6. Februar 2013

"Niemand wird sich an uns erinnern"

Interview geführt von

Die Sache mit der Pünktlichkeit haben Joakim Sveningsson und Daniel Johansson bis heute noch nicht so ganz verstanden. Ließen mich die beiden Schweden von Friska Viljor vor drei Jahren noch gefühlte zwei Stunden warten, sitze ich heute nur 37 Minuten auf Abruf bereit, bis das Duo in einem Berliner Cafe eintrifft.37 Minuten sind 69 Prozent weniger als zwei Stunden, und daher kann man eigentlich von einer beachtlichen Verbesserung sprechen. Ich schiebe dieses positive Ergebnis darauf, dass Friska Viljor nicht nur älter (und somit verantwortungsbewusster?) geworden sind, sondern auch Väter. Sowohl Daniel also auch Joakim haben jetzt Kinder und weniger Zeit für die Musik.

Warum Musik machen manchmal nervt, Zeit im Aufnahmestudio trotzdem schöner sein kann als Zeit mit den Kindern und dass eine Männerfreundschaft mit einem Matschkrieg beginnt, erzählen sie im Interview mit laut.de.

Was habt ihr den letzten Monat über getrieben?

Joakim Sveningsson: Wir haben das Album aufgenommen.

Ich dachte, ihr habt bereits im März angefangen.

Daniel Johansson: Naja, eigentlich haben wir schon vor zwei Jahren damit angefangen.

Wieso hat es nicht 'Klick' gemacht?

Daniel: Genau das war los! Es hat nicht 'Klick' gemacht.

Was war jetzt anders?

Daniel: Wir hatten eine Tour bestätigt. Hahaha.

Musik spielt in eurem Leben also nicht die Hauptrolle?

Joakim: Das Leben dreht sich auf jeden Fall um mehr als Musik! Ginge es nur darum, wäre ich wohl einer der armseligsten Menschen der Welt. Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen, darauf kommt es an, denke ich. Ich liebe Musik und würde nicht gerne damit aufhören. Aber wenn ich müsste, würde ich trotzdem weiterleben.

Daniel: Es wäre kein so schönes Leben mehr, etwas würde fehlen.

Nervt euch das Musik machen machmal?

Daniel: Ja, na klar. Immer. Das ist wie zur Arbeit gehen.

Joakim: Schau dir uns an. Zwei Jahre, elf Songs. Nicht die beste Leistung.

Daniel: Wir haben wohl dieses Nie-etwas-zu-Ende-bringen-Syndrom, bevor es an die Aufnahmen geht. Wir brauchen eine Deadline. Haha.

Eine Erklärung oder Ausrede: Ihr wart privat sehr ausgelastet. Ihr seid beide Vater geworden. Glückwunsch.

Daniel: So können wir vertuschen, dass wir stinkfaul sind. Die Studioaufnahmen gestalteten sich durch die Vaterschaft aber nicht wirklich anders als davor, nur der Zeitplan verschob sich manchmal. Ich meine, ein Baby kann man schließlich nicht kontrollieren. "Hey, sorry, ich komme heute drei Stunden später." Muss man mit umgehen – beim nächsten Mal ist es anders herum.

Joakim: Da lernt man anzuziehen, schneller zu arbeiten.

Daniel: Drei Stunden im Studio sind toll – drei Stunden mit einem Baby können weniger schön sein.

Daniel, du willst nicht, dass dein Sohn Ole Musiker wird, richtig?

Daniel: Ach, das habe ich im Scherz gesagt. Ich hätte ja gerne, dass er Börsenmakler wird, um seine armen Eltern zu unterstützen. Aber das wird wohl nichts. Wir haben erst vor zwei Tagen darüber gesprochen. Er war traurig, weil ich weg musste. Ich habe ihm erklärt, dass er mitspielen darf, wenn er älter ist. Noch lernt er kein Instrument – aber er singt viel.

Was wolltet ihr als Kind werden?

Joakim: Ich wollte in den Kongo gehen und mit Tieren arbeiten.

Daniel: Der Mann meiner Tante hatte eine hohe Position als Ingenieur bei Volvo. Das wollte ich auch! Nicht wegen der Stelle an sich, sondern wegen des vielen Geldes. Da war ich etwa vier.

Und jetzt ist Geld euch nicht mehr wichtig?

Daniel: Das habe ich lange gedacht. Aber auch wir werden älter und mir wird klar, dass du dir mit Geld zwar keine Zufriedenheit kaufen kannst, es dir aber bis zu einem gewissen Punkt mehr Freiheiten und Zeit verschafft. Es wäre natürlich schön, das Doppelte zu verdienen. Dann könnten wir unsere Hauptjobs kündigen und uns nur auf Friska Viljor konzentrieren. Zumindest eine Zeit lang ... um zu sehen, wohin es führt.

Womit verdient ihr hauptsächlich eure Brötchen?

Daniel: Tontechniker.

Joakim: Ich werde Kunstlehrer.

"People are getting old."

Euer Album heißt "Remember Our Name". Wie sollen sich die Leute an euch erinnern?

Daniel: Niemand wird sich an uns erinnern – das ist ja das Deprimierende daran. Ich will einfach nur, dass sich irgendjemand an mich erinnert. Ist mir ganz egal, welche Erinnerungen die Person hat. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht passieren wird. Eine wirklich traurige Tatsache.

Welche Erinnerungen habt ihr aus eurer Kindheit?

Joakim: Ich erinnere mich an meine Lehrerin aus der vierten Klasse. Sie erzählte uns Kindern, dass das Einzige, dessen wir uns im Leben sicher sein könnten, der Tod sei. Ich war zehn oder elf Jahre alt. Das war einer der einschneidendsten Momente meines Lebens. Da fiel bei mir der Groschen.

Es gibt den Song "The F". Wofür steht das?

Daniel: Für ein Wort, das wir kennen und über das jeder andere sich den Kopf zerbrechen kann.

Joakim: Da hast du dir so ziemlich den einzigen Song rausgesucht, über den wir nicht reden werden.

Es gibt schöne Worte mit F. Zum Beispiel Freundschaft...

Daniel: Feelings, Fidel, Friska Viljor ...

Oder "Flageoletten". Darin heißt es: "Please, I'm trying to be young at heart." Seid ihr etwa alt geworden?

Joakim: Alt sind wir noch nicht, aber eben auch nicht mehr so jung. People are getting old.

Wärt ihr gerne noch mal jünger?

Daniel: Da gibt es viele Pros und Kontras. Haha.

Joakim: Es wäre toll, wenn man die Selbstsicherheit und Erfahrung, die man heute hat, dann schon hätte.

"Wir haben uns mit Matsch beworfen."

Was ist bei "Remember My Name" los? Joakim, bist du aus dem Stimmbruch raus?

Daniel: Ich singe! Es ist mein Song.

Joakim: Er singt auf der Platte sogar drei Stücke! Ich musste ihn fast dazu zwingen.

Aber du singst doch auf der Bühne – warum nicht gern für das Album?

Daniel: Das hatte mit 'wollen' nichts zu tun. Ich kam vorher nie dazu, komplette Songs zu schreiben. Joakim würde mich seine Songs wahrscheinlich nicht mal einsingen lassen – Lyrics sind schließlich etwas sehr Persönliches. Es wäre komisch, seine Texte zu singen und anders herum das Gleiche.

Was bedeutet wahre Männerfreundschaft?

Daniel: Es ist eine Art Fundament. Es gibt nicht diese extremen Ups und Downs wie in einer Partnerschaft.

Joakim: Wir versuchen, so ehrlich und treu wie möglich zueinander zu sein ...

Daniel: ... und wir können uns aufeinander verlassen.

Was ist das Komischste, das ihr je zusammen gemacht habt?

Daniel: Wir haben uns gegenseitig mit Matsch beworfen. Ein Matschkrieg. Das ist aus heutiger Sicht etwas komisch, aber wir waren ja erst acht.

Joakim: Ich kann mich nicht erinnern.

Vielleicht werdet ihr doch alt.

Joakim: Haha. Sieht so aus.

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