laut.de-Kritik
In stimmlicher Hinsicht eine echte Zirkusnummer.
Review von Dominik KautzIm Herbst dieses Jahres wird Dieter Bohlen das erste Mal seit nunmehr sechzehn Jahren auf Tour gehen und ausgewählte Bühnen der Republik beackern. Eigentlich wollte er zu diesem Anlass ein komplett neues Album mit dem Namen "DB1" auf den Markt bringen. Eigentlich. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt, denn Bohlen hat das geplante Werk aus familiären und zeitlichen Gründen erst einmal abgesagt. Es wäre seine erste Platte seit ebenfalls sechzehn Jahren gewesen.
Doch lässt Dieter seine Anhängerschaft natürlich nicht im Regen stehen. Seinen Fans kredenzt er stattdessen kurzerhand zur Einstimmung auf die bevorstehenden Konzertereignisse eine CD, auf der seine Hits von Modern Talking, Blue System und DSDS vertreten sind. Für "Dieter Feat. Bohlen – Das Mega Album" hat er alle diese Gassenhauer noch einmal verwurstet und komplett neu produziert. Herzlich willkommen in der Welt der Superlative. Alles super, alles mega.
Anhänger*innen, die wohl gerne komplett frisches Material gehört hätte(n) dürfen sich mit dem Gedanken trösten, dass das bei Bohlen eh keinen Unterschied macht – der Mann, der die Gitarre bestenfalls zur Zierde spielt, dupliziert sich ohnehin nur ständig selbst. Das macht bereits der mega dämliche Albumtitel "Dieter Feat. Bohlen" deutlich.
Seine Plattenfirma Sony Music kündigt das Album über einen einschlägig bekannten Social Media Kanal mit den Worten "Diesmal singt er selbst!" an. Der immerwährende DSDS- und Das Supertalent-Juror setzt dieser Drohung noch einen drauf und schreibt über die Platte kurz vor Release: "Meine größten Hits, gesungen von mir !!! Viel Spaß. Kaufen oder sterben." Passend dazu posiert Bohlen mit geballten Fäusten in Siegerpose auf dem Albumcover. Der Einsteig in das tönende Grauen könnte kaum schlimmer sein.
Los geht es mit dem 1985er Modern Talking-Evergreen "You're My Heart, You're My Soul", damals von Thomas Anders gesungen. Getreu des im Text genannten Mottos "Let Your Body Melt In Mine" versucht sich Bohlen mit seinem dünnen Stimmchen am Song und enttäuscht auf ganzer Linie. War das Original schon kaum zu ertragen, so ist es die Neuaufnahme auf gar keinen Fall. Dieters Stimme will einfach nicht zum Song passen. Beim enorm hoch gepitchten "Yeah" im Refrain platzen einem fast die Adern. Was würde er wohl in einer seiner Casting-Shows zu einem Kandidaten sagen, der diesen Song so vortragen würde? Aus dem Achtziger-Song wird in der neuen Version eine überproduzierte Pop-Nummer mit orchestralem Klassik-Anstrich. Die Kritik an Bohlens Gesang gilt im Übrigen auch für "Brother Louie", der ersten Single aus "Das Mega Album".
Aus "Atlantis Is Calling (S.O.S. For Love)" wird anno 2019 eine enorm schlagereske Festzelt-Schunkelversion, wie sie wohl nur Helene Fischer und Beatrice Egli besser interpretieren würden. In dem ursprünglich 1986 für den früheren Smokie-Sänger Chris Norman geschriebenen "Midnight Lady" überrascht Dieter mit einer gezupften akustischen Gitarre. Leider hilft das dem Song auch hier nicht über die Schwächen seiner Stimme hinweg, wenn er mit röchelndem Organ versucht, Norman zu imitieren. "My Bed Is Too Big" klingt im Wesentlichen wie das Blue System-Original, allerdings wird das abschließende Gitarrensolo heuer mit einem Saxophon gespielt. So geht Innovation!
Bereits im März hatte Capital Bra einen Remix von "Cheri, Cheri Lady" veröffentlicht. Dieters wenig überraschendes Urteil darüber: "Hammermäßig". Es verwundert dann auch kaum, dass er jetzt den Capital Bra-Beat quasi als Karaoke-Grundlage verwendet und inklusive Auto-Tune dazu singt. Die stimmlichen Schwächen macht dieser Effekt jedoch auch nicht wett.
"Das Mega Abum" gibt es in einer normalen Version und, für Hardcore-Fans in einem dicken 3CD-Paket. Diese XXL-Version liefert zusätzlich alle Hits des Albums noch einmal in instrumentalen Versionen und beinhaltet als besonderes Schmankerl alte Liveaufnahmen. Sogar eine Vinyl gibt es von dem Album, doch empfiehlt sich hier besondere Vorsicht – nicht, dass am Ende die Nadel des Plattenspielers abstumpft!
Zwar hat Dieter Bohlen in der Vergangenheit des Öfteren bewiesen, dass er massenkompatible Hits schreiben kann. Auch "Das Mega Album" wird sich sicherlich gut verkaufen. Auf seinem aktuellsten Output verkommt er aber vor allem in stimmlicher Hinsicht zu einer echten Zirkusnummer. Da helfen weder die vielfach verwendeten Filter, noch der furchtbare Auto-Tune. Dieses Album ist vieles, aber ganz sicher nicht mega.
20 Kommentare mit 27 Antworten
ungehört ne 4/5 da Mark Medlock fehlt
Daumen hoch
Wär einer mit so ner Stimme zu Dieter bei DSDS gekommen, hätte er ihn ausgelacht. Ich musste vor lauter lachen sofort wieder ausmachen.
aber hallo
wie kann man so einen scheiss nur feiern
Irgendwie passen Kopf und Körper nicht zusammen auf dem Cover. Da durfte wohl Photoshop Philipp ran
Wenn mensch sich immer nur wieder ins Gedächtnis ruft, dass Bohlen seit seinen ersten kreativen Gehversuchen stets nur konsequent und rein nach Diplom-kaufmännischen Maßstäben ans Musik machen und produzieren ging - immerhin genau das Mindset, mit dem er ins Metier startete - dann bleiben da weder zum Backkatalog oder der Veröffentlichungspolitik, noch zur (Kunst)Person irgendwelche Fragen offen.
Enes muss man Bohlen lassen: Er hat diesen unverwechselbaren einmaligen Sound.
So kann man schon nach 7 Sekunden umschalten oder ausschalten.
Der lacht uns doch alle aus, ich respektiere ihn wegen seines Geschäftssinnes und seines Gespürs für Trends und Strömungen . Ich meine, irgendwer muss ja die ganzen Machwerke gekauft haben, seine und die von ihm produzierten "Künstler"
Wenn niemand spendet, gibts auch keine Bettler... Meine Meinung