laut.de-Kritik

Welch wunderbarer Wahnwitz.

Review von

Ungefähr ein Jahr nach "The Plot Against Common Sense", dem ersten Album in neuer Besetzung, kommt schon der nächste Schlag, der walisischen Noise-Grantler. Die beiden neuen Mitglieder scheinen der Band richtig gut zu tun: Auf "How To Stop Your Brain In An Accident" treiben Future Of The Left ihre Musik in alle erdenklichen Richtungen und basteln so ein äußerst vielseitiges Werk.

Da gibt es natürlich die Noise-Rumpel-Songs, wie "Bread, Cheese, Bow And Arrow" oder "Future Child Embarrassment Matrix", in denen der Bass verzerrt knurrt, die Gitarren dreckig kratzen und die Drums brutal durch die Gehörgänge knallen. Darüber keift Andy Falkous seine wirren Texte: "Under the milkfloat / gravity objects / positive breakthrough and now / where's my hovercraft?". Gute Track, aber noch nicht besonders überraschend für FOTL-Fans.

Das ändert sich im Laufe der Platte immer mehr. Der Noise tritt in den Hintergrund, die Liederwerden immer vielseitiger und -fältiger. "Singing Of The Bonesaws" groovt tierisch, während sich die Stimme aus dem Off über die Musik- und Filmindustrie lustig macht: "Anyway, after twenty minutes of panicked running around intercut with interviews with friends and other celebrities, the production team behind the show all simultaneously come to the same horrifying conclusion – they have wasted the precious gift of life..."

Bei dem sanft melodischen "French Lessons" kann man Modest Mouse zu "Good News For People Who Love Bad News"-Zeiten entdecken. Doch gleich in der nächsten Nummer rumpelt, kreischt und scheppert es wieder gewaltig. In "Donny Of The Decks" hört man das Erbe von Frank Zappa – wenn er denn auf Punk gestanden hätte.

"Something Happend" verbindet im Grunde zwei Songs: Einen düster psychedelischen Part mit Klaviernotes, Rumpelbass und abgehackten Lyrics und dann einen Pop-Folk-Teil, der von Bar-Piano und entspannter Akustik-Gitarre dominiert wird. Danach gibts hilfreiche Tipps, um den Weihnachtsstress zu vermeiden: "Liberate your children from presents / we could burn the gift wrap and that will keep them warm".

"Things To Say To Friendly Policemen" kombiniert tatsächlich Handclaps und E-Gitarre mit vier Kazoos. Und dann ist da noch der letzte Song "Why Aren't I Going To Hell", in dem sich Andy Falkous als neuer Tom Waits bewirbt, tief kratzt und eine Geschichte über Hölle und Teufel erzählt, während seine Band jazzig groovt.

Future Of The Left haben ihr kreativstes Album geschaffen. Auch wenn Noise, Krach und Lärm nicht mehr so omnipräsent sind, der Wahnwitz ist es an jeder Ecke. Und der verbindet die unterschiedlichen Stile, Einflüsse und Songs perfekt miteinander. Und das Artwork verdient ja wohl extra Applaus.

Trackliste

  1. 1. Bread, Cheese, Bow And Arrow
  2. 2. Johnny Borell Afterlife
  3. 3. Future Child Embarrassment Matrix
  4. 4. The Male Gaze
  5. 5. Singing Of The Bonesaws
  6. 6. I Don't know what you ketamine
  7. 7. Frech Lessons
  8. 8. How To Spot a Record Company
  9. 9. Donny Of The Decks
  10. 10. She Gets Passed Around At Parties
  11. 11. Something Happend
  12. 12. The Real Meaning Of Christmas
  13. 13. Things To Say To Friendly Policemen
  14. 14. Why Aren't I Going To Hell

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6 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 11 Jahren

    Und, wo isser jetzt, der krähende FOTL-Fan? Worte des Dankes wären angebracht.
    Die Rezi macht durchaus Lust auf mehr. Mclusky gingen mir immer sehr gut ab und waren live wie ne Arschbombe ins Klärbecken. "The Plot against Common Sense" hatte ich mir nicht geholt, weil die Produktion der wirklich unverschämteste Haufen Scheiße in 2012 war, den einem ne noise(!)-orientierte Band vorwerfen konnte. Ihr Zweitwerk "Travels with myself and another" hatte mich bis hierhin noch am ehesten überzeugt.

  • Vor 11 Jahren

    Danke, dass ihr es endlich geschafft habt, dieses Werk zu rezensieren!
    Eine kleine Korrektur zur Rezension hätte ich noch: laut der Bassistin Julia Ruzicka sind es tatsächlich 4 Kazoos, die in "Things To Say To Friendly Policemen" zum Einsatz kommen.

  • Vor 11 Jahren

    Falls sich jemand angeregt fühlen sollte, die CD oder LP zu erwerben:
    Wenn man über die Webseite der Band (http://futureoftheleft.net/) bestellt, ist es erstens recht günstig und zweitens landet euer Geld direkt bei der Band.

    (Nein, ich bin weder mir Mitgliedern der Band verwandt oder verschwägert, noch bekomme ich irgendeine Gegenleistung. Ich finde nur, dass eine Band, die eine Platte komplett in Eigenregie auf die Beine stellt, auch den wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen sollte.)

    • Vor 11 Jahren

      Klar, der Handel schöpft sonst immer den größten Teil ab. Nicht umsonst findet man in den Listen der Reichsten ganz vorne immer Leute, die Zeugs verkaufen, was sie nicht selber erarbeitet haben. Hehe.
      Aber Du könntest gerne verraten, wie Du Herrn Dittmann rum gekriegt hast, das Werk zu besprechen.

    • Vor 11 Jahren

      Ich habe keine Ahnung, wie es zu der Rezension kam. Zwar hatte ich wie vorgeschlagen eine Mail an die Band geschickt, in der ich darum gebeten hatte, laut.de ein Exemplar der CD zu schicken. Allerdings hatte ich darauf keine Antwort bekommen und vermutet, dass die Sache im Sande verlaufen ist.
      Um so mehr freut es mich, dass sich jetzt doch noch jemand die Mühe gemacht hat, sich die Platte anzuhören und sie auch noch gut bewertet hat.

    • Vor 11 Jahren

      Allein deinetwegen werde ich mir das einfach mal nicht anhören.

  • Vor 11 Jahren

    Hammer, endlich habt ihr sie mal rezensiert. Wirklich starkes Album, das es auch verdient hätte, auf die Liste der 50 besten des Jahres zu kommen!

  • Vor 11 Jahren

    Gutes Album, 4 Sterne absolut gerechtfertigt, aber trotz allem ist es bisher irgendwie mein letztliebstes FOTL-Album, was irgendwie an der schwankenden Produktionsqualität liegt. Auch sind die Highlights hier nicht ganz so geil wie bspw. auf The Plot (was immernoch mein absoluter FOTL-FAvorit ist) und die EP-Songs überflüssig, dafür hat das Album entgegen allen Vorgängern keine kompletten Totalausfälle. Favorit: Singing of the Bonesaws wegen seiner 80er-Jahre-Actionfilmriffs. Und dem mächtigen Bassgeschrammel.