laut.de-Kritik
Melancholie kann so schön sein.
Review von Lena BayerDie Grundstimmung von "A Very Lonely Solstice" ist vor allem melancholisch, traurig und sentimental. Aber bei einem Album, das zur Hochzeit der Pandemie im Winter 2020 in einer Kirche aufgenommen wurde, irgendwie verständlich. Das Ziel der Fleet Foxes war allerdings ein anderes: "Ein musikalisches Licht in die Welt hinaus zusenden".
So spielten sie in der St. Ann & the Holy Trinity Church in Brooklyn ein Konzert der anderen Art, packen 13 alte Songs auf das Album, das ein Jahr später erst digital und nun physisch erscheint. Und trotz allem stimmt "A Very Lonely Solstice" jetzt schon freudig auf die nächste gemeinsame Sonnenwende.
Der erste Track "Wading In Waist-High Water" könnte so etwas wie eine moderne und vor allem hörbare Kirchenhymne sein. Das liegt vor allem an der sanften Akustikgitarre im Intro und dem darauf folgenden, einnehmenden Chorgesang. Auch wenn die Nummer textlich keinerlei biblischen Bezug aufweist, passen dafür die Klänge mit den Bildern im Kopf zusammen.
Bei "Sunblind" geht es raus aus der Kirche, raus aus New York, vielleicht an einen See in Waldnähe, vielleicht an einen unbekannten Ort. Einfach mit dem Van starten, ein oder zwei Kuscheldecken einpacken und am Zielort ein Lagerfeuer machen. Die zerbrechliche Stimme von Sänger Robin Pecknold verstärkt die Assoziationen zum aktuell angesagten Van-Lifestyle und verzaubert trotz der Länge von viereinhalb Minuten auch noch am 138. Tag des Roadtrips.
Auch wenn Abende am Lagerfeuer noch so toll sein mögen, bricht nach sehr tiefen Gesprächen, zu vielen Marshmallows und noch mehr Bier nach zu wenig Schlaf der Morgen an. Und was geht bei den Fleet Foxes "In The Morning"? "In the morning, when the moon is at its rest / You'll find me at the time I love the best / Watching rainbows play on sunlight / Pools of water iced from cold night". Dabei sind Füchse doch nachtaktiv?
Auch wenn nicht alles auf dem Album direkt Sinn ergibt, lohnt es sich ab und an, ein weiters Mal hinzuhören. Wobei der von der Melancholie getragene Titel "Tiger Mountain Peasant Song" auch beim weiteren Lauschen von Simon & Garfunkel stammen könnte. "Maestranza" hingegen erinnert an Chris Isaaks "Wicked Game".
Das ist doch "White Winter Hymnal" (ebenfalls von den Foxes)? Nicht ganz, aber sehr ähnlich klingt gerade der Anfang von "Helplessness Blues" schon. Wieder einmal tritt hier die glasklare Stimme von Robin Pecknold hervor, wobei sich die fünf Minuten des Songs sehr ziehen, sodass die Gefahr besteht in den besungenen Hilflosigkeitsblues zu verfallen.
Bei den folgenden Tracks wechseln sich mal melodische Wohlfühlmomente mit ironischen Texten ab: "Don't sing love songs; you'll wake my mother / She's sleeping here, right by my side / And in her right hand, a silver dagger / She says that I can't be your bride" ("Silver Dagger"), mal zurückhaltende Gitarren mit sentimentalen Lines: "Why is life made only for to end? / Why do I do all this waiting then?" ("Blue Spotted Tail").
"Can I Believe You" fragen die Indiemeister und zeigen zum Schluss ihre rockige statt folkige Seite. Die Glaubensfrage haut genauso gut wie in der Originalversion vom letzte Album "Shore" rein und kommt daher etwas überraschend. Alles in allem, haben die Füchse eine passende Zusammenstellung kreiert. Lediglich "White Winter Hymnal" fehlt.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Wow, ihr seid ja schnell =)
Ist das die gleiche Trinity Church in der vor laaaanger Zeit die noch depressiveren Cowboy Junkies ihre "Trinity Sessions" aufgenommen haben??
Nein.
Die von den Cowboy Junkies war/ist in Toronto.
Die Session wäre aber trotzdem meilensteinwürdig.
Logo Kanadier... Toronto.... Danke
Hm. Eigentlich seit 2012 mit dem Qualitätsprädikat "Da spielt der Bassist der aufgelösten Blood Brothers!" gesegnet bleibt es trotz vieler Warmwerde-Versuche auch mit der aktuellsten Scheibe hier dasjenige Bandprojekt, in dem mich das Prädikat "Da spielt XY der aufgelösten Blood Brothers!" am allerwenigsten emotional zu binden wusste bisher.