laut.de-Kritik
Trotz peinlicher Coveroptik passt Faith nicht in die Teenie Pop-Schublade.
Review von Stefan JohannesbergNiemand sollte den Fehler begehen und die US-Sängerin Faith Hill nur auf Grund ihrer peinlichen Britney Spears-Coveroptik fürs neue Album in die silikonverseuchte Teenie Pop-Schublade stecken. Immerhin zählt die gute Faith 35 Lenze, ist dreifache Mutter, und fühlt sich auch musikalisch eher bei älteren Künstlern wie Garth Brooks oder Aerosmith zu Hause als bei Gören wie Christina Aguilera.
So bietet Hills sechste Studioplatte schnörkellosen Rock/Pop, der nur manchmal in jenem Celine Dion-Schmalz versinkt, mit dem Faith bei uns vor anderthalb Jahren über Nacht zu Ruhm gelangte. Die Pearl Harbour-Schmonzette "There You'll Be" dürfte den meisten ja noch in guter Erinnerung sein, und findet auf "Cry" mit dem Titelsong, "You're Still Here" und "Beautiful" mehrmals ihr balladeskes Pendant.
Auf den restlichen Songs kann Faith Hill tatkräftig unterstützt von Aerosmith-Produzent Marti Frederiksen jedoch das Steuer herum reißen und ihr Werk wieder in tiefere Rock-Gewässer steuern. "Baby You Belong", "When The Lights Go Down" und "Stronger" zum Beispiel kommen als gute, alte Hymnen im bombastisch-melancholischen Stile einer Fishermens Friend lutschenden Bonnie Tyler daher.
Bei so viel Herzschmerz sieht selbst der langjährige Faith-Fan gönnerhaft über die fast gänzlich verschwundenen Country-Einflüsse hinweg, mit denen seine liebste Sängerin ihre Karriere im Jahre 1993 und dem Debut "Take Me As I Am" begann. Ihr Mann und Country-Kollege Tim McGraw scheint sich dieses Mal gänzlich rauszuhalten, denn nur selten erklingt im Hintergrund eine Steel-Gitarre, oder es ertönt eine vorsichtige Orgel als Alibi-Untermalung.
Die wenigen Neuerungen zieht Hill lieber zeitgemäß aus dem Soul-Genre, auch wenn hektische Neptunes- und Rocwilder-Grooves à la Britney und Aguilera ihre Sache nicht sind. So wird bei "If You're Gonna Fly" ein Gospelchor eingespannt, und "One" pumpt im old schooligen R'n'B-Rhythmus. Doch diese Ergänzungen spielen nur kleine Nebenrollen im Hollywood'schen Kassenknüller, dessen Happy End vorbestimmt ist.
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