laut.de-Kritik

Schrägstrich American Overkill.

Review von

Nach der Pause von der Pause und dem 2013 in jeglicher Hinsicht gescheiterten Versuch, Rock'n'Roll zu retten ("Save Rock And Roll") bohrt sich mit "American Beauty / American Psycho" der nächste Album-Transformer aus der Erde und walzt jegliche Rest-Hoffnung platt, die man in diese Band noch setzte. Denn Longplayer Nummer sechs der ehemaligen Emo-Punkpopper transportiert so viel Emo-tion wie ein Emoticon und läuft unter den aufgefahrenen Geschützen so rund wie ein Decepticon.

Auch mit Punk hat dieser Technik-Schrott ungefähr noch so viel zu tun wie Til Schweiger mit Hollywood. Ganz im Gegenteil, werden da die Radio-Nöler unserer Zeit zitiert, dass einem die Ohren bluten. Die Action-geladene Vorab-Single "Centuries", die passenderweise den ESPN-Soundtrack der aktuellen Football-Saison liefert, kommt so überdimensioniert und blechern ballernd daher wie das, was Maroon 5 momentan aus den Rechnern zerren. Es wimmelt nur so vor schmetterndem Anabolika-Pop und Kompressoren-Krampf.

"The Kids Aren't Alright" klingt, als hätte Ne-Yos Produzenten-Horde versucht, ihm ein etwas "rockigeres" Image aufzubrummen. Wie so ziemlich jeder Song hat es diesen Kick-Off-Moment, diesen bis zum Erbrechen angeteaserten Punch, der durch einen überdramatischen Break, ein maschinelles Glissando und Konserven-Schlagzeug per Knopfdruck pathetisch auf die Beine gehoben wird.

So richtig grausig wird es, wenn das Dreigespann um Sänger Patrick Stump seine gänzlich hohlen Song-Ideen mit einer Art Gitarren-Dub ausstopft. Das klingt dann in "Twin Skeleton's (Hotel In NYC)" etwa so, als hätte Alex Clare mit Panic! At the Disco ein Stahlbad genommen. Ähnlich unsäglich gerät auch "Uma Thurmon", wo Alibi-Bläser und Quoten-Gitarren auf weiter Flanger-Flur so verloren wirken wie Markus Lanz auf der Wetten Dass-Bühne. Ein Half-Time-Part macht sich ja eigentlich immer gut und bringt Dynamik. Käme auch ganz nett, wäre nicht jeder Track der Gipfel riesengroßer, weit ausholender Gesten.

In der Regel jagt aber ein vier-viertel Takt den nächsten, und man stellt sich beim Hören weniger die vier Herren im Studio vor, als viel mehr die Ingenieure, die in der Post-Produktion Spuren putzen, doppeln, verdreifachen und jedem dieser schwergewichtigen Blockbuster-Batzen das letzte bisschen Herz aus den Reglern drehen. Analog haben Stump und Konsorten im Studio auch eher die Rolle von vier Greenscreen-Männchen im Motion-Capturing-Anzug, deren Output gespeichert und komplett verfremdet von einem Computer wieder ausgespuckt wird.

Im Schlager-rockenden "Novocaine" wähnt man im Chorus schließlich gar die Nerv-Nudler von Train - zugegeben, verzerrter und mit Extra-Boost. Auch der Titeltrack, ein Mötley Crüe-Sample, das von Electro-DJ SebastiAn produziert wurde, ist tatsächlich nicht allzu weit weg von DJ Ötzi und Bierzelt-Grölern in aufgemotzt: American Overkill! Und dabei cruisen diese Songs so stilecht wie ein VW-Golf mit getuntem Auspuff, Nitro und Tribals auf der getönten Heckscheibe.

Die letzten Sekunden dieser digitalen Effekt-Überdosis begleitet dann ein hymnisch-, kriegerischer Klon-Chor, der förmlich die Mausklicke, mit denen jede Stimme dem richtigen Ton zugepasst wurde, hörbar macht. Vielleicht klingt das ja auch so, wenn Michael Bay seine Cybertron-Monster programmiert, a-capella zu singen.

Trackliste

  1. 1. Irresistible
  2. 2. American Beauty/American Psycho
  3. 3. Centuries
  4. 4. The Kids Aren't Alright
  5. 5. Uma Thurman
  6. 6. Jet Pack Blues
  7. 7. Novocaine
  8. 8. Fourth Of July
  9. 9. Favorite Record
  10. 10. Immortals
  11. 11. Twin Skeleton's (Hotel In NYC)

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10 Kommentare mit 8 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Ohhhh haaa.... da hat aber definitiv der falsche Redakteur die CD bekommen. Was ist denn sooo schlecht daran das er sich zu so einem Verriss hinreissen lässt. Muss jede CD innovativ sein? Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spass mit einer CD, die Songs gehen gut ab, sind schnell im Ohr und machen immer wieder gute Laune....

  • Vor 9 Jahren

    Mal wieder eine Kritik, die in einer Weise von der allgemeinen Meinung abweicht, dass sie den Leser mit offenem Mund und kopfschüttelnd zurücklässt. Die Redaktion von laut.de hat es sich auffallend eindeutig zur Aufgabe gemacht, Alben sich musikalisch entwickelnder Bands zu zerreißen, dass es einfach nur noch langweilt! Fakt ist, Fall Out Boy ist erfolgreicher denn je und daran wird auch die hingerotzte Kritik des Autors nicht ändern! Es wird sehr schwer werden, treue Leser zu halten, wenn jede Kritik daraus besteht, alles nach Schema F in den Dreck zu ziehen...

    P.S. Den Namen der großartigen Uma Thurman mit gleich zwei Schreibfehlern zu versehen, ist ohne Zweifel unverzeihlich! Vielleicht hätte der Autor aber zumindest das absolut großartig und witzig untergebrachte Theme aus der Serie "The Munsters" in dem Song noch erwähnen sollen, aber die fünfminütige Recherche kurz vor der Mittagspause reichte dafür offensichtlich nicht aus! Ganz, ganz kleines Kino...

    • Vor 9 Jahren

      Ok... da war schon fast alles drin. Wer ist dafür verantwortlich?

    • Vor 9 Jahren

      Mein Lieblingssatz: "Fakt ist, Fall Out Boy ist erfolgreicher denn je und daran wird auch die hingerotzte Kritik des Autors nicht ändern!"

      Ist längst bekannt, dass es die Lebensaufgabe eines jeden Musikjournalisten ist, eine Band mit seinen Rezensionen in den Ruin zu treiben.

      Netter Versuch, Magnus, aber diesmal nicht!

    • Vor 9 Jahren

      Diese ganze Rezenzionistenbande ist doch unter objektiven Gesichtspunkten eh nicht mehr ernst zu nehmen. Was anderes als Biersaufen und das aufwärmen von alternden Herrenwitzen, haben die doch in der Redaktion schon seit Ionen nicht mehr gemacht.

  • Vor 9 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.