laut.de-Kritik

Nu Metal für die zu erwartenden Post-Präsidentschaftswahl-Proteste.

Review von

"Man sollte Dinge retrospektiv nicht romantisieren", ließ unlängst ein Leser in der Kommentarspalte zu "Hybrid Theory: 20th Anniversary Edition" verlauten. Sicherlich ist es nicht nötig, den Weltschmerz Linkin Parks oder den jugendlichen Eskapismus Limp Bizkits rückblickend zu idealisieren. Dennoch lässt sich der viel geschmähte Nu Metal nachträglich mit Sinn füllen. Fever 333 nutzen die Mittel dieses musikalischen Hybriden, um sie in den politischen Protest unserer Tage zu kanalisieren. Nach ihrem letztjährigen Debütalbum "Strength In Numb333rs" legen sie nun mit "Wrong Generation" nach.

Die EP entstand dabei unter dem Eindruck der Todesumstände George Floyds in Minneapolis und den folgenden "Black Lives Matter"-Protesten. Niedergedrückt von einem übermächtig scheinenden System aus strukturellem Rassismus in Gestalt von vier Polizeibeamten vermitteln die Bilder aus dem Frühjahr in erster Linie ein Gefühl der Ohnmacht. Fever-Frontmann Jason Aalon Butler, der selbst dreizehn Tage durch die Straßen von Los Angeles gezogen ist, verfolgt überdeutlich den Ansatz, aus dieser fortwährenden Opferposition auszubrechen.

"Woke up this morning to people mourning / Another brother they murdered just as a warning / That if we speak up 'bout how they treat us / They'll do it over and over until we bite back", leitet Butler in "Bite Back" seine Erkenntnis ein, um sich anschließend mit überschlagender Stimme Gehör zu verschaffen: "This time we bite back. So let's bite them back!" Wie dies in der Praxis aussieht, offenbart bereits der zweite Song ("L.A. is burning! L.A. is bruning!"). Dem konstanten musikalischen Strudel inklusive Polizeisirenen folgend skandiert der Kalifornier fortlaufend "Block Is On Fire".

"Walk Through The Fire" fordert von der protestierenden Gemeinschaft den nötigen Zusammenhalt. Hände klatschend marschieren die Habenichtse im Gleichschritt auf und stimmen sich dabei martialisch ein: "We're gonna die together / We're goin' walk through the fire together." Dass Butler den Widerstand als Reaktion auf erfahrene Gewalt begreift, zeigte sich bereits im persönlichen Gespräch ("Wir reagieren nur auf den gewalttätigen Ansatz unserer Gegner"). "U Wanted A Fight" unterstreicht diese Haltung erneut: "You wanted a fight? Well, you got one!"

Nach derart viel Eskalation stellt sich eine leichte Erschöpfung ein. Ausschließlich begleitet von einem Klavier und etwas Wehmut nimmt "Last Time" die Funktion des retardierenden Moments ein, bevor die EP zum Finale ihren größten Hit ansteuert. In gelungener Weise wechselt "Supremacy" zwischen gerappten Strophen über das Leben im Schatten der finanziell abgesicherten Vororte und einem melodischen Refrain, der die beständig propagierten persönlichen Freiheiten im "Land Of The Free" leugnet: "Born into a world where we're dying to be free."

Mit seinen letzten Worten warnt Jason Aalon Butler den politischen Gegner vor ihrer Beurteilung in den Augen der Geschichte. Bereits im laut.de-Interview gab sich der Frontmann zuversichtlich, mit seiner Bewegung siegreich aus diesem Konflikt hervorzugehen. Angesicht der noch immer recht stabilen Widerstandskräfte des Systems bleibt es eher fraglich, ob der animierende Rap-Rock von Fever 333 die ersehnte Revolution einzuleiten vermag. Dennoch gelingt dem kalifornischen Trio mit "Wrong Generation" der adäquate Soundtrack für die zu erwartenden Post-Präsidentschaftswahl-Proteste.

Trackliste

  1. 1. Bite Back
  2. 2. Block Is On Fire
  3. 3. Wrong Generation
  4. 4. U Wanted A Fight
  5. 5. Walk Through The Fire
  6. 6. For The Record
  7. 7. Last Time
  8. 8. Supremacy

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4 Kommentare mit 7 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Supremacy gecheckt und für schrecklich befunden. Heaven is a halfpipe Pophopsound meets Linkin Park Hook. Kotz.

    • Vor 3 Jahren

      Der Drummer (Aric Improta) ist allerdings völlig sick, vor allem bei Night Verses. Leider ist Fever333 auch musikalisch echt nicht meins, teilweise sogar ziemlich cringe... >.

    • Vor 3 Jahren

      Aric Improta ist wirklich sick!!
      Sein 40 minütiges Schlagzeugsolo ist eine der beeindruckensten menschlichen Darbietungen, die ich je gesehen habe und wird zu keinem Zeitpunkt langweilig, was bei einem 40 minütigen Drumsolo unglaublich ist!
      Das ist auf Neil Peart, Vinnie Colaiuta, Billy Cobham und Gavin Harrison Level.

  • Vor 3 Jahren

    betrifft struktureller rassismus in Amerika eigentlich auch asiaten, iren und (osteuropäische) Juden?

    sound ist btw scheisse-"Heaven is a halfpipe Pophopsound meets Linkin Park Hook. :conk: " trifft es gut

    • Vor 3 Jahren

      Eher Rage against the Machine meets Linkin Park Hook. Und ist deshalb geil. Gerechtfertigte 4/5. Für die Leute aus der Linkin Park Kommentarspalte ist das hier dann auch die nächste Band die von dieser komplett einflusslosen Teenieemoband inspiriert ist.

    • Vor 3 Jahren

      Wer auch immer diesen Autotune-Unfall namens Chorus inspiriert hat, kann gern kacken gehen.

    • Vor 3 Jahren

      ohne die politische agenda könnte das ganze halt auch einfach hollywood undead sein und hätte höchstens 2/5 bekommen

    • Vor 3 Jahren

      naja, Butler hat diesen gewissen Funken Wahnsinn und eine Zerstörungslust, die Hollywood Undead gerne hätten, aber nie erreichen können

  • Vor 3 Jahren

    Ich mochte die Mucke von Jason Butler mehr, als er weniger gerappt hat. letlive. sind immer noch unerreicht. Und da es musikalisch wieder heftiger wurde mit Fever 333, frage ich mich, welche Differenzen da eigentlich zur Auflösung geführt haben. Hatte der Rest keinen Bock auf Politik?

    • Vor 3 Jahren

      Ja, letlive. war toll, vermisse sie immernoch.

      Das hat Jason neulich in nem Interview gesagt, und ja wahrscheinlich waren sie einfach nicht so investiert daran wie Jason.
      “I got to a point where the people in my band were asking me, ‘Why?’ and that’s why I left. I was like, ‘Oh, you hear the lyrics, you hear the music, you hear what I’m saying, but I don’t know if you’re listening.”

  • Vor 3 Jahren

    Gerade mal reingehört, von Revolution doch weit entfernt, das hochgelobte Supremacy klingt schon sehr nach Tony Hawk Soundtrack, was bedeutet: dudelt ganz spaßig dahin, hat aber keinen Mehrwert.