laut.de-Kritik

Hat Danzig noch alle Leichen im Keller? Nein!

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Spricht man über Danzigs Schaffen in den letzten knapp 20 Jahren, schnellt eher die Augenbraue nach oben statt der Mano Cornuta. Zu viel Blech zwischen Goldstücken, zu mies der Sound und zu viele unsympathische Momente schlagen zu Buche. Ausgerechnet "Skeletons", eine reine Coverscheibe, soll nun den Karren aus dem Dreck ziehen. Trotz vereinzelt guter Ansätze scheitert die Platte an ihrer durchschnittlichen Umsetzung.

Hat Danzig noch alle Leichen im Keller? Nein! Und das ist als konzeptionelle Grundidee erstmal gut so. Danzig: "Ich habe das Album deshalb so genannt, weil es um meine Leichen im Keller geht. Es geht um das Ausgraben geliebter, alter Songs. Das sind meine Leichen im Keller. Es ist die Musik, mit der ich aufgewachsen bin, die Basis und das Skelett. Ohne diese Lieder wäre ich nicht der Glenn Danzig geworden, der ich heute bin."

Passend zu Vorhaben und Zeitreise inszeniert er das Albumcover als Zombiereferenz an Bowies "Pin Ups". Erstmals seit Jahrzehnten legt er dafür das alte Misfits-Make-Up wieder auf. Doch genau wie seinerzeit beim Thin White Duke geht auch hier die musikalische Rechnung nicht auf.

Die Auswahl der Kandidaten und Songs ist auf dem Papier aller Ehren wert. Man freut sich auf "Killer Wolf"-Variationen von Black Sabbath, den Everly Brothers, ZZ Top, Aerosmith oder Elvis Presley. Zumindest gesanglich lässt Danzig auch nichts anbrennen. Die Stimme an sich klingt kräftig und charismatisch wie eh und je. Danzigs erschreckende Ideenlosigkeit und die schlimme Überforderung seiner Mitstreiter versenken das ambitionierte Vorhaben aber wie einen rostigen, alten Seelenverkäufer.

Aura, Atmosphäre und das dunkle Charisma seiner ersten vier Platten: Alles weg. Der alte Produzenten-Lehrmeister Rick Rubin natürlich auch. Obwohl Stücke wie die Presley-Nummer "Let Yourself Go" oder ZZ Tops "Rough Boy" nach Arrangements der Düstermarken "How The Gods Kill" oder "Mother" geradezu schreien, ersaufen Danzigs Versionen in provinzieller Metal-Soße, was auch an den Mitstreitern Tommy Victor (Prong) und Johnny Kelly (Type O Negative) liegt.

Jeder Dorfmetal-Kapelle wäre zu Aerosmiths "Lord Of The Thighs" mehr eingefallen. Einzig die schnelleren Tracks à la Misfits ("Devil's Angels") meistern sie einigermaßen, wobei "With A Girl Like You" vom Chef selbst eingetrommelt wurde. Das Sabbath-Cover "N.I.B." würde sogar Tony Iommi zum Lachen bewegen. Leider unfreiwillig. Lebt das Original besonders von Ozzy Osbournes quietschenden Vocals zwischen Wahnsinn und Hundespielzeug, singt ausgerechnet ein (ehemaliger) Meister des gehobenen Soziopathen-Rocks hier so hölzern wie ein Nussknacker.

Das unausgegorene Mixing von Chris Rakestraw (Soulfly, The 69 Eyes, Children Of Bodom, Parkway Drive) holt da auch keine Kohlen mehr aus dem Feuer. Nur "Crying In The Rain" (Everly Brothers) verzichtet auf ödes Geschmirgel und bietet dämonische Melancholie zu ausdrucksvollen Gesang zwischen kummervollem Stolz und abgerockter Resignation. Eine erfrischende Alternative zur mädchenhaften Jammertüten-Version A-Has und ein gelungener Gegenentwurf zum Original.

"Bei Coverversionen kann es nur heißen: Mach sie dein oder lass sie allein!", kündigte Danzig im Vorfeld vollmundig an. Er schafft es mit genau einem Lied.

Trackliste

  1. 1. Devil's Angels
  2. 2. Satan (From Satan's Sadist)
  3. 3. Let Yourself Go
  4. 4. N.I.B.
  5. 5. Lord Of The Thighs
  6. 6. Action Woman
  7. 7. Rough Boy
  8. 8. With A Girl Like You
  9. 9. Find Somebody
  10. 10. Crying In The Rain

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10 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    ...was halt alles echt so wahr wie traurig ist, v.a. bzgl. Tommy Victor. Als ich vor gut 20 Jahren selbst erste Gehversuche mit elektronischen Saiteninstrumenten wagte, waren die Outputs von Bands wie Prong, helmet und Faith No More aus der ersten Hälfte der 90er für mein Vorankommen unverzichtbar. Gleich mal die Feierabendler in den umliegenden Wohnungen mit der "Cleansing" nerven...

  • Vor 9 Jahren

    Habs mir jetzt nochmal in Ruhe angehört: Die Band im Gesamten ist einfach nur zum Kotzen (ohne Glenn natürlich). So eine unmusikalische vor sich hin rumpelnde Truppe erlebt man selten. Der Gitarrist ist natürlich die Krönung. Seitdem er endlich Flageoletts beherrscht, müssen diese natürlich in Dauerschleife in jedes verfickte Lied! Bei dem absolut sinnfreien und unpassenden Gequietsche in "Rough Boy" krieg ich echte Aggressionen! Dann die Rhythmik in "Crying in the Rain": Kann doch nicht sein, dass der Arsch sogar das einzige nicht Flageolett/Downtuning-Lied versaut. Aber die absolute Krönung ist wirklich das Solo in NIB. Unfassbar gut und der endgültige Beweis wie hochmusikalisch der Mann ist! (Siehe dazu auch die Soli auf Deth Red Sabaoth)
    Jetzt wo Glenn selbst mit uninspirerten Songwriting mal nichts versauen konnte, weil die Songs im Gesamten sehr gut gewesen wären, sorgen die Jungs wieder für den Totalausfall.
    Meine Vermutung ist, dass der unheilige Fleischklops so lange nach Musikern gesucht hat, die sich ihre Arbeit mit null Tantiemen und der totalen Meinungsdiktatur und Launenhaftigkeit vom Gott persönlich bezahlen lassen, dass er letztlich bekommen hat was er verdient: Die letzte Gurkentruppe. Leute die gut sind, wollen normal halt auch entsprechend entlohnt werden, Mitspracherechte etc.. Es bleibt zu hoffen, dass jmd. die solo Vocalspuren aus dem Studio rausschafft und teilt. Dazu ein paar Instrumentals ala "You and Me (Less than Zero)" rausgehauen und schon hätten wir ein spitzen Danzig Album.

    Wer jetzt noch Hoffnungen auf das Elvis Album setzt, ist ganz schön zäh. Glenn wird nicht kapieren, dass man für ein gutes Album gute Musiker braucht und es ist kein Rick da der es ihm sagt. Es wird ein noch größeres Desaster werden, weil er einen noch billigeren Produzenten finden wird und sagen wird er wolle nicht etwa Geld sparen sondern den Sound der Misfits feiern. Klar. Das Lied was im Elvis Radio lief, war ja schonmal ein guter Vorbote des Grauens. "Always On My Mind" wird dagegen garantiert wieder das einzige Flageolett-freie Lied sein während Tommy und die Band auch da wieder so unfassbar unrhythmisch spielt, dass es einem kalt den Rücken runterläuft.
    Auf das damals angekündigte (akustische) Blues Album, mit richtigen Blues Musikern, braucht man wohl nicht mehr zu hoffen. Die waren wohl zu teuer, oder haben wiedersprochen.

    Das schlimmste an der Sache ist, dass es nicht mehr viele Möglichkeiten gibt. Zur Reunion wirds nicht mehr kommen und Rubin wird auch nicht auf Knien zum Meister gerutscht kommen. Wenn man den Zeitlichen Abstand der letzten VÖs betrachtet, gibt es (ähnlich wie bei Metallica) noch die Chance auf ein - im Extremfall zwei - reguläre Studioalben, dann wars das. Und wer will schon glauben, dass da von selbst noch was passiert? Covers wären eigtl. die Chance gewesen. Gutes Songwriting trifft auf legendäre Stimme. Professionelle Studioband spielt schnell die Instrumentals ein. Danzig haut schnell die Vocals raus. Fertig. Tja...

  • Vor 6 Jahren

    Die vielen Kritiker hier sollten nicht vergessen das Skeleton ein Punkalbum ist und Danzig deshalb gar keine Lust hat so gut wie die Originale zu klingen.