laut.de-Kritik
Dieses Tier ist schwer zu fassen.
Review von Philipp Gässlein"Rotwild" - die Titelwahl für Fivas drittes Album ist mir anfangs ein Mysterium. Deutschlands lyrischste MC ist weder sonderlich menschenscheu noch erstarrt sie im Scheinwerferlicht. Und angesichts ihres Repertoires herrzerreißend emotionaler Tracks zieht auch der Vergleich zum treudoofen Bambi nicht so recht.
Bezieht man den Titel jedoch aufs Album statt auf die Interpretin wird ein Schuh daraus: Das erste Release ohne Partner Radrum ist ziemlich schwer zu fassen. Selbst im Langzeittest zündet das Ding nicht so sehr wie die Vorgängeralben. Und das liegt gar nicht mal so sehr an Fiva selbst.
Die Dame widmet sich gutgelaunt einem breiten Spektrum von Themen, rechnet süffisant mit Rollenverhalten und biologischer Uhr ab ("Profi") und mokiert sich über die nicht namentlich genannte Konkurrenz im Rapbiz ("Goldfisch"). Nebenbei spielt sie immer wieder geschickt ihre Trümpfe aus: Die Kreation abstrakter emotionaler Atmosphären und eingänglicher lyrischer Monster.
"Über: Müde" ist so ein Track. Das Ding ist sowohl instrumental als auch vom Rapstil her an das grandiose Aphroe-Feature "Magie" angelehnt und würde ebenso gut a cappella bei einem Poetry Slam funktionieren. Das gilt für das nachdenkliche Liebeslied "Will Wollen" und auch für "Lila": die Farbe der unbefriedigten Weiblichkeit und gleichzeitig eines der poetischsten Lieder in Fivas Karriere.
Nein, trotz des brachialen Ausrutschers "Kleinkunst" - dieser belanglose Storyteller nervt schon beim ersten Durchlauf - beweist Fiva, dass sie weder das Dichten noch das Rappen verlernt hat. Lyrisch steht "Rotwild" seinen Vorgängern in nichts nach. Was dem Album fehlt, ist schlicht und ergreifend die "bessere Hälfte" DJ Radrum. Viel zu selten wird der Stellenwert eines harmonierenden Hausproduzenten hinreichend gewürdigt - im diesem Fall wird er nur allzu deutlich.
Nicht, dass Ersatzmann Flip von Texta kein guter Beatbastler wäre. Die Instrumentals sind durchaus solide, aber eben auch nicht mehr. Bei Texta funktioniert das, alleine durch die Dynamik der vier MCs - Fiva hingegen braucht hin und wieder einen Beat, der ihr in den Arsch tritt. "Kopfhörer" wurde nicht zuletzt durch Tracks wie "Unüberhörbar" oder "Rauschgift" zum Klassiker, "Spiegelschrift" durch "Rastlos" und "Jetzt Mal Ehrlich".
Und so liefert eine gut gelaunte Fiva auf gut gelaunten, souligen Instrumentals ein weitgehend gut gelauntes Album ab. Das leider stellenweise einfach durchs Trommelfell plätschert und keine bleibenden Eindrücke hinterlässt. Dieses Rotwildgeweih mag nicht das imposanteste über Fivas Kamin sein - stattlich bleibt der Dreizehnender allemal.
13 Kommentare
Nachdem Fiva mit "Spiegelschrift" und "Kopfhörer" zwei amtliche Alben an der Seite des Produzenten Radrum veröffentlichte, tauschte sie für ihr mittlerweile drittes Solo-Album "Rotwild" den Mann an den Beats aus. So stammt die musikalische Untermalung des vorliegenden Werkes vollständig aus den Maschinen von Textas Flip. Dabei wird sicherlich das Beatrad nicht neu erfunden, jedoch harmonieren die bodenständigen Beats wunderbar mit Fivas unaufgeregtem Vortrag und generieren damit eine wunderbar seelenvolle Grundstimmung für Fivas reichhaltige Lyrik. Diese erstreckt sich vom Hochhalten der eigenen Individualität ("Sowieso ich"), über die Liebe zu physikalischen Tonträgern ("Immer noch"), das Gebähren ("Profi"), die negativen Auswirkungen der Globalisierung ("Süd sehen") bis hin zu einer subtil kritischen Auseinandersetzung mit dem schnellen Leben ("Es geht uns gut"). Highlightmäßig sind zudem das soulsamplende "Goldfisch", die Hommage an die "Kleinkunst", sowie das tragischöne "Lila" zu erwähnen. Wie aus dem thematischen Überblick bereits hervorgehen sollte, handelt es sich bei "Rotwild" nicht um ein 08/15-HipHop-Album. Auf einem handwerklich guten Niveau versucht Fiva anspruchsvolle Geschichten zu erzählen und Werte abseits von Geld, Beischlaf ohne Gebährintention und BlingBling zu vermitteln. Daher wird dieses Album vor allem bei HipHop-Köpfen älterer Semester sehr gute Reaktionen hervorrufen.
Wertung: 4/6
Quelle (http://herrmerkt.blogspot.com/2009/02/fiva…)
Zeit Wertungsbalken in der Laut.Review nicht an
welches geistig derangierte kind hat die ganze nacht damit verbracht, 1 punkt bei der leserwertung zu geben?
gehts noch? wie kann man denn fiva haten?!?
@abesøn (« hm. eine hiphopwelt ohne eine fiva und eine lauryn will ich mir gar nicht vorstellen. »):
oha so toll sind se dann aber auch wieder nicht! Gut Lauryn hill vielleicht schon... Aber ich könnte auch in gut in einer Welt leben, in der es keine rappenden Frauen gibt. Ich finds auf Dauer einfach nervig...
mach dir nix draus, ich könnte auch in einer Welt leben, in der es keine rappenden homophoben gangster gibt. Ich finds auf Dauer einfach nervig
Fiva hat imho schon eingen gewissen anspruch im deutschen "rapbiz" auch wenn ich Rotwild im vergleich zu beiden Vorgängern eher schwach finde.
leider... hatte mich eigentlich sehr drauf gefreut
hier gibt's weiteren senf dazu...
Review: http://taki183.wordpress.com/2009/02/12/fi…
Interview: http://taki183.wordpress.com/2009/02/21/fi…