laut.de-Kritik
Der Twisted Sister-Sänger macht jeden zum Hurricane.
Review von Manuel Berger"We Are The Ones", sein 2016 veröffentlichtes Soloalbum, sorgte doch eher für Ernüchterung, statt dass es einen vielversprechenden Ausblick auf Dee Sniders Zukunft nach Twisted Sister geboten hätte, die nur einen Monat später ihr letztes Konzert spielten. Zu zahnlos gerieten damals die Kompositionen, symptomatisch dafür steht eine laue Pianoversion von "We're Not Gonna Take It".
"For The Love Of Metal" dagegen strotzt nun nur so vor Kraft und Selbstbewusstsein. Hundertprozentig überzeugen die Songs zwar auch hier nicht. Der Qualitätsdaumen zeigt unterm Strich aber dennoch nach oben.
Zu verdanken ist das wohl vor allem Jamey Jasta. Der Hatebreed-Zwuckel forderte Snider vor einiger Zeit in seiner Radioshow dazu heraus, ein Metal-Album aufzunehmen. Praktischerweise schrieb er die Songs dafür gleich selbst und produzierte das Teil auch noch.
So überrascht es kaum, dass auf "For The Love Of Metal" auch einige Hardcore-Punk-Einflüsse erklingen. Gleich der Opener "Lies Are A Business" transportiert gehöriges Oldschool-Mosh-Feel. Insgesamt dominiert jedoch Thrash. In Riffs und Leads sagen oft Annihilator hallo, als Musterbeispiele dienen der Titeltrack und "Running Mazes".
Wie bei nahezu jedem anderen 80er-Metal-Revival unvermeidbar, ist die Gitarrenarbeit à la Iron Maiden. "Lies Are A Business" legt hier erneut prototypisch los. Neuzeitlichen Elementen verschließt sich Team Snider dabei aber keineswegs: Wie "Mask" traditionelle Tugenden in modernem Metalgewand präsentiert, erinnert an Trivium. Mit Gast Howard Jones (Light The Torch, Ex-Killswitch Engage) weht etwas Metalcore durch "The Hardest Way" – instrumental und kurz auch gesanglich.
Snider powert souverän durch die härteste Musiksammlung seiner Karriere. Der im Vergleich zu sonstigem Schaffen wesentlich Distortion-lastigeren Basis passt er sich gekonnt mit erhöhtem Druck in der Stimme an. Gerade die "For The Love Of Metal"-Strophe weckt Neugier, wie Snider wohl geklungen hätte, hätte er erste Banderfahrungen in der Bay Area der frühen 80er statt im New York der 70er gesammelt.
Obwohl der Fokus klar auf härterem Metal liegt, als man von Snider gewohnt ist, verzichtet der Twisted Sister-Chef nicht auf typische Momente. Große, simple, in der Regel sofort mitsingbare (und bis zur Beinahe-Übersättigung wiederholte) Refrains gibts auf "For The Love Of Metal" zur Genüge. Am Ende ist jeder ein "Hurricane!", nicht nur die "force of nature" Dee Snider.
Zu meckern gibts trotzdem. Professionelle Ausführung hin oder her: Die Songs haben Baukastencharakter, oft wirkt es als hätten die Tracks schon eine ganze Weile in der Schublade geschlummert, ehe Jasta sie für das Albumprojekt entstaubt hat. Sie sind gut, aber eben auch weit entfernt von Bandfeeling. Keines der Stücke sagt aus: Das ist ein Dee Snider-Song. Vor allem empfehlen sie Jasta als Ghostwriter für Casting-Bands.
Solche brauchen natürlich die obligatorische Powerballade. Auf "For The Love Of Metal" heißt sie "Dead Eyes (Love Thy Enemy)" und featuret Arch Enemys Alissa White-Gluz mit Klargesang. Ob die sich angesichts des artig schematischen Aufbaus wohl an ihre Tage bei "Canadian Idol" erinnerte? Dort käme Snider sicher auch mit Zeilen à la "Sometimes we suffer / That's how we get tougher" ("Become The Storm") durch.
So fehlt dem Album leider musikalisch etwas die Seele, auch wenn man Snider die Leidenschaft in den Vocals deutlich anhört. Aber gut, das Ding heißt "For The Love Of Metal", und der Sänger machte im Ankündigungsvideo einen auf Manowar: "I'm OG! I helped destroy the Woodstock nation! We loved metal before it was metal." Bevor man sich im Anschluss daran mit etwas Unmetallischem Blöße gibt, geht man eben lieber auf Nummer sicher und arbeitet mit guten Blaupausen.
2 Kommentare
auch wenn nicht jeder schuss von mr snider immer ins absolut schwarze trifft: das ist so ein typ, den man einfach lieben muss. ich jedenfalls.
allein schon der humor seine radioshow (die damals wirklich lohenswert war) selbstironisch "the house of hair" zu nennen, macht ihn sympathisch.
auch diese vielseitige umtriebigkeit, einerseits einen horrorfilm wie "strangeland" zu schreiben, zu spielen, sich nebenbei einen ausflug gen düsteren industrialmetal zu gönnen und gleichzeitig ein niedliches weihnachtslied zu verfassen, dass er dann auch noch celine dion andreht - ziemlich untopbar.
Wie man so weit falsch liegen kann mit einer Rezension ist schon unglaublich. Denn das ist das beste Metal ALbum in 2018 mit Abstand! Jeder Song ein Hit, ja Jamey Jasta und??? Er hat Dee alle seine Hits gegeben. Wie geil ist das denn!? Es läuft immer noch bei mir, jede Woche! Hör noch mal rein, denn du liegst falsch aber sowas von. Amen