laut.de-Kritik

Eine der größten Kein-Bullshit-Personas im Game.

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Dass ein Rapper nicht sehr viel Wert auf Schnörkel und Verpackung legt, hätte man bei Die P schon merken können, als sie ihr erstes kommerzielles Release einfach "Tape" nannte. Die Bonnerin mit der kalten Schnauze und dem unübersehbaren Skill rappt sich seit nunmehr drei Projekten in die Herzen von BoomBap-Hörern und Revivalisten und etabliert sich dabei als eine der größten Kein-Bullshit-Personas im Game. Auch wenn diese Stabilität gerade auf dem Vorgänger "3,14" vielleicht manchmal so geradlinig zuging, dass der Fun ein wenig auf der Strecke blieb, schält sie auf der neuen EP "Bonnanza" musikalisch wie emotional neue Stärken heraus.

Um einmal das Negative aus dem Weg zu schaffen: Ja, es gibt immer noch Momente, in denen ihr rustikaler DIY-Ansatz den eigenen Spirit zu ernst nimmt. Wenn sie über Fifa-Turniere oder Weed rappt, wenn sie dieselbe Beobachtung über Vertrauen oder Hustle zum zehnten Mal in quasi gleiche Worte fasst, die wirklich sehr trockenen Skits: Manchmal ist es keine Schande, ein bisschen mehr inhaltliche Extravaganz zu riskieren und nicht nur auf Genre-Schwarzbrot zu setzen. Oft sind das einfach auch kleine Schönheitsfehler, die diesen Eindruck verstärken: Die Line "erstes Wort 'nein', zweites Wort 'meins'" kommt auf dem nächsten Track genauso nochmal vor, weshalb manchmal das Gefühl entsteht, dass P oft das Gleiche sagt, obwohl ihre Bars und Beobachtungen eigentlich gut sind.

Abseits davon zeigt "Bonnanza" klare Schritte nach vorn. Alleine die Produktion: Klar, Die P steht für Oldschool und macht nicht erst seit gestern ihr Ding, aber dafür, dass sie ihr Genre so klar benennt, scheint sie langsam immer deutlicher herauszukristallisieren, welche Stimmung gut zu ihr passt. Der Beat zu "Was Soll's" ist einer der besten, auf denen sie bislang gerappt hat: Die kristallinen, eisigen Synths geben eine schlichte, aber atmosphärische Melodie vor, der Groove trabt unterschwellig nebenbei. Gemeinsam mit Die P kommt verdammt viel Stimmung auf, melancholisch, aber nicht Trübsal blasend, erschöpft, aber nicht so, als würde sie groß etwas schocken.

Das ist ja eh das, was sie als MC so faszinierend macht: Sie ist eine extreme Realkeeperin, die auf ihren Songs genuin Tagebuch zu führen scheint, dabei keine Maske aufzieht, wie ihre Gefühle und Gedanken am besten ankommen könnten. Wenn sie genervt ist, ist sie genervt, wenn sie etwas stresst, ist sie gestresst und wenn sie sich fühlt, dann fühlt sie sich. Sie ist beeindruckend darin, diese Gefühle ebenso ungeschnörkelt und unverfälscht wiederzugeben. Die Mischung aus Misstrauen und Wohlwollen auf "Who's That Girl" macht mit schlichten Beobachtungen komplexe Spannungsfelder auf – Die P scheint es eigentlich extrem gut mit den Leuten zu meinen, sei es mit der Rap-Szene oder ihren Freunden – weiß sich aber abzugrenzen, wenn sie etwas verarscht.

Die Mischung aus gutem Herz und unfairer Welt scheint sich sowieso als so etwas wie die Kernthese von Ps Musik hervorzutun. Sie war von Anfang an ein beeindruckender, charismatischer Rapper, technisch anspruchsvoll und mit den Wurzeln verbunden – aber beizeiten hat es noch gefehlt, ihrer Vision so richtig die atmosphärisch passenden Beats und Songwriting-Ideen unterzuschieben. Und auch wenn "Bonnanza" noch nicht perfekt ist, bewegt sie sich doch mit großen Schritten in Richtung einer klaren Vision und wird mit jedem Projekt sichtbar besser. Für jemanden, der auf so einem hohen musikalischen Level angefangen hat, spricht das Bände. Wenn sie dieser stetigen Steigerung jetzt noch ein Quäntchen mehr Kühnheit und Wagemut beimischt, ist dieser Frau in der Zukunft ein Klassiker zuzutrauen.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Was Soll's
  3. 3. Skit Thoughts 1
  4. 4. Drunken Master
  5. 5. Who's That Girl
  6. 6. Gimme Some More
  7. 7. Skit Thoughts 2
  8. 8. Blockbuster
  9. 9. Off White

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