laut.de-Kritik
New York-Grim und Hood-Melancholie.
Review von Yannik GölzDie Flatbush Zombies genießen eine gewisse Unantastbarkeit. Ihr mit diversen Mixtapes und "3001: A Laced Odyssey" erarbeiteter Status als New Yorker BoomBap-Renaissance-Instanz kommt gewissermaßen bei jeder Zielgruppe an. Für Traditionalisten ein frischer Wind auf dem Feld der Sample-Beats, aber auch zeitgenössische Hörerschaften und Fans ganz anderer Genres haben sich nicht schwer damit getan, Gefallen am raubeinigen und psychedelischen Vibe der Zombies zu finden.
"Vacation In Hell" wirkt nun weniger konzeptgebunden, aber musikalisch und klanglich gereift und reflektierter als bisher. Satte neunzehn Anspielstationen befördern den Hörer einmal mehr ins New York der Neunziger zurück. Mit der Kaltschnäuzigkeit zwischen GraveDiggaz und Boogie Down und einer Exzentrik, die mehr als einmal an den Wu-Tang Clan erinnert, zeigt sich dennoch wieder, dass das Trio mehr als nur Nostalgie kann.
Wie gewohnt, gibt es einen ganzen Haufen Stampfer auf rumpelnden Drum-Knocks, aber tatsächlich bestreiten weder konzeptuelle Ansätze noch das reine Spitten hier die Show. Besonderen Eindruck macht der etwas zurückhaltendere Song-Strang im letzten Drittel des Projekts. Vom glänzenden, treibenden Gitarren-Sample, das "The Goddess" eröffnet, bis in die melodische Eleganz von "Trapped": Die Flatbush Zombies erschaffen eine verlorene, realistische Hood-Melancholie, die wie der ausgenüchterte Folgetag zur psychedelischen "Laced Odyssey" wirkt.
Soul-lastige Gastbeiträge von Dia oder atmosphärische Vocal-Samples leisten ihren Beitrag, stehen aber nicht unbedingt im Zentrum. Gesanglich hält das Trio durchgehend gut mit. Die gesamte zweite Hälfte bewegt sich von Highlight zu Highlight und belegt eine deutliche Entwicklung in Sachen Songwriting. Tracks wie "U&I" fühlen sich, was ihre Struktur betrifft, ausgefeilter und durchdachter aufgebaut an, während der von Denzel Curry unterstützte Closer "The Glory" ein unglaubliches Gespür für feinfühlige Stimmung und leise Töne beweist.
Im Vergleich zu diesem überzeugenden künstlerischen Fortschritt fühlt sich die erste Hälfte von Zeit zu Zeit unterentwickelt und etwas statisch an. Auf potente Momente wie den brutalen Beat-Wechsel auf "Headstone" kommen Fillerverses wie auf dem uninspiriertem Opener "HELL-O" oder dem wenig kreativen "Reel Girls", das tatsächlich ein paar Lines aus "Red Roses" von Lil Skies zu samplen scheint.
Gerade offensichtliches Fett wie "Pardon me, you're boring me, my rhymes is like some sorcery / Gravity holdin me, gotta get my shit in order, B" ist in Tracks wie "Chunky" leicht zu finden und steht dank der reduzierten Instrumentals auch dominant im Vordergrund. Auch wenn Tracks wie "Headstone", "M. Bison" oder das Portugal. The Man-Feature "Crown" genug Highlights bieten, die das rohe Spitten mit musikalischen Ideen und Variation anreichern, entstehen hier in der ersten Hälfte doch gewisse Längen.
Dennoch beeindruckt, dass im Laufe eines so massiven Unterfangens kaum Ermüdungserscheinungen aufkommen. Etwas melancholischer als der Vorgänger, zementiert "Vacation In Hell" den redlich verdienten Status der Flatbush Zombies. Sie liefern ein Album voller New York-Grim und Hood-Melancholie, beeindruckender handwerklicher Bandbreite und einem deutlich expandierten Songwriting. Auch wenn es nicht ganz an die Dichte von "3001: A Laced Odyssey" herankommt, setzt dieses Tape trotzdem mit klarer Vision und einem Haufen gelungener Momente ein klares Zeichen im Zeitgeschehen.
1 Kommentar mit 3 Antworten
Dieser Yannick darf immer die interessanten Alben rezensieren. Sein Bentostil passt da ganz gut. Deutlich besser als dieser Pascal von Plattentests. ♥
okay, wenn du mir jetzt ernsthaft erklären kannst, inwiefern dieser text im bentostil geschrieben ist, dann schick ich dir ein pack muffins per post
Ein Lachs schreibt deutlich besser als dieser Pascal.
ist doch egal, wie was geschrieben es. Freuen wir uns einfach, dass es so ein großartiges Album ist!