laut.de-Kritik

Dem alten Fuchs fallen langsam die Zähne aus.

Review von

Curse, MC Réne, Blumentopf und nun Denyo bringen nach Jahren neue Alben raus. Was am Ende dabei rumkommt stellt niemanden so wirklich zufrieden. Die alten Hasen - oder Füchse - des deutschen Hip Hop bekommen alle den selben Vorwurf zu hören: dass sie die momentane Erfolgswelle, auf der Deutschrap in die Charts surft, nur ausnutzen.

Fans der ersten Stunde vermissen den Sound von damals. Den A$AP-pumpenden Kids, die gerade Rap entdecken, sind genannte Spitter sowieso nicht hip genug. Denyo ist einer dieser in die Jahre gekommenen MCs. Der Beginner hatte seine größte Zeit an der Seite von Jan Delay in den Neunzigern. Mittlerweile geht er auf die 40 zu, und das hört man seinem neuen Album "Derbe" auch an.

Schon der erste Track "#derbe" vereint alles, was man bei einem Deutschraptrack anno 2015 nicht hören will. Der sphärische Hypnose-Beat, nerviger Autotune und der peinliche Internetslang klingen zusammen so frisch wie die abgelaufene Dose Ravioli ganz hinten im Kühlschrank. "#flashback", "#anarchie" "#hundeallergie" - mit der "Hashtag"-Lawine schlittert Denyo ungefähr zwei Jahre am Zeitgeist vorbei.

Auf "Kein Bock" gibt Denyo den genervten Kanye und echauffiert sich über nervige Dummschwätzer, die Prominenz nun mal anzieht. "Und du fragst mich wie es Jan geht", diese Frage scheint dem 38-Jährigen gehörig die Laune zu vermiesen, stand er doch schon zu Beginnerzeiten immer ein wenig in Delays Schatten. Die überaus erfolgreiche Solokarriere seines Kumpels dürfte ihr Übriges dazu beigetragen haben. "Ich bleib stumm, doch leider nicht taub / Typ, ich hab kein Bock". Neben Jan Delay zaubert er dafür immerhin einen überraschenden Featuregast aus dem Hut, Sido spendiert aber einen eher lahmen Part.

Von den Instrumentals, die Denyo zusammen mit seinem Produzenten Symbiz für "Derbe" gebastelt hat, bleibt nur wenig hängen. Wenn dann mal ein Brett wie "Space Jam" kommt, steigt die Hoffnung des Rap-Fans auf einen richtigen Kopfnicker-Track. Schade, dass Denyo hier nie wirklich zur Geltung kommt. Ihm fehlt es sowhl an stimmlicher Präsenz als auch an der richtigen Betonung.

Der alte Fuchs wirkt teilweise zahnlos wie Oma am Festtagsbanquet, wenn sie vergessen hat genug Haftcréme auf die Dritten zu schmieren. Auch textlich macht der "außerirdisch-geile Sound" keine große Welle: Die zusammenhangslosen Wortfetzen wirken wie Handy-Notizen, die der Hamburger ab und an in sein iPhone getippt hat. Zeilen wie "Gib mir noch ein Drink Mann, ich bin nicht breit / Ich komm mit Strobolichtgeschwindigkeit / Captain Future Sound in deinem Club / Kosmischer Nebel macht sich breit" zünden einfach nicht.

Dass das Album usprünglich als Ep geplant war, fällt spätestens bei Lückenfüllern wie "Hübsche Frauen" auf. Fragen wie "Warum sind hübsche Frauen bloß so verdammt teuer?" sind an Redundanz nur schwer zu übertreffen. "Ich brauch 'n Kredit, denn ich bin verliebt". Echt jetzt? Denyos State of Mind zum Thema Frauen wirkt alles andere als zeitgemäß. Ich bezweifle, dass der Wahl-Berliner tatsächlich schon im Jahr 2015 gelandet ist.

"Hip-Hop das ist, wovon Papa lebt und auch du" singt der dritte Featuregast Torch in der Hook zu "Papa". Falls das wirklich der Wahrheit entspricht, muss sich Denyos Sippschaft bald auf einen weniger dekadenten Lebensstil einstellen, denn mit "Derbe" misslingt das große Solo-Comeback. Der Beginner sprechsingt sich durch die Zeilen an seine Tochter, die erklären sollen, womit der Papa denn sein Geld verdient. Das Wichtigste bleibt dabei auf der Strecke: Sein jugendlicher Flow ist ihm in den letzten Jahren abhanden gekommen. Ob als Radiomoderator, Host der Vox-Sendung "Cover My Song" oder DJ für das Beginner-Soundsystem: Denyo war viel unterwegs und hat wohl vergessen sich, ab und an in der Kunst des Sprechgesangs zu üben. Und das macht sich "Derbe" bemerkbar.

Immerhin bei den fetten Representern "Elbtunnelblick" und "Reloaded" lässt Denyo etwas von seinen Qualitäten am Mic durchscheinen. Auch wenn bei Ersterem die nervtötende Hook den Gesamteindruck etwas trübt, überzeugt er hier noch am ehesten. Da wird fast schon so etwas wie Vorfreude auf ein neues Beginner-Album geweckt. Diese ertränkt der Hamburger dann auch gleich wieder bei "Draußen Im Grünen". Mit dem Laid-Back-Sample plätschert das Album langsam dem Ende entgegen, was bleibt ist die Erkenntnis: Der "alte Fuchs im neuen Fell" erlebt mit "Derbe" sicher keinen "zweiten Frühling".

Denyo macht wenig besser als seine alternden Kollegen: Der 38-Jährige wäre gut beraten gewesen, den Longplayer wie geplant als EP unters Volk zu bringen. Am Format eines Albums scheitern die zehn Tracks dank zu viel Autotune und fehlender Abwechslung. Denyo hat in der Vergangenheit bewiesen, wie talentiert er ist, davon ruft er auf "Derbe" allerdings zu selten etwas ab.

Trackliste

  1. 1. #Derbe
  2. 2. Kein Bock (feat. Jan Delay & Sido)
  3. 3. Gegenwind
  4. 4. Space Jam
  5. 5. Hübsche Frauen
  6. 6. WrkHrd
  7. 7. Papa (feat. Torch)
  8. 8. Reloaded
  9. 9. Elbtunnelblick
  10. 10. Urlaub Im Grünen

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Denyo

Im Sommer 2009 tritt ein unbekannter Singer/Songwriter auf den Plan. "Suchen Und Finden" nennt er sein Debüt und erklärt: "Ich steh' halt auf diese …

18 Kommentare mit 116 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    Ich weiß nicht wie "laut.de" auf 2 Punkte kommt. Das ist eine Schande. Jeder der ein bisschen Plan von Musik hat, vllt. schonmal ein Tarkovsky Film geguckt hat und als Kind Evanesance in der Prosieben-Werbung gut fand (Ich steh unter Böhmermann-Schulz'schen Humor am Sonntag), gibt diesem Album 5 Sterne. Außerdem ist der Mann Philosoph, das merkt man an seiner Musik. Zukunftsweisend, ihr musikcracks, erinnert euch an meine Worte: zukunftsweisend!

    • Vor 8 Jahren

      glaube dein großes idol wäre mit deinem herumgewüte hier nicht sonderlich einverstanden. denk mal drüber nach. ansonsten liegst du natürlich komplett falsch. die zukunft ist für den rapper denyo schon lange vorbei und diese wacke album kann man höchstens als mundfauler aff ertragen

    • Vor 8 Jahren

      was ist mundfauler aff? Welche Zukunft? welcher Rap? Welches Idol?
      Für mich gibt es nur Kunst, Denyo ist ein Künstler. #gibdemsodbrennhahnzucker

    • Vor 8 Jahren

      weil denyo eine cd veröffentlicht, ist er für dich gleich ein künstler? merkwürdige definition. du hingegen bist entweder ein fake oder ein mundfauler aff. such dir was aus

    • Vor 8 Jahren

      das ist der formelle kunstbegriff, den du da ansprichst (nicht ich). Es gibt verschiedene Kunstbegriffe. Nehmen wir einmal den, dass der künster seine eindrücke und erlebenisse in das kunstwerk steckt. Für denyo ein klares +. Schließlich kann man auf den objektiven Gehalt abstellen und sagen, dass dem Kunstwerk ein fortgesetzter Interpretationsgehalt zu entnehmen sein muss. Das liegt im Auges des Betrachters, und hängt wohl davon ab, welchen künstlerischen Anspruch man dem objektiven Beobachter zuschreibt (vllt. über Prinz-Pi-Horizont hinaus). Ob Kunst gut ist oder nicht, ist Geschmackssache. Darüber streitet man bekanntlich nicht. Ich soll ein fake sein? Warum schreib ich dir dann du hohles stück. Scheinbar bin ich intelligenter als du.

    • Vor 8 Jahren

      Dieser Kommentar wurde entfernt.

    • Vor 8 Jahren

      Yo Hannes, deine Intelligenzthese wird durch deinen spitzenmäßigen Ironiejoke (1 Kommentar weiter unten) und die Tatsache, dass du jedes Mal auf Sodhahn reinfällst, nicht gerade untermauert.

    • Vor 8 Jahren

      reinfallen? was soll das denn bitte bedeuten?

    • Vor 8 Jahren

      Tatsächlich gebe ich es nur an dich zurück Craze, du bist ein totaler Mongo, wenn du aus deiner subjektiv-schlitzverengten Sicht behauptest Konsens konstatieren zu können. Auf Intelligenz bestehe ich nicht für Leute, die zumindest normal kritisieren können. Dann danke für diese wertvolle Community. Nie mehr wieder.

    • Vor 8 Jahren

      hach wie emotional..

    • Vor 8 Jahren

      Haha, ich würde ihnen gerne mit Mord drohen, aber ich tu es nicht, hahaha, versteht ihr wie ironisch ich bin? Nein? Dann guckt mal in Paragraph 285 Absatz 4 der StGB. Ich bin so meta, Alter!

      Hurensohn.

    • Vor 8 Jahren

      lieber Morpho ich werde deine IP Adresse verfolgen lassen und dich anzeigen. Da kannst du dir sicher sein. 285 IV bezieht sich auf irgendetwas mit Glücksspiel, 185 StGB kenne ich dagegen sehr gut. Diesmal hast du Pech gehabt, du Lümmel. Da nützt das Löschen durch den Betreiber hier auch nichts mehr, der Beleidigungstatbestand steht.

    • Vor 8 Jahren

      und noch etwas: falls du dich in irgend einer Weise dazu berufen fühlst, hier stellvertretend für andere mich in harschem Tonfall anzuklagen. Ich bin mit Torch und Stieber Twins groß geworden und kenne einige der Homies gut von früher. Genauso wie der Rezensent eine Schande ist, bist du es mit deinen Äußerungen. Weder im Tonfall, noch aufgrund meiner Äußerung hast du Grund mich so anzugreifen. Früher hättest du auf der Straße direkt eins in die Fresse bekommen.
      -Leidest du an Adipositas mit deinem Astra in der Hand?

    • Vor 8 Jahren

      wenn ich will kauf ich mir ein auto, wenn ich aber sechs will kaufe ich mir sechs

    • Vor 8 Jahren

      @hundi

      gibts jetzt sowas wie ne lotterie am pfandflaschenautomaten ?

    • Vor 8 Jahren

      nö, aber zitate. die gibts schon länger

  • Vor 8 Jahren

    Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.

  • Vor 7 Jahren

    Sorry, ich kam jetzt erst zu der Platte......und höre sie seitdem wochenlang.....deutscher hiphop vom Feinsten! Da habt ihr aber wirklich einen schlechten Kritiker in der Redaktion sitzen....