laut.de-Kritik
Und rein in den Autoscooter!
Review von Katja Scherle"A new era begins!", verkündet Enrique Iglesias in den "Euphoria"-Credits. Was da genau losgehen soll, erschließt sich allerdings kaum. Denn an der Ausrichtung seiner Musik hat sich nichts geändert.
Wie gewohnt bestehen die meisten Songs aus einem völlig übertriebenen Beat und Iglesias' schwachem Organ, das durch die überbordende Produktion noch nichtssagender erscheint. Dabei lässt sich Enrique bei der Hälfte der Tracks von namhaften Damen und Herren der Musikszene unterstützen: etwa Akon ("One Day At A Time"), Usher ("Dirty Dancer") oder Nicole Scherzinger ("Heartbeat"). Für eine fruchtbare Zusammenarbeit taugen die Kollabos gleichwohl nicht. Denn alles tönt wie immer.
"One Day At A Time" klingt beispielsweise wie aus dem Sommerhit-Baukasten für Drittklässler: Man nehme einen trägen vermeintlichen Reggae-Beat, mittelmäßigen Möchtegern-Soul-Gesang und produziere so lange am PC herum, bis auch der letzte Rest Charakter aus den ohnehin schon amputierten Zutaten gepresst wurde.
"Heartbeat" bietet dann genau das, was der Titel suggeriert: ein süßliches Piano-Motiv. Der Begriff Klavier ist hier nicht mal angebracht, so künstlich klingt das Ding. Einzig Scherzingers Stimme überrascht in ihrer mädchenhaften Zartheit. Iglesias hingegen ergeht sich in der üblichen Verschmelzung von Kopfstimme und Hauchen. Einfach unverkennbar!
Die Usher-Koop steht ebenfalls nicht im Geringsten für eine neue Ära, passt dafür aber hervorragend zum Oktoberfest: Am Autoscooterring würden sich der gewalttätig stampfende Beat und der in Melodie und Text simpelst gehaltene Refrain besonders gut machen - aus dem Kopfnicken wird da schnell ein Kopfschütteln.
Apropos simpel: Balladen gehören ja ebenfalls zu Enriques Repertoire. Textzeilen wie "Why not me why we were meant to be" ("Why Not"), taugen aber gerade mal fürs Poesiealbum und versperren jedweden Zugang zu großem Gefühl. Der säuselnd kindliche Gesang lässt das Stück schließlich so lächerlich wirken, dass man dahinter fast einen ironischen Abgesang auf das Genre Liebeslied vermuten möchte.
"Euphorie bedeutet für mich, den Himmel auf Erden zu finden. Freude zu ziehen aus den großen Ereignissen und kleinen Momenten im Leben." So beschreibt Enrique Iglesias den Titel seiner neuen Platte. Doch einzig rührend an "Euphoria" bleibt, dass er die Scheibe tatsächlich seinem Hund Grammy widmet.
Den sieht man auch im Booklet. Grammy ist bereits ganz grau um die Schnauze geworden und spielt mit Herrchen am Strand. Hoffentlich hat er noch ein paar schöne Jahre. Ehrlich!
4 Kommentare
Gute Rezi, aber der Schlussabsatz ist sensationell!
achso und deswegen sind seine konzerte komplett ausverkauft^^
ich glaube der verfasser gehört zu den wenigen, die ihn nicht mögen und sich abends lieber volksmusik reinziehen!
na dann mal los...
Also ein schwaches Organ kann man ihm wirklich nicht vorwerfen. Nachdem ich es selber auf Gitarre spielen kann hab ich mal gemerkt was für ne Stimme der Kerl hat gerade im Refrain. Kann ja sein dass er seine Stimme die meiste Zeit zur falschen Musik einsetzt
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.