laut.de-Kritik
Mit ordentlich Rotz, Galle und Double-Bass.
Review von Olaf SchmidtWas für ein Cover! Im Metalbereich bekommt man so viel Elend vor die Linse, da fällt es sofort auf, wenn eine Band zur Abwechslung einmal ein Artwork an den Start bringt, das nicht aus den bekannten Klischee-Zeichnungen besteht.
Motiv, Farbgestaltung, diese angedeutete kyrillische Schrift: alles top. Bitte schnell auf Plakate drucken, bei mir an der Wand lässt sich bestimmt noch ein Fleckchen dafür finden. Exhumed hatten nach dem eher peinlichen Cover von "All Guts, No Glory" aber auch einiges gutzumachen.
Die alten Recken präsentieren sich momentan in bestechender Form. Nachdem dieses Jahr bereits starke Alben von altgedienten Death Metal-Bands wie Immolation, Suffocation und kürzlich Autopsy erschienen, legen Exhumed mit neuen Trümmerbrocken ordentlich nach. Mit Autopsy verbindet sie weiterhin die Liebe zu splatterigen Texten. "Gore-themed lyrics" nennen das unsere amerikanischen Freunde.
Na, denn man tau. Beide Bands haben weiter gemein, dass sie für eine Weile getrennt waren und danach nahtlos an ihre Frühwerke anknüpfen. So eine Auszeit setzt halt frische Kreativität frei. Ein Modell, über das einige andere Metalkapellen vielleicht mal nachdenken sollten?
Großartige Veränderungen hat es im Hause Exhumed nicht gegeben. Die zweistimmigen Gitarrenläufe erinnern immer noch an Carcass, die Wege zum Hardcore/Crustcore sind oft nicht weit, und das Wechselspiel zwischen höherem und tieferem Gegrunze zieht sich ebenfalls wie gehabt durch alle Songs. Auf der anderen Seite stehen stimmungsvollere Parts alter Death- oder Pestilence-Schule. Exhumeds Nummern besitzen außerdem eine dicke Portion Rock'n'Roll, eine gute Prise Thrash sowie ordentlich Rotz und Galle.
Der Anfang von "Coins On The Eyes" pflügt direkt gut den Garten um, bevor der Song in einen schönen Groove übergeht. Die Zeiten, als Bandboss Matt Harvey voller Stolz den Verzicht auf Double-Bass-Geknüppel verkündete, sind vorbei. Mike Hamilton hat vor den Aufnahmen noch schnell eine Palette Red Bull getrunken und bearbeitet sein Schlagzeug wie ein Berserker. Im Death Metal gibt es natürlich viele technisch starke Drummer, aber der Typ spielt auf eine eigene Weise so, dass ich bewusst hinhöre.
"Dysmorphic" drängt sich als Herzstück des Albums in den Vordergrund und verwebt viele verschiedene Parts gekonnt miteinander. Sogar ein überraschender Break mit ruhigen Akustikgitarren findet sich hier. (Das Solo erinnert an Megadeth zu seligen Marty-Friedman-Zeiten. Überhaupt, die Soli: Ganz feiner Stoff.) Diese Songwendungen heben Exhumed deutlich über den Durchschnitt. In "Carrion Call" drosseln die Buben kurzerhand mittenmang die Geschwindigkeit. Ist das schon ein Breakdown? Egal.
Unterm Strich: Unterhaltsames, vergnügliches Album, das ordentlich ballert und dabei trotzdem das Songwriting nicht zu kurz kommen lässt. Vergesst die Demokratie, es ist Zeit für die Nekrokratie!
1 Kommentar
dat brummt! gekauft!