laut.de-Kritik

Allemal besser als Mia ...

Review von

Deutsche Bands mit deutschen Texten sind ja schon länger wieder sehr willkommen im eigenen Land. Mit aktuellen Superbands und Labelkollegen wie Angelika Express stehen allerdings vorwiegend die Männer-Combos im Vordergrund. Zumindest was die krachigeren Gitarrensounds angeht.

Dabei gibt es so gute Frauenbands oder noch besser Freundinnenbands, von denen man viel zu selten hört. Und damit meine ich nicht so überbewertete Frontgören wie die von Spillsbury. Nein, ich meine langjährige Konzertreise-Erfahrene und sympathische Bands wie Die Moulinettes aus München. Neben dem ganzen 80er-lastigen-Frauen-Peinlichkeits-Punk-Dreck ist ihr neuer Longplayer "Serendipity Park" Balsam für die Gehörgänge. Und im Übrigen sind die Moulinettes noch nicht mal ein reines Girl-Quartett. Zu Claudia, Kiki und Barbara gesellt sich munter der Martin dazu. Aber das ist den Männern da draußen auch egal.

Die Moulinettes waren mehr auf Konzertreise, als Verona Feldbusch im Fernsehen zu sehen ist. Darüber hat Sängerin und Gitarristin Claudia Kaiser auch ein sehr schönes Tourtagebuch geschrieben. "Rocken und Hosen". Ich muss sagen, von diesem Buch war ich begeistert. Gerade als Frauenband spürt man mit jedem Kapitel und jeder männlichen Äußerung der Konzertveranstalter oder Publikums-Groupies, wie anstrengend das Rock'n'Roll-Leben für das weibliche Geschlecht leider immer noch ist. Dieses Buch ist nur zu empfehlen, nicht nur für die Damenwelt.

Nach der letzten Seite war ich sehr gespannt, die Moulinettes endlich auch zu hören. Ich muss sagen, ein wenig enttäuscht bin ich schon. Die Tourgedanken klingen doch sehr viel rotziger und rumpeliger. Das mittlerweile dritte Album, dessen ungewöhnlicher Titel allein schon für Aufmerksamkeit sorgt, hält sich jedoch etwas zurück. "Serendipity Park" könnte die Gehörgänge und die Muskeln ein wenig mehr beanspruchen. Die vier Freunde bieten einige hörenswerte Ohrwurm-Melodien, die dir leider nicht so oft in den Arsch treten.

Der Opener "Unsere Anwälte" kann ich schon beim zweiten Mal mitsummen. Gelungener Kracher am Anfang. Weiter geht's mit Stereolab-gleichen Gesängen, die sich auf die baldige Grillsaison freuen. Dann darf es ruhig auch mal "BBQ" heißen. Das "Schlaflied" muss man wörtlich nehmen, zum Glück wacht man schnell wieder auf. "Dreckiger als auf dem Mond" rumpelt deine eigenen vier Wände sauber. Endlich. Von diesem knalligen Punkrock-Schrammel hätte ich auf diesem Album gerne mehr gehört.

Dennoch habe ich meine persönliche Hitsingle entdeckt: "Cary Grant". Großartiger Schauspieler, großartiger Tänzer, großartiges Popstück. Ich mag ja Songs, die einer bestimmten Person gewidmet werden. Legendär auch die Hommage an Popdiva Madonna ("Madonna's Armpits") von "Der schwarze Kanal".

Das weibliche Pendant zu Blumfeld sind die Moulinettes zwar nicht, verpacken dennoch Liebesdramen und gebrochene Herzen in einfühlsame und intelligente Textzeilen ("Am Abgrund Schlange stehen"). Wild um sich schießend ist das Quartett countrymäßig "Unterwegs mit dem Duke" und damit von Zeit zu Zeit endlich mal "Born to be wild". "Dieses Lied" beendet diese Platte. Bei einigen dürfte eine Träne fließen, andere werden einfach den Raum verlassen. Ich bleibe im Raum. Putze mir allerdings nur die Nase aufgrund eines chronischen Erkältungsschleims. "Serendipity Park" ist der erste Nudistenpark in Georgia, USA. Die Südstaaten, die Heimat des Rock'n'Roll. Etwas knalliger und schmutziger dürfen die Moulinettes ruhig sein. So wie einst im Tourtagebuch beschrieben.

Trackliste

  1. 1. Unsere Anwälte
  2. 2. BBQ
  3. 3. Rockin' After Mitleid
  4. 4. Schlaflied
  5. 5. Dreckiger als auf dem Mond
  6. 6. In der Unheilbar
  7. 7. Cary Grant
  8. 8. Am Abgrund Schlange stehen
  9. 9. Unterwegs mit dem Duke
  10. 10. Dieses Lied

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