laut.de-Kritik
Kompromisslose Bespaßung, verschwendetes Talent.
Review von Simon LangemannDie Promophase zu "Neues Von Gott" fiel unspektakulär aus, bis sie zehn Tage vor Release doch noch eine interessante Wendung nahm. Erst offenbarte Favorite via Bewegtbild-Selfie die Gründe für seine lange Abwesenheit: Drogenprobleme, Gefängnis- und Psychiatrieaufenthalte. Zwei Tage später hieß es in der Videosingle "Zweitausendfearzehn": "Ich hab' meiner Tochter, als sie zwei Jahre alt war, Oftmals ins Gesicht gefurzt / Mit blankem Arsch / Krank, aber wahr / Du willst das Jugendamt alarmieren? / Du kannst mich mal."
Für einen Moment gelang es Fave, den Zuhörer vor einen Konflikt zu stellen. Plötzlich wusste man nicht mehr so recht, ob man diesen Mann nun feiern oder verachten soll, und fragte sich: Wird aus Christoph Alex acht Jahre nach "Harlekin" tatsächlich das, was er einst so gerne sein wollte - ein "Antiheld"?
In aller Kürze: nein. Die Hoffnung, beschriebenes Dilemma auf Albumlänge zu erleben, sollte sich keiner machen. Auf seinem gefühlten Comeback-Album klingt Fave wie eh und je, das vorab ausgekoppelte "Unchipped" deutete es ja bereits an: "Boah, bin ich geil / Born to be wild / Ich kippe den Korn in mich rein / Ich bin das, was der Rest der Rapper vorgibt zu sein." Nicht ansatzweise rüttelt "Neues von Gott" an der bewährten Devise: Reime größer Inhalt. Gute alte Selfmade-Manier, eben.
Weiteres Beispiel gefällig? "Es ist der Bad Boys gaffende / Deine Bitch fickende und dich zu ihrem Exfreund machende / Typ mit der Becks-Gold-Flasche / 'Ey, du rappst voll kacke' / Nach der Ohrlasche hörst du meine Sexbold-Lache", zeigt sich "Europas Wichtigster Mann" in raptechnischer Wettkampflaune.
Doch Favorite anno 2015 immer noch den Mangel an Zusammenhang und Themen anzukreiden, wäre in etwa so unnötig wie MoneyBoy für unausgewogene Tonqualität oder einen "Tatort" für Krimiklischees zu tadeln. Zudem lässt sich der Spaßfaktor wesentlichen Teilen der Tracklist, insbesondere deren erster Hälfte, nicht absprechen: Neben zitierten Beispielen bleibt vor allem "Selfmade Legenden" mit Kollegah hängen, das die bekannte Schlagkraft des Duos gekonnt ins Jetzt projiziert.
Bezüglich Instrumentals: dasselbe Spiel. Möchte Fave im Akustikgitarren-Beat "Regierungshelikopter" ein bisschen wie Alligatoah klingen, geht das schon als Höhepunkt musikalischer Innovation durch. Ansonsten spulen Johnny Illstrument, Joznez, Fonty und Konsorten das übliche Programm zwischen Snare-Rolls, Orchester-Librarys und Dre-Reminiszenzen ab. Klar wäre es bedeutend spannender, sich einmal von all dem freizumachen. Aber hat irgendjemand ernsthaft damit gerechnet? Eben.
Übrigens: Das eh schon fade "Gay Rap" wirkt vor dem Hintergrund, dass es Fave im hiphop.de-Interview doch eher wie Bushido hielt (sinngemäß: Ich hab' nix gegen Schwule, so lange sie nicht vor mir rumknutschen), nur noch halb so witzig. Stattdessen bleiben ausgerechnet die vereinzelten Judenwitze das größte Wagnis dieser Platte.
Was auch daran liegt, dass er in "Alkoholproblem" nicht etwa sein eigenes reflektiert, sondern sich in gewohnter Manier durchs Geschehen pöbelt. Schade drum, gerät Favorites Werk doch genau dann am eindringlichsten, wenn er aus seinen persönlichen Abgründen schöpft. Oder zweifelt das nach "Nirvana" von 2011 noch irgendjemand an?
Die Talsohle auf dem Weg zur vorliegenden Platte war offensichtlich tief genug, um ihn erneut vor die damals ausgerufene Wahl zu stellen: "Zwischen geh' einsam sterben, wird eh keiner merken / oder fick' die Welt, und zwar die ganze Welt." Der dienstälteste Selfmade-MC hat sich einmal mehr für letztere Option entschieden.
Mindestens an der Richtigkeit dieses Schrittes lässt "Neues von Gott" keine Zweifel zu, wenngleich es einen an exakt derselben Stelle wie alle anderen Favorite-Platten zurücklässt: irgendwo zwischen der Freude über derart kompromisslose Bespaßung und dem Kopfschütteln über derart leichtsinnige Talentverschwendung.
14 Kommentare mit 50 Antworten
Ich finde das Album zwar zu 100% respekt und niveaulos, aber das zeichnet fave aus und es gibt keinen zweifel, dass er ein krasser rapper ist. Lachkicks sind bei den Texten garantiert
Ich finde das Album zwar zu 100% respekt und niveaulos, aber das zeichnet fave aus und es gibt keinen zweifel, dass er ein krasser rapper ist. Lachkicks sind bei den Texten garantiert
Ich finde das Album wahnsinnig schlecht. Man hört es einmal durch und original nichts bleibt hängen. Kein Track der wirklich herausragt oder sonstiges. Es plätschert einfach nur vor sich hin. Also bei aller Liebe ist das maximal eine 2/5.
Seh ich genauso. Diesen Fav braucht kein Mensch.
Das fette Schwein hat das Juice-Cover, das haben sie sich sicher ordentlich kosten lassen. Die CD habe ich in der U liegen lassen, den Scheiss brauche ich nicht.
Finde das Album schlecht. Der Typ hat mit den miesesten Beatgeschmack im Deutschrap. Und was soll denn sowas wie 'Gay Rap'? Wer findet sowas denn lustig? Kann er doch mal auf Tour mit den Trailerpark-Typen oder den 257ers auf der Buehne rumlecken, anstatt nur so einen "Haha, kuckt mal, ich habe kein Problem damit, solche Sachen zu sagen und halte euch homophoben Rapperkollegen den Spiegel vor!"-Track zu machen.
Faves kroenender Lebensmoment war die Burger King-Sache aus FüD, hands down.
Ich glaube kaum, dass es ihm jemals darum ging, irgendjemandem den Spiegel vorzuhalten, auch wenn es einen zahlreiche Reviews glauben lassen wollen. Er hatte halt Bock, so einen Track aufzunehmen, das Provokationspotenzial scheint ja zu zünden. Also ich mag das Album nach wie vor, auch wenn ich keine Juice lese
Elvir kauft für jeden seiner Künstler ein Juice-Cover, Selfmade-Taktik.
Kann man verwerflich finden, ist aber schlicht normal im dem Zirkus - nur bei Rap wird da noch ne Augenbraue hochgezogen.
Vor gefühlten 10 Jahren konnte man sowas wie Shotgun noch im 3er BMW aufdrehen, aber außer Schläge für Hip Hop (das war irgendwie ein Aussetzer nach oben oder es lag an der Präsenz von Hollywood) hat Fave noch nie ein gutes Album herausgebracht. Absolut ambivalent alles.
(Das muss man sich nochmal reinziehen, wie die damals aussahen bzw. die Qualität des Videos sie aussehen ließ: https://www.youtube.com/watch?v=VdktaDNcCb8. )
Hat damals glaube ich auch den Oscar für bestes Makeup bekommen.
Ein "gutes Album" im Sinne von "Klassiker" hatte er tasächlich noch nicht am Start. Aber jedes einzelne davon kann sich gegen den Schrott, der es sonst aufs Juice-Cover schafft, richtig gut behaupten. Mir ist seine gesamte Diskographie nach wie vor 1000 Mal lieber als die von locker 95% des gesamten D-Rap-Zirkus, und dieses Urteil können nur wenige Rapper hierzulande mit 3+ Alben für sich verbuchen.
die juice cd ist noch schlimmer als das album. das album hingegen ist schlimmer als lautis grünkohl vom letzten sonntag. ein wannbe bürgeschreck und notorischer schwarzfahrer ist er auch noch http://www.rapupdate.de/?p=85235
Bist Du irre, mein Grünkohl regiert, Du Suppenkapser.
Irgendwie erinnert mich seine Situation an Azad anno '09/'10. Ohne nennenswerte Veränderung, seit jeher stabile Releases, aber irgendjemand hat den Hörnchen erzählt, dass sie das plötzlich haten müssen. Schade, hoffentlich lässt er sich im Gegensatz zu Azad nicht davon runterkriegen und macht so weiter wie bisher.