laut.de-Kritik

Das würde sogar Philipp Amthor hören!

Review von

Man stelle sich folgende Szene vor: Es treffen sich zwei Freunde in einem Café. Beide haben sich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Der eine hat seitdem seine Freundin geheiratet, sie ist danach schwanger geworden und hat eine Tochter bekommen. Er ist also mittlerweile Ehemann und Vater - der andere nicht. Na, worum dreht sich das Gespräch der beiden wohl die ganze Zeit? Richtig, natürlich nur um die tolle Ehefrau, die tolle Tochter und generell um das tolle Leben des ersteren.

Wer von den beiden Ed Sheeran ist, kann man auf seinem neuen Album "=" (ausgesprochen "Equals") gar nicht überhören, da "=" im Prinzip die vertonte Version des oben beschriebenen Gesprächs ist. Über eine Länge von ca. 48 Minuten predigt er über sein neues Leben als Ehemann und Vater. Den ersten Redeschwall lässt er schon einmal in "Tides" los: Aufgeregt erzählt er von all den Veränderungen, die in seinem Leben eingetreten sind ("I have grown up, I am a father now [...] / I feel embarrassed 'bout the things that I did in my youth / 'Cause now I have a child, I know one day that you will do it").

Falls man es noch immer nicht kapiert hat, dass er Vater geworden ist und seine Tochter wirklich SEHR(!) liebt: Selbstverständlich schrieb er ihr schon vor ihrer Geburt ein Schlaflied mit dem Titel "Sandman", weil sie in ihren Träumen später ja mit dem Sandmann abhängen wird: "And dream / Hanging out with the sandman". Väterliche Panik ist ihm auch nicht fremd: Das schwergängige "Leave Your Life" widmet er seiner Tochter (natürlich) und sagt ihr damit, wie sehr er sie liebt (natürlich), weil ihm ja jederzeit was passieren könnte, bevor sie das gewusst hätte ...

Wie er es teilweise schon in "Tides" andeutet, verteufelt er mit dem (ironischerweise) bassigen Dance-Banger "Bad Habits" nun auch jegliche nächtlichen Ausschweifungen aus Zeiten vor seiner Vaterschaft. Ähnlich tanzbar gestalten sich die anderen Tracks, die aus der ganzen Schwiegersohn-Tauglichkeit herausstechen. Trotz Fusion aus Schweighöfer-Plot und Jason Mraz-Dichtung bringt er "Shivers" mit seiner super Stimme zum Grooven. An "Be Right Now" und "Overpass Graffiti" merkt man, dass der 80er Nostalgie-Hype auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen ist.

Aber nochmal zu seiner Tauglichkeit als #1-Schwiegersohn / -Ehemann. Im Großteil des Albums huldigt er der scheinbar wundervollsten Frau auf der ganzen Welt - seiner Ehegattin. Von den plätschernden Drums in "Collide", der zuckrigen Akustikgitarre in "First Times" bis zur noch schlimmeren Stevia-Ballade "The Joker And The Queen" - alles für den Dackel, äh, die Frau. Sogar der Hochzeitstanz findet Erwähnung: Das Ehepaar habe zusammen wohl vier linke Beine, weshalb der "2step" dafür ausreichen musste. Klanglich hört sich das allerdings weniger nach traditioneller Hochzeitsstimmung als nach Hip Hop für den Kolping an.

Klar, Ed Sheeran ist ein echt sympathischer Kerl, der auch vor laufender Kamera so einiges mit sich machen lässt. Ich meine, wer sich beim Carpool Karaoke 55 Maltesers in den Mund schiebt, um gegen James Corden zu gewinnen (oder bei Late Night Berlin bei einem total bekloppten Stimmecho-Spiel mitmacht) - der ist nicht verkehrt. Und an sich hat er auch eine wahnsinnig gute Stimme, wie man nicht zuletzt beim kürzlich aufgenommenen Tiny Desk Concert bestaunen kann.

Wenn man sich allerdings nach einer knapp 50-minütigen Beschallung im Spiegel betrachtet und das Gefühl hat, Phillip Amthor schaut zurück - dann ist irgendetwas falsch mit der Musik.

Trackliste

  1. 1. Tides
  2. 2. Shivers
  3. 3. First Times
  4. 4. Bad Habits
  5. 5. Overpass Graffiti
  6. 6. The Joker And The Queen
  7. 7. Leave Your Life
  8. 8. Collide
  9. 9. 2step
  10. 10. Stop The Rain
  11. 11. Love In Slow Motion
  12. 12. Visiting Hours
  13. 13. Sandman
  14. 14. Be Right Now

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12 Kommentare mit 8 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Joa, Divide war definitiv besser. Das Album ist okay, aber mehr als 3/5 würde ich tatsächlich wohl nicht geben. Ich erinnere mich noch, jeden Song von Divide beim ersten Hören mit Spannung erwartet zu haben. Hier stellte sich recht schnell ein Gefühl der Ernüchterung ein. Mag sein, dass er sich schlicht weiterentwickelt hat, aber so ganz mag mir diese Entwicklung aktuell nicht gefallen. Eigentlich schade, weil ich alle drei Vorab-Singles gut fand, sie gehören aber definitiv schon zur Top 5 auf dem Album. Joker and the Queen hab ich mir ein bisschen schön gehört, 2step will trotz flottem Takt nicht in meinen Kopf, Overpass Graffiti als neue Single ist recht unglücklich, weil nicht wirklich einprägsam, da ist der Opener um einiges besser.
    Na ja, ABBA und Adele stehen ja noch aus, hoffentlich machen die es besser. Evtl. übertrifft selbst LEA den Eddi dieses Jahr. Letztlich waren die Erwartungen wohl einfach zu hoch.

  • Vor 3 Jahren

    Fart Sheeran ein ausnahmekünstler ohne fart! gute songs

  • Vor 3 Jahren

    Jaaaaa "Equals"ist das Album auf das ich nach dem eher enttäuschenden "No 6 Collobaration" gehofft habe es gibt zwar Songs wie z. B. Shivers die an No 6 Collobarations erinnern aber trotzdem erinnert es mich eher an Divide (obwohl n ticken stärker ist) aber The Joker and the Queen ist immer noch das Highlight des Albums