laut.de-Kritik
The new kid with the crown - oder ein zahnloser Lil Wayne?
Review von Dani FrommSanftes Klavier, weiche Bässe: Mollige Melancholie macht sich breit. Die dunkle, trotzdem gediegene Stimmung des Coverartworks spiegelt sich nahezu perfekt in den Produktionen von Drakes Lieblings-Reglerschieber Noah '40' Shebib. Stimmig wirkt das alles, und keinesfalls ideenlos.
Den haltlosen Hype, der um Aubrey Drake Graham, "the new kid with the crown", herum wabert, verstehe ich allerdings auch nach "Take Care" nicht. Nicht ansatzweise. "A voice in your speaker right now - that's me." Möglicherweise liegt genau da mein Problem. Ich komm' mit dieser Stimme einfach nicht klar.
Drake kann rappen, keine Frage. Er reimt, wie ein alter Hase, schwimmt im Rhythmusgefühl und landet stets punktgenau. Dass er sich dabei aber monotonstens in genau einer Tonlage durch seine Nummern quäkt, zerrt spätestens nach zwei Minuten derart an meinen Nerven, dass ich mich auf die gebotene Reimkunst gar nicht mehr konzentrieren kann. Weswegen mir jeder einzelne Track zu lang erscheint.
Ein zahnloser Lil Wayne - dieses Bild werde ich angesichts Drakes Rap-Parts auf "Take Care" einfach nicht los. Warum sich jemand, der tönt wie Lil Wayne, dann auch noch zweimal Lil Wayne als Featuregast ins Boot holen muss, darf Drake meinetwegen gerne weiter für sich behalten.
Singen kann er aber - glaube ich. So ganz genau lässt sich das leider schwer ausmachen, da Drakes Gesangsstimme allzu oft unter wirklich enervierenden Effekten verschwindet. Gehts eigentlich noch irgendwo ohne elektronische Politur, Hall, Echo und Blechdosenvocodersound?
An den wenigen Stellen, an denen Drake und Konsorten auf diesen ganzen unnötigen Quatsch verzichten - wie zum Beispiel im "Good Ones Go"-Interlude von "Cameras" - da beschleicht einen durchaus der Eindruck, dass Drake die Lücke ausfüllen könnte, die ein R. Kelly hinterlassen hat. Leider bleiben diese Momente selten.
"Take Care" wirkt wie aus einem Guss. Der Nachteil daran: Irgendwann meine ich, zum x-ten Male den gleichen Song kredenzt zu bekommen. Das durchgehend eher träge Tempo unterstreicht diesen Eindruck noch. Dabei bergen die Beats durchaus Überraschungen.
Mit Handkantenschlägen in Form ständiger Unterbrechungen bringt 40 in "Marvins Room" die Rüschenkissen aus wattigem Bass und hallenden Bässen in Form. Sich einigeln in angenehmer Atmosphäre ist nicht gestattet. "Crew Love" versucht Ähnliches. Hier allerdings ermüdet das immer wieder dazwischen geworfene Gewummere schnell.
Wuchtiger Bass trifft Elektrogeflirre in "Make Me Proud". Endlich bewegt sich Drake einmal ein bisschen nach vorne. In Nicki Minaj findet er eine Partnerin, die die Bedingung "I like a woman with a future and a past" mühelos erfüllt. Rick Ross bleibt in "Lord Knows" dagegen ungewohnt unauffällig. Dafür kickt mich hier der üppige, theatralische Gospel-Soul - zumindest ein wenig.
Der größte Teil von "Take Care" hinterlässt mich dagegen seltsam unberührt. Zumal ich zunehmend feststelle, dass mich die zur Schau getragene Lebenswirklichkeit eines arrivierten Hipsters halt noch weniger interessiert, als die eines ambitionierten Straßenganoven.
Regelrechte Empörung bricht sich dann aber doch beim Titeltrack Bahn, wenn ausgerechnet Rihanna einer Nummer von Gil Scott-Heron den Soul mit der Wurzel ausreißen darf. Von der Atmosphäre, die letzterer allein mit Stimme und Worten erschuf, bleibt restlos nichts übrig. Ich habe ehrlich versucht, die Begeisterung etlicher Kollegen nachzuvollziehen, die in "Take Care", dem Track, eine über die Maßen gelungene Transformation von "I'll Take Care Of Me" zum perfekten Popsong erkennen wollen. Ich fühle mich nach jedem Durchlauf dieser Nummer mehr, als sei man mir in die Seele gesprungen. Mit den Füßen voran. Mit Anlauf.
32 Kommentare mit 5 Antworten
"...den Soul mit der Wurzel ausreißen darf."
Aua
Ich verstehe, was Dani meint. Dennoch bin ich völlig anderer Meinung, was das Album betrifft, ausgenommen von Take Care natürlich (was für eine Beleidigung). Da gibt es auf der einen Seite wirklich gute Beats, inklusive dem besten Werk von Just Blaze seit U Don't Know, auf der anderen Seite die Persönlichkeit Drake, der man wirklich gerne zuhört. Aber naja, jedem das seine.
Also der Track "Take Care" tut einfach nur weh. Ist Schrott. Der Rest des Albums gefällt dafür sehr. Einige Songs sind etwas öde und die Themen die er behandelt werden auch nicht spannender, aber wie er es tut ist überragend. Und der Kauf lohnt sich eh schon nur für Kendrick Lamars Interlude.
Sein bestes Album 5 Sterne !
neu rezensieren
Isso Eminem Album The MMLP wurde auch schlecht bewertet und heute ist es ein Meilenstein Drake hat seine Spuren im Rap hinterlegt und ist zurzeit der Einflussreichste Rapper dieser Generation Mit Kendrick Lamar !
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Wie wurde MMLP denn bewertet?
ich bin wirklich kein Drake Fan, aber die Rezension ist alles andere als gut gealtert