so schnell wieder in der Versenkung, wie sie aufgetaucht ist. Chvrches wäre durchaus anderes zu wünschen: Das Trio um Sängerin Lauren Mayberry legt mit ihrem Erstling ein durch und durch zugängliches Album vor. Der Titel "The Bones Of What You Believe" klingt fast nach Manifest, nach Erschütterung oder Bestätigung grundfester Glaubenssätze.
Ersteres ist der Fall, legt man die Erwartung zugrunde, die Band hätte um die drei Vorab-Singles "Lies", "The Mother We Share" und "Recover" bloß Filler an Filler gereiht, der zynischen Logik des Bloghypes inklusive Major-Vertrag folgend. Die wird glücklicherweise enttäuscht. Vielmehr stellen die Auskopplungen die Richtschnur für die restlichen neun Stücke der Platte - denn die Qualität dieser drei hält sich auf Albumlänge stabil.
Alle drei Auskopplungen bringen das mit, was perfekt inszenierter Synthpop heutzutage braucht, ohne dabei die Referenzpunkte der Vorbilder aus den Augen zu verlieren: ausschweifende Synthie-Akkordfolgen und -Flächen als Unterbau, darüber kindlich süße Mädchenstimmen, zackige Hi-Hats, mal träge, mal stampfende Beats und gechoppte Vokalsamples. Ein über-eingängiger Refrain und Takt um Takt zunehmende Effektdichte führen die Mischung aus Lieblichkeit und Melancholie zur Vollendung.
Songstrukturell einfach und im besten Sinne poppig gehalten, ist jeder Song eine kleine Hymne. Mit weniger geben sich die drei SchottInnen nicht zufrieden. Nicht kleckern, sondern klotzen lautet die Devise, die in verschiedener Form aus den Boxen prasst: glockenklares Trillieren ("Under The Tide"), funkelnde Arpeggien ("Recover"), üppiger Hall und Reverb ("Tether") - bloß keine falsche Scheu vor Opulenz.
Dick aufgetragen hin oder her: Wenn Chvrches die Zutaten makelloser Synthiepop-Gassenhauer beisammen haben und so gekonnt vermengen, warum sollte man sich dann nicht einfach mal dem Genuss von Prunk und Pathos hingeben? Selbst wenn die Komponenten stets ähnlich sind: Über die Platte verteilt, in unterschiedlicher Gestalt und Dosierung, machen sie zwölf Instant-Hits aus, die allesamt das Schwelgen in ornamentaler Erhabenheit bis zur Meisterschaft zelebrieren.
Die Band versteht sich auf die mustergültige Synthese von Mehrheitspop und effektverspielter Elektronica, von Massenappeal und Individualität. Und so transportieren auch sie noch ein Stück der anfänglichen Glaubwürdigkeit von den Glasgower Undergroundclubs bis auf die Bühnen des T In The Park, vom Independent Neon Gold bis zum Major Universal.
"All that's golden is never real", singt Mayberry in "By The Throat". Hier aber vielleicht doch, hofft man angesichts der strotzenden Synthie-Goldstücke, die erst zum jähen Stillstand kommen, als der Abschlusssong einsetzt: Der Puls wird ruhig, das Tempo fährt angenehm herunter. In fast schon
10 Kommentare mit einer Antwort
sehr schönes Album, das nach ein paar Mal hören immer eingängiger wird
Ein wunderbares Album. Endlich wieder gute Newcomer im Synthpop-Bereich, nachdem man von La Roux ja leider nichts mehr hört.
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.
Ultra langweilig. So sollen die Retter des Synthpop aussehen? Dann lieber Synthpop beerdigen.
habe es mir vorhin angehört: Hatte den hype wohl verschlafen
Und was soll ich sagen? Ich hatte nichts verpasst! Eintönig, zumeist langweilig...
Mir gefällt es ziemlich gut. Nur bei den letzten Songs haben sie teilweise mit den Effekten etwas übertrieben.