laut.de-Kritik

Irischer Frühling mit erbrechender Werwölfin.

Review von

Eluveitie haben in den acht Jahren ihres Bestehens einen bemerkenswerten künstlerischen Reifeprozess durchlebt. Mit dem viel beachteten Pagan-Rohdiamanten "Slania" ging es vor zwei Jahren bereits derb zur Sache. Der Nachfolger "Evocation I – The Arcane Dominion" zeigte die Schweizer als hochversiert polyrhythmische Folkmusiker ganz im Zeichen der kraftvollen Chanteuse Anna Murphy. Jetzt endlich das legendär richtungweisende dritte Album "Everything Remains (As It Never Was)". Und diese Platte hat es in sich!

Nachdem die ersten beiden Alben die Jekyll/Hyde-Seiten des Oktetts bislang strikt getrennt hielten, verschmilzt die neue Platte dieses Ying und Yang zu einem harmonischen Antlitz. Die bösartig knurrenden Growl-Parts von Christian Chrigel Glanzmann stehen trotz aller 'Evil Attitude' ganz im Zeichen eines harmonischen Songgefüges; letzteres mitunter verspielt, dann wieder hymnisch ("The Essence of Ashes", "(Do)minon") bis hin zu dunkel und zerstörerisch ("Sempiternal Embers"). Die gewohnt keltische Melodieseligkeit der Helveten zieht sich dabei als roter Faden durch die gesamte CD.

Es ist wirklich erstaunlich, mit welch eleganter Lockerheit Eluveitie beide Musikstile miteinander verflechten. Keine Anzeichen, Folk und Metal krachledern für das Met-Zelt zu ruinieren, wie zahllose überflüssige Folk Metal und Mittelaltercombos es mitunter gern tun. Der irisch grüne Soundfrühling mit Tin Whistle, Irish Flute, Drehleier und Dudelsäcken ist vulkanerdig fruchtbarer Boden für die düsteren Metal-Attacken; vom Göteborger Schwedenhappen bis zum Goth-Klumpen. Beide Teile fügen sich vor allem rhythmisch perfekt ineinander wie Zahnräder.

Das Titelstück ballert mit folkigem Death Metal los, der sich überraschend harmonisch mit dem sphärischen Elfengesang Murphys paart. Ohnehin ist es zum großen Teil Verdienst der charismatischen Sängerin, dass diese Platte eine ganz besondere Genreperle geworden ist. Die Vokalistin hat nämlich ihr stimmliches Spektrum deutlich erweitert. Im Gegensatz zu unzähligen Poser-Kolleginnen, die als Schmalspur-Operettas oder als tragisch theatralische Zirkusfee langweilen, entpuppt sich die gute Anna als echtes künstlerisches Sahnehäubchen.

Wir kennen ihren Stil bereits als Dead Can Dance-artige Berggöttin oder Folkmuse mit leichten Björkismen. Das reicht ihr nun nicht mehr. Lustvoll zelebriert sie zwischendurch die Verwandlung in einen dämonischen Sukkubus. Das zeigt sich anschaulich auf dem hitverdächtigen Killertrack "Quoth The Raven". Nach einem geradezu damenhaft gesungenen Refrain mutiert sie zum letzten Drittel zu einer tollwütig Growls erbrechenden Werwölfin. Dann wieder der Rollentausch ins Normale 'Beauty and the Beast' Prinzip. Toller Moment!

Spätestens mit diesem filigranen und gleichzeitig kompromisslosen Longplayer sollte klar sein, dass Eluveitie künstlerisch längst in der Weltspitze bei Pagan-Göttern wie z.B. Cruachan oder Primordial angekommen sind. Die verblüffende handwerkliche Virtuosität verbunden mit raffinierten Arrangements und sprudelndem Ideenreichtum dieser Schallplatte ist der kreative Ritterschlag für die acht Eidgenossen. Ich bin mehr als gespannt, was man in Zukunft noch von ihnen hören darf.

Trackliste

  1. 1. Otherworld
  2. 2. Everything Remains As It Never Was
  3. 3. Thousandfold
  4. 4. Nil
  5. 5. The Essence Of Ashes
  6. 6. Isara
  7. 7. Kingdom Come Undone
  8. 8. Quoth The Raven
  9. 9. (Do)minion
  10. 10. Setlon
  11. 11. Sempiternal Embers
  12. 12. Lugdunon
  13. 13. The Liminal Passage

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