laut.de-Kritik
Blut, Gift und Galle spritzen in alle Himmelsrichtungen.
Review von Stefan Johannesberg"This is the wrath of Aquarius / I am the black metal terrorist, ain't no comparison: Denzel Curry drischt von der ersten Zeile an auf Beats und Beine ein wie einst Vinnie Jones. Blut, Gift und Galle spritzen in alle Himmelsrichtungen, wenn der Emcee aus Florida die straighten Synthie-Hardknocks von Ronny J nach allen Zügen der Flow-Kunst massakriert.
Bereits die ersten vier Horror-Hardcore-Tunes "ULT", "Gook", "Sick And Tired" und "Knotty Head" überrollen den überraschten Fan, der Denzel mit der Doppel-EP "32 Zel/Planet Shrooms" von 2015 schon auf anderen Wegen wähnte.
Nach dem famosen, ähnlich aggressiven "Nostalgic 64"-Debüt hatte Curry auf jenen EPs mit gebrochenen, schwerer verdaulichen Elektro-Sounds ("32 Zel") und zurückgenommenen Vibes ("Planet Shrooms") experimentiert. Auf "Imperial" kehrt der 21-Jährige nun mit voller Wucht auf die heimischen Abfuck-Straßen von Trayvon Martin zurück, ohne jedoch die sozialkritische Wucht zu verlieren.
In "ULT" setzt er noch schwerpunktmäßig auf Battle-Rap ("I am that nigga entirely / The same ones that inspire me be the same ones that wanna retire me"), nur mit einzelnen Aggro-Ansagen garniert: "Put them on paper, send them to prison and give them free labor / Separate everyone, make sure they neighbors."
Ähnlich deutlich wird er in der Selbstbeschreibung als "Gook". Denzel interpretierte den Begriff später auf Twitter so: "In Miami bedeutet 'gook' so etwas wie 'seltsam' oder 'abseits der Massen'." Später widmet er sich dann umfassender Gesellschaftsthemen wie rassistische Vorurteile und Klischees ("Narcotics"), Religion ("Story With No Title") und industrielle (Umwelt-)Vergiftung ("This Life").
Im Unterschied zu "Nostalgic 64" lauern die wahren Schocker jedoch in den extrem smarten, süchtig machenden Hooks. In "ULT" erreicht Denzel lyrisch und stimmlich Eminem-Level: "In the night time, keep me out of sight, it's the poltergeist / When I'm ghost, I'mma cut the line, now you outta mind."
"Gook" beginnt als Club-Abreißer à la Odd Future, nur damit Denzel im Hook den besseren Papoose gibt. In "Sick And Tired" croont er irgendwo zwischen Fifty und deinem Trap-Liebling, und im wahnwitzigen "Knotty Head" holt er den ganz großen Mitgröl-Shouter hervor. Da geht der rockig-pathetische Refrain in "Me Now" fast unter.
Curry verliert mit "Imperial" vielleicht seinen Rucksack, er gewinnt aber an roher Punk-Gewalt. Folgerichtig bleibt er weiterhin der talentierteste und spannendste Indie-Künstler, der sich ohne Major-Label, Mainstream-Appeal und Mode-Deals seinen Platz weit oben im Rap-Game erkämpft. Oder, wie er selbst es auf "Pure Enough" ausdrückt: "Need no Aubrey Graham just to make a hit." Oder das beste Mixtape und ein Top-Album des Jahres 2016.
1 Kommentar
5/5!