laut.de-Kritik

Urknall im Battlerap-Universum: Straight Outta Augsburg-Kissing.

Review von

"Oh mein Gott! Rapgott!" Falls Zweifel aufkommen sollten, wie der King des deutschen Battleraps heißt, macht Errdeka im Opener "Rapgott" unmissverständlich klar: "Gib mir Beats und ich ficke eure Schädel weg! Boah, ich bin der Typ, den jedes Mädel gerne hätt'."

Nach den doch eher sanften Klängen auf seinem Debütalbum "Paradies" verwundert dies ein wenig. "Ich habe mich bisschen leer gefühlt. Ich hatte keine Lust, wieder auf diese deepe Schiene abzuzielen und mich so sehr in etwas reinzusteigern. Von daher kam zu Beginn der Album-Entstehung eigentlich nur in Frage: Beats picken und drauflosrappen. Ich wollte einfach auf Flows und Vibe achten, nicht so sehr auf tiefgründige Inhalte", lässt er in einem Interview durchblicken.

Die diesbezügliche Erklärung in Reimform findet sich in "Rapasteroid": "Wer hat noch gemeint, ich sei Kommerz? Ab jetzt denk' ich mit dem Schwanz, 'Paradies' nahm mir das Herz." So weit, so gut. Ein aufstrebender MC aus Augsburg wirft also seinen Hut in den Battlerap-Ring.

Seine EP beinhaltet eigentlich alles, das man von einer Platte mit "Rap über Rap" erwartet: Punchlines, Boom-Bap-Beats, Skills en masse. Nur kann man einen Künstler in Bezug auf Battlerap ernst nehmen, der noch vor drei Jahren laut rief: "Ja, ich bin Hipster"?

Ich denke schon. Errdeka zeigte sich lange vor "Paradies" auf den Eyeslow-Mixtapes inhaltlich vielseitig. Sein Debüt war vielmehr Ausdruck einer zwischenzeitlichen Lebensphase, kreatives Ventil des künstlerischen Erwachsen-Werdens. "Rapunderdog" ist nun der laute Protest, der Widerstand gegen (musikalische) Obrigkeiten.

Mit direkten Angriffen auf Kollegen hält sich der Schützling von Prinz Pi allerdings vornehm zurück. Das übernimmt unter anderem Feature-Gast Frauenarzt, der "Unter Deck" noch gleich als Comeback-Ansage nutzt: "Yeah bitch, ich bin back! Backpack-Rapper wie Lance Butters find ich whack. Keine Liebe! In Wild-West-Berlin bleiben wir Chef. B A doppel S, whack MCs verdienen kein Respekt."

Jeder der 13 Tracks auf "Rapunderdog" hält ein sehr hohes Niveau, Schwächen leistet sich Errdeka keine. Zwar klingen "Zu Spät" und "Durch Die Nacht" eher nach "Paradies". Auch das Prinz Porno-Feature wäre mit Prinz Pi treffender betitelt, beide Songs halten aber die Stimmung der Platte aufrecht. Sie dienen sozusagen als kleine Verschnaufpause zwischen all dem Punchline-Geballer.

Absoluter Anspieltipp ist "Trips En Masse": In drei Minuten und sechs Sekunden vereint der Augsburger Skills, Punches, eine eingängige Hook und musikalische Songqualitäten in einer Art und Weise, die - mir zumindest - noch nicht untergekommen ist. Mit "High As Fxck" haut Errdeka dann mal eben den nächsten Club-Banger raus, der so trappig und basslastig daherkommt, als habe ihn Velodyne als Testsequenz für seine Subwoofer angefordert.

Der Schritt von deeper und melancholischer Musik hin zu druckvollem Battlerap war sicher gewagt. Aber der MC aus der bayerischen Provinz knallt die Bars so gekonnt auf den Beat und flowt so flüssig wie dein in der Sonne vergessenes Eis, dass ihm niemand, wirklich niemand ans Bein pissen kann.

Auch wenn am Ende die per Gesetz verbotenen Betäubungsmittel doch vielleicht etwas zu häufig inhaltliche Dominanz ausstrahlen, ist eines klar: Ein "Rapunderdog" bleibt Errdeka nach dieser EP sicher nicht: "Alle wissen Bescheid: Keine Liebe. Eyeslow. Pioniere am Mic. Ihr nur ein Internethype, den man kurz feiert, dann vergisst, während sich meine Mukke wie Säure in die Schädel frisst."

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Rapgott
  3. 3. Unter Deck
  4. 4. Kaputt Aber Dope
  5. 5. Zu Spät
  6. 6. Rapasteroid
  7. 7. Autoscoota
  8. 8. Trips En Masse
  9. 9. High As Fxck
  10. 10. Rapunderdog
  11. 11. Maxxximal
  12. 12. Durch Die Nacht
  13. 13. Outro

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