laut.de-Kritik

Eine Vorliebe für miesepetrige Indie-Bands? Ertappt!

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Bei Desperate Journalist sind die Referenzen inzwischen ziemlich klar absteckt: The Cure (die auch Anstoßgeber des Bandnamens waren), ein wenig The Smiths, Siouxsie & The Banshees, Patti Smith, viel The Cranberries, ein bisschen Joy Division. Das war schon auf dem 2015er Debüt, dem Nachfolger "Grow Up" und dem erst vor zwei Jahren erschienenen "In Search Of The Miraculous" so. Das nun veröffentlichte vierte Album "Maximum Sorrow!" überrascht in dieser Hinsicht also nicht, Desperate Journalist haben sich dieser 80s-Fetisch-Musik, diesem Goth, Alternative und Post-Punk vermengenden Klangbild verschrieben. Ebenfalls wenig überraschend: Sie liefern diesen Sound auf stabiler, hoher Qualität, zumindest für deutsche Ohren. Auf unsere Frage, was Sängerin Jo Bevan an Deutschland besonders schätzt, sagte sie kürzlich: "Eine Vorliebe für miesepetrige Indie-Bands, sowohl musikalisch als auch menschlich.". Ertappt!

Den Plattentitel lieh sich Bevan von dem weitgehend unbekannten Künstler Kevin Bewersdorf, der in einem Kunstprojekt namens "Maximum Sorrow" seiner Beziehung mit dem Internet auf den Grund gehen wollte. Das Thema des gleichnamigen Albums sollte nun aber nicht eine Künstlerin in ihren 30ern sein, die über die Beziehung von Gesellschaft und Internet reflektiert, das wäre, so lässt Bevan in ihren sogenannten Heart-of-Sleevenotes verlauten, "awful". Stattdessen wirken diese Gedanken im Hintergrund, etwa im Song "Personality Girlfriend". In der zweiten Hälfte singt Bevan davon, welchen (mit Sicherheit auch im Internet propagierten) Idealen einer Partnerin sie nicht entspricht: "I've never had a five year plan / I've never been 36-24-36".

Eher kaleidoskopisch werden die verschiedensten Themen angeschnitten, deren gemeinsamer Nenner es am Ende ist, Fragen nach dem Platz des Individuums in der Gesellschaft zu stellen. Der Aufmacher "Formaldehyde" eröffnet direkt mit entsprechenden Überlegungen: "You are a body moving through space / Notice the time, notice the place / When you are gone will they forget your face?". Der Song fällt dabei klanglich aus der Reihe, bietet nur ein E-Piano und Bevans Stimme - und gefällt genau dadurch. Mit "Fault" beginnen dann aber die Drums zu peitschen und der Bass zu grummeln, treibend und repetitiv, während die Gitarre sehr gezielt in Szene gesetzt wird. Generell stehen in den Stücken auf "Maximum Sorrow!" häufig Bass, Drums und Gesang im Vordergrund, was der Platte im Vergleich zum Vorgänger dann doch einen frischen Touch verleiht.

Die recht minimalistischen Gitarren-Riffs, etwa in den Strophen des starken "Armageddon", begeistern dabei besonders durch den effektbeladenen Retro-Sound. Gitarrist Rob Hardy trumpft dennoch regelmäßig auf, zum Beispiel im abschließenden Solo von "Fine In The Family". Die Räume, die die Gitarre häufig frei lässt, werden mehr als gewohnt von Bevans eindringlichem Gesang ausgefüllt. Besonders passioniert singt sie im melancholischen "What You're Scared Of".

Der Großteil der Stücke strebt nach vorne und Drummer Caz Hellbent erledigt einen fantastischen Job. Dabei stehen schnellere Stücke wie "Poison Pen", in denen Hellbent besonders viel zu tun hat, neben etwas langsameren Nummern, wie dem recht poppigen "The Victim", das im Vergleich zum Rest des Albums fast zu gut aufgelegt klingt. In "Everything You Wanted" schielen Desperate Journalist sogar etwas in Richtung von U2, klingen aber deutlich düsterer. Selbst in dem abgesteckten Rahmen gelingt es Desperate Journalist tatsächlich, frisch zu klingen. "Maximum Sorrow!" ist ein sattes, rundes Album, das nicht nur 80s-Fans gefallen dürfte.

Trackliste

  1. 1. Formaldehyde
  2. 2. Fault
  3. 3. Personality Girlfriend
  4. 4. Armageddon
  5. 5. Fine In The Family
  6. 6. Utopia
  7. 7. Everything You Wanted
  8. 8. Poison Pen
  9. 9. The Victim
  10. 10. What You're Scared Of
  11. 11. Was It Worth It?

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