laut.de-Kritik
Und ewig plärrt die Provokation.
Review von Manuel Berger20 Jahre Frei.Wild. Die einen feiern, die anderen kotzen, dabei sollte es vor allem egal sein. Ist es aber nicht und so reichte es für die Band mit dem Geweih nun schon zum siebten Mal für Platz 1 in den deutschen Charts. Damit lösen die Südtiroler gleich beide Deutungsmöglichkeiten ihres Albumtitels ein. Den deutschen Musikmarkt haben sie längst durchgespielt, liefern den Fans einen Karrierequerschnitt zum Wohlfühlen und zuverlässig werfen sie ihren Kritikern ein paar halbprovokante Zeilen hin, damit die sich weiter daran abarbeiten können. Man könnte diese Review aus kopierten Absätzen alter Frei.Wild-Texte zusammenschustern, so vorhersehbar klingt das Ergebnis.
Wahrscheinlich war sogar genau das das Ziel der Band. "Es ist das Frei.Wild-Album überhaupt", schreiben Philipp Burger, Jonas Notdurfter, Christian Forer und Jochen Gargitter über die Platte. Zusatz-CD eingerechnet erzählen sie in 30 Songs ihren Werdegang von Proberaumsaufen bis zu "Echo, Platin Und Gold". Mehr als genug Platz also, um sowohl den Fans, denen die Musik zuletzt zu schlageresk wurde, ein paar härtere, manchmal sogar metallische Riffs ("Heile Mich, Heile Dich", "Wirklich So Im Arsch") zu kredenzen, als auch Freunde ebenjener Schlagerseligkeit glücklich zu machen ("Schwarzer Septemberregen", "Trotzdem Weitergehen"). "Gipfelstürmer" bringt beide Pole zusammen, hier kratzt Burger am Übergang zwischen plakativem 'Niemals aufgeben/Zusammen schaffen wir das'-Refrain und forschem Stakkato-Riff sogar kurz am Growl.
Hängen bleibt vor allem der Eindruck, dass Frei.Wild über das gesamte Album hinweg ihr Image pflegen, von A bis Z, inklusive einer Hymne fürs eigene Label Rookies And Kings. Passend zum Jubiläum beschwören sie das romantische Bild der armen kleinen Proberaumband herauf, die kaum fünf Töne gerade spielen kann, lieber Bier trinkt als übt, vom Mainstream verstoßen wird, dafür aber echte Freunde hat. In a nutshell: "Es war'n die Keller, die wir liebten / Und die Leute, die uns verstanden" ("Wer Wenn Nicht Wir LUAA").
Der schon im Intro "Einsame Töne" durchschimmernde Hang zu gewollt ungeschliffenen Sound gehört ebenso zum Konzept wie ihre Stammtisch-Lyrik. Im obligatorischen Ska-Track ist sich Burger nicht zu schade "Du geile Sau!" ins Mikro zu plärren ("Joanna An Der Bar") und anderswo eine berühmte Redewendung zu pubertieren ("Andere Länder, andere Titten"). Darauf aufbauend trägt die Band das Stigma der Unliebsamen stolz vor sich her und nutzt es für Trotzlieder. Die anderen sagen, wir sollen nicht über Heimat singen? "Singen wir über sie, finden wir sie gut!" Schließlich komme Schlimmes "von Dingen, die schlecht sind / Nicht von Liedern über Dinge, die schön sind". Wie gut Rammsteins "Deutschland"-Provokation funktioniert hat, haben die Südtiroler offenbar auch verinnerlicht. Ihrem eigenen "Deutschland"-Stadionchor schieben sie gleich noch die Melodie der Nationalhymne hinterher.
Das alte Gutmenschen-Feindbild mutierte inzwischen zum "Bessermenschen" und linke Cancel Culture-Halunken seien im Grunde "wie Stalin und der Führer", so Frei.Wild in populistischem Jargon. Ach ja, und diese "Antifa-Wichser" hätten nichts Besseres zu tun als "Frei.Wild-Mädels durch die Stadt [zu] treiben". Immerhin schließen Burger und Co. beim Führer-Vergleich "blaue, braune Falschgoldhändler" mit ein und distanzieren sich auch an anderen Stellen von Rechtsextremen. Vor lauter Koketterie mit der Grauzone kann das allerdings schonmal untergehen. Bei allem Pochen auf eine möglichst unpolitische Stellung in der Mitte klammern sie aus, dass manchmal eine vereinfachte klare Zweiteilung in Richtig und Falsch durchaus angebracht wäre. Zum Beispiel, wenn es um die oben besungenen Diktatoren geht.
Künstlerisch ist das Jubiläumsalbum genauso langweilig geraten wie die Vorgänger. Daraus machen die Musiker selbst keinen Hehl: "Wir leben hier keine Kunstaktion", erklären die "vier Arbeitertypen mitten aus dem Leben" in "Nur Lieder Die Das Herz Berühren". Dass trotzdem nur wenige mit den Achseln zucken, honorieren sie mit einem lieben Gruß an die Aufmerksamkeitsspender: "Einmal müssen wir euch danke sagen / Danke für unser'n großen Namеn".
16 Kommentare mit 48 Antworten
sind das nicht italiener? bekomme das gerade nicht kontextualisiert...
Was jetzt genau?
@Nomanslap
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naja wieso schaffen italiener detsch.land? und was soll dieser "."? wieso klingt das so scheiße? was wollen die? fragen über fragen ... und was ist ein lexikon, sowas wie wikipädia
FW ist selbst uns Trittbrett-Lautis zu plump. Richtige Fascho-Luftpumpen.
Soundtrack zu AfD Weihnachtsfeiern und anschließenden Spaziergängen mit Fackeln. Da sehen selbst die Freien Sachsen gnädig darüber hinweg, dass das keine echten Teutschen sind.
Deutschsprachiger Sauf-Punk ist locker das uncoolste Genre der Welt aber selbst innerhalb des illustren Kreises dieser ganzen fürchterlichen Bands schaffen es Frei.Wild mit Bravour, als besonders whack herauszuragen.
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Heißt der eine von denen ernsthaft „Notdurfter“?
Nomen est Omen.