laut.de-Kritik
Deutschlands Eulenspiegel mit Poesie, Politik und Porno.
Review von Ulf KubankeGeht es darum, am Strand mit Dünen Freundschaft zu schließen, diese huckepack zum örtlichen Club zu tragen, um sie dort am Türsteher vorbei zu mogeln, weiß man: Der Hörer befindet sich mitten in einem Funny Van Dannen-Lied. Niemand wäre geeigneter für solch einen Job, als jener Mann, der sich auf "Saharasand" bereits vor Jahren als "Pflanzendisco"-Gänger outete. Dieser verschrobenste aller deutschen Singer/Songwriter klampft uns mit "Alles Gut Motherfucker" ein weiteres Meisterwerk vor die Füße.
Van Dannen weiß, erst an dem Punkt, wo der Spaß aufhört, beginnt der Humor. Entsprechend deutlich nimmt das Album unsere wutbürgerlich nach rechts ausschlagenden Zeiten recht deutlich aufs Korn. Klare Positionierung ergibt sich für den Humanisten meist aus scheinbar lapidaren Nebensätzen, lakonischen Pointen oder sarkastischem Unterton. "Rot ist die Farbe der Liebe und auch der Wut - also beides / Schwarz ist die Farbe der Trauer, ich weiß / Und ich würde auch gerne wissen: Eine Gesellschaft mit braunen Flecken, ist die faul oder einfach nur beschissen?"
Drumherum drapiert der Eulenspiegel das pralle Leben in allen Facetten. Phantasie und Zärtlichkeit kleidet er gern in surreale Bilder, deren herzwärmende Absurdität aus seinem Mund so normal wirkt, als passiere derlei ohne Unterlass an jedem Tag des Jahres. "Die Sterne rufen: 'Fickt euch, dann haben wir was zu lachen / Wir finden euch so komisch. Ihr macht so lustige Sachen / Wir stehen auf und gehen. Die Flasche ist sowieso leer / Ja, sowas kann passieren, wenn es Abend wird am Meer.'"
Dem Einfallsreichtum Van Dannens wachsen Flügel. Ob Ballade, angedeuteter Rock, Crooning oder schratiger Folkie - jede Nummer setzt den Charme ihrer Zeilen in einen passenden Rahmen. Dabei zaubert er selbst aus einfachsten Melodien, die stoisch auf der Ebene "Spannenlanger Hansel" rangieren, faszinierende Perlen. Als absolutes Highlight aus dieser Rubrik entpuppt sich das urkomische "Der Knochen". Gestartet als luftige Waidmanns-Ode entwickelt sich das Stück über tarantinoeskes Geballer zum pornografischen Knalleffekt, der Heteros und Homos gleichermaßen zum Lachen bringen wird.
Der ehemalige katholische Ministrant setzt sich regelmäßig mit dem Kernthema Religion auseinander. Einmal mehr illustriert er konfessionsübergreifend das Spannungsfeld zwischen Spiritualität und Fanatismus. "Nietzsche, Ensslin, Merkel - Genie, Gewalt, Verstand. Zu viele Pfarrerskinder sind nicht gut für unser Land / Wer einen Gott mehr als Menschen liebt, ist sündiger als jede Bank. Wer den Wert eines Menschen am glauben misst, ist, glaube ich, psychisch krank....und all die alten Männer, ob Juden, Moslems, Christen, tun so als ob sie mehr vom Leben als die Frauen wüssten."
Sogar zu diesem Thema steuert er neben Kritik einen liebenswürdigen Gegenentwurf bei. "Die Unterhaltung" bietet musikalisch eine berührende Melodie zwischen Küchenlied und Bänkelgesang. Die Storyline entwirft dazu das Bild einer ebenso humor- wie liebevollen Gottesfigur, die angeregt mit Engeln diskutiert. "Du hast über 100 mal 'Ziele' gesagt. Was ist das denn genau? Da geht das Smartphone von Gott. Er schaut drauf und sagt: 'Meine Frau!'"
2 Kommentare
Menschenverachtende Untergrundmusik!
So scheisse, daß es fast schon wieder gut ist. Fast.