laut.de-Kritik

Die heilige Dreifaltigkeit aus Gwalla, Girls und Gras.

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Kaum ein halbes Jahr ist vergangen, seit Crack Ignaz mit "Kirsch" den zuckersüßen Soundtrack zum Sommer lieferte. Statt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, schließt sich der König der Alpen lieber mit Kumpel Wandl in dessen Wiener Crib ein und serviert den nächsten Beweis: Österreich hat die Freshness gepachtet.

Wer erwartet, dass der Salzburger nach den berechtigten Lobeshymnen einfach einen lauen Aufguss des Altbekannten liefert, unterschätzt den Blondschopf. Denn "Geld Leben" ist alles, was "Kirsch" nicht war: Mies gelaunt, raw und dreckig. "Leut sind schon beleidigt, wenn i den Raum betritt / Weil i ihr Ego schon alleinig mit dem Outfit fick’" ("Moch Cash").

Ignaz bewahrt sich zwar immer das Lächeln auf den Lippen, ist aber lange nicht mehr nur Austrias Sweetheart: "I häng mit Killern, ned mit Hipsterkindern / Fake-Image, und oll die ondren Hipsterdinger / AMK, i rasier di wirklich mit der Klinge / Du kriegst Angst, wenn die Hawas an der Haustür klingeln".

Aggression erweitert die Figur Crack Ignaz um eine weitere Facette, die man so vom Österreicher bisher nicht kannte. Trotzdem bewahrt sich Pretty Falco die Stärken, die ihn im letzten Jahr zu einem der heißesten Newcomer machten. Thematisch dreht sich immer noch alles um die heilige Dreifaltigkeit aus Gwalla, Girls und Gras. "Schau i work die Pussy, bis sie nimma gehen konn' / Bis sie glaubt, dass sie ohne mi nimma leben konn' / Exotische oder die, die aus der Gegend san' / Ich schwör da Ignaz liebt jede, Mann."

Die Lässigkeit, mit der Ignaz wahlweise die Damenwelt bezirzt, Szene-Fuckboys beiseite wischt oder auf dem Sofa lila Weed harzt, verleiht "Geld Leben" großen Unterhaltungswert. Wenn "jeder Realkeep-Schwachmat" missachtet wird, kommt man auch mit Vergleichen à la "Hab die Haa' neu so wie Vietnam" durch.

Die grundlegendste Veränderung zu "Kirsch" findet aber nicht hinterm Mic, sondern an Wandls Drumcomputer statt. Nach Synthie-Bangern à la "Grüne Dächer" sucht man vergeblich. Der Wiener bastelt lieber zusammengefrickelte Beatskizzen, die vor Kreativität und Ideenreichtum förmlich überquillen.

Ignazius nutzt die Gelegenheit, in neuem Licht zu glänzen und flowt auch über die Sample lastigeren Beats völlig mühelos. Dass der junge Österreicher rappen kann, ist keine Überraschung. Wie verdammt talentiert und vielseitig sein Producer-Buddy ist allerdings schon.

Mal gräbt Wandl für "James Dean" oder "Zwei Null Neun" wunderschöne Laid-Back-Samples aus, mal prägen bitterböse Drums das düstere Bild ("Zähne & Augen"). Die Platte nimmt sich sogar die Zeit, das Scheinwerferlicht mit reinen Instrumentals ("Fenster", "Aeroplane") freistehend auf Wandl zu richten.

Der Wiener hat es sich redlich verdient auf "Geld Leben" als Interpret auf dem Cover zu prangen, trägt er doch mindestens genauso großen Anteil an der Großartigkeit der Platte, wie ihr charmanter Protagonist.

Anfangs mag "Geld Leben" noch vor den Kopf stoßen. Der soundtechnische Sprung zu "Kirsch" kam zu unerwartet, um sofort in Ekstase zu verfallen. Macht man sich jedoch frei von allen Erwartungen, wächst die Erkenntnis, dass den beiden "Gödlife Pretty Boys" momentan fast alles gelingt.

Sie schaffen nach "Kirsch" den nötigen Freiraum, um sich auf neuem Terrain auszutoben. Ignaz erweitert dabei nicht nur sein musikalisches Sprektrum. "Geld Leben" verleiht seiner Figur eine Unberechenbarkeit, dank derer er mit einem lockeren Schulterzucken Nischen sprengt, wenn es ihm denn gerade so in den Kram passt.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Moch Cash
  3. 3. Lila Lila
  4. 4. California Lounge
  5. 5. Zwei Null Neun
  6. 6. Hello Kitty
  7. 7. Euros
  8. 8. Pluto
  9. 9. Rawness
  10. 10. Fenster
  11. 11. Aeroplane
  12. 12. James Dean
  13. 13. Wandl Crib
  14. 14. Gödlife Pretty Boys
  15. 15. Schwarze Dühnen
  16. 16. Zähne & Augen
  17. 17. Wellen
  18. 18. Ikarus

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